(12.04.08 01:49)sora-no-iro schrieb:Meine Meinung:
Mir scheint das Ichro's Urteil wie Paradox aus. Damit können die beiden Seiten nicht mehr ihre Richtigkeit behaupten. Wenn man dagegen gut behaupten könnte, muss man es mit Ironie bestreiten.
Dieser Kritiker findet da einen buddhistischen Einfluss, doch denke ich nicht so.
Wie findest du denn?
Hallo sora-no-iro,
ich glaube schon, das "Die Eicheln und der Luchs" zutiefst die buddhistische Weltsicht
von Miyazawa Kenji wiedergeben. Miyazawa war, als er die Geschichte schrieb
schon seit Jahren der 日蓮-Sekte beigetreten, die die reine Lehre im Lotussutra,
妙法蓮華経 dargestellt sieht, die Nembutsu-Praxis (Rezitieren des 南無妙法蓮華経)
in den Vordergrund stellt und vor allem die intellektuell orientierte buddhistische Schulen - ähnlich dem Zen - ablehnt.
Zur Geschichte:
Ichirou folgt seinem Weg unbeirrt, welche verschiedene Richtung auch Kastanie,
Wasserfall, Pilze oder Eichhörnchen ihm nennen.
Eine Kern-Interpretation des Lotussutra ist: "Wenn Du etwas tust, dann tue es einfach".
Letztendlich geht es hier um den "ursprünglichen Zustand", in dem die
Dualität von Subjekt und Objekt aufgelöst ist.
(btw: Interessant, das er nach Osten geht - ein alter Mann wäre er vermutlich
nach Westen gegangen. Letztendlich aber ist die Richtung egal.)
In der Gerichtsverhandlung über die Eicheln fällt Ichirou spontan das einzige
"richtige" Urteil, denn alle Vorstellungen und Ideale der Eicheln - Größe, Ebenmäßigkeit,
Kraft etc. - sind nur Anhaftungen, Staub der den Geist vernebelt.
Ichirou schlägt vor "den Allerunbedeutensten, den Dümmsten, der es zu nichts
gebracht hat" zum Besten zu erklären und der Luchs folgt ihm.
Scheinbar paradox, aber nur scheinbar: Dieser "Dümmste" nämlich macht
sich die wenigsten Gedanken und ist deshalb seinem Ziel am nächsten.
Nach 日蓮 war die Frage "Wie befreit man sich vom Denken, das verhindert, das
der Geist leer wird?", da er, ähnlich den Zen-Schulen, lehrte, das erst das Denken
selbst die Grundursache alles Leidens schafft.
Nach dem Urteil verstummen die Eicheln, deren Bewußtsein durch die sechs Stäube,
六塵, so stark getrübt ist, das sie ihren ursprünglichen Geist nicht erkennen können.
Dahinter steckt der Gedanke, das der Geist, frei von Staub, alles wie ein Spiegel
reflektieren würde, womit die Dualität von Innen und Außen aufgehoben wäre...
Wenn man die Interpretation auf die Spitze treiben wollte, wäre mit dem
Schweigen und Zusammenrücken der Eicheln möglicherweise der erste Schritt zur
Erkenntnis eingeleitet. ..aber vielleicht geht das zu weit.
zum Schluß:
Ichirous Belohnung - die goldenen Eicheln - verwandeln sich wieder in einfache,
braune Eicheln zurück - und vom Luchs kommen auch keine Karten mehr.
Ob goldene oder braune Eicheln, zuletzt sind sie nur bedeutungslose Erscheinungen.
Karten vom Luchs kommen wohl keine mehr, weil Ichirou jetzt an sie denkt
und sie damit erwartet (Auf dem Bodhisattva-Weg, um auf Fischers Vorbemerkung
einzugehen, hat er damit noch ein Stückchen vor sich.).
(btw: sind Bodhisattvas keine "Anwärter auf die Buddhaschaft" - aber das
ist wieder ein anderes Thema und der Beitrag hier nun eh schon ziemlich lang geworden...)
.. .. soweit also mein Gedanken und Versuche der Interpretation.
edit: RS, + wieder gekürzt