RE: Lehnwörter in der japanischen Sprache
Eine lustige und sehr treffende Kolummne aus der ZEIT zu dem Thema:
Zitat:Lebenszeichen
Niedergang
© DIE ZEIT 12.02.2004 Nr.8
Harald Martenstein geißelt Sprachkritiker
Ich bin eine Krähe und würde jetzt, wenn es recht ist, gerne mal schnell einer anderen Krähe ein Auge aushacken.
Kolumnen, die ich mag wie das Schwarze unterm Fingernagel, sind Sprachkolumnen. In Sprachkolumnen werden sprachliche Fehler oder dumme Redensarten oder Anglizismen gegeißelt. Sprachkolumnen werden fast ausnahmslos von verbiesterten Besserwissern fortgeschrittenen Lebensalters verfasst. Es sind Menschen, die, wie wir alle, mit ihrem biologischen Niedergang hadern, die es aber, anders als andere, der Jugend heimzahlen möchten und denen Haare aus der Nase wachsen. In 50 Jahren werde auch ich eine Sprachkolumne schreiben, und wenn ich dann einen Raum betrete, werden die Menschen sich räuspern und, dringende Termine vorschützend, sich rasch entfernen, ich aber werde davon nichts mitbekommen, denn ich bin innerlich längst so cremig, dass es nur noch für Sprachkolumnen reicht.
Ich achte und ehre das Alter. Als Gegenleistung verlange ich, dass es keine Sprachkolumnen verfasst.
In den Sprachkolumnen heißt es, dass man die Regeln beachten soll und das Deutsche heilig halten. Das ist Bullshit. In den Sprachkolumnen sagen sie, die Sprache soll so bleiben, wie sie im Moment zufällig ist. Das nenne ich: ahistorischen Käse, sozialfeindliches Geseiere und sentimentales Geblubber.
Die Sprachkolumnenverfasser sind Möchtegernjuristen, die das Gesetzbuch auswendig gelernt haben und denken, deswegen könnten sie Richter sein, dabei fehlt ihnen zum Richter zum Beispiel der gesunde Menschenverstand. Sie haben kein Feeling, kein Timing, keine Délicatesse, und mit Genius Loci ist es bei ihnen auch nicht weit her. Sie denken, Sprache sei wie Straßenverkehrsordnung, dabei ist sie wie Musik. Ob ein Ton richtig oder falsch ist, hängt vom Lied und vom Sänger und davon ab, ob es Volksmusik ist, Jazz oder Heavy Metal, aber das ist ihnen zu hoch. Sie lieben die Sprache nicht, sie wollen sie bloß beherrschen. Wenn man sagt »Auch Goethe hat Fehler gemacht«, dann erwidern sie »Sie sind aber nicht Goethe« oder »Goethe darf das« oder sonst etwas Geistloses, wenn man dann aber sagt »Und Sie sind nicht mal Karl Kraus«, verstehen sie wieder nur Bahnhof. Weil, Esprit und Sprachkolumne, das passt nicht zusammen.
Das Wort »Innovation« überzieht unser Land wie eine schleimige Hautkrankheit. Jede neu eröffnete Bushaltestelle soll neuerdings eine Innovation sein, statt dass man nach Art der Ahnen sagt: »Es ist eine neue Bushaltestelle.« In jedem Zeitungsartikel steht so lange »Innovation«, bis im Hirn des Lesers ein Ermüdungsbruch eintritt. Ich selber habe seit Monaten offene Innovationsbeulen an den Beinen, und übel riechendes Innovationsgel tropft mir aus den Ohren. Dieses Faktum könnte man anprangern, wieder und wieder, für und für, aber dazu müsste man ja eine Sprachkolumne schreiben, dies aber wäre eine geistig so dumpfe, körperlich so abstoßende und moralisch so fragwürdige Reaktion, dass ich lieber Zinksalbe auf meine Innovationsbeulen tue und den Mund halte.
http://www.zeit.de/2004/08/Titel_2fMarte...achkolumne
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