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Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
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gokiburi


Beiträge: 1.415
Beitrag #11
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
Puh, da muß ich mir erstmal eine passende Antwort drauf einfallen lassen, werd ich wohl um diese Stunde nicht mehr schaffen. Aber ich mach mir mal meine Gedanken!
Bis dahin: wie darf man dich denn anreden? Wollen dich ja nicht mit anderen Anonymen verwechseln? Oder doch registrieren? zwinker

gokiburi, der wirklich keine Prämie für Mitgliederwerbung bekommt...

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08.07.04 22:01
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Ex-Mitglied (AU)
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Beitrag #12
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
Botchan hat da einige Dinge sehr gut formuliert; dem kann ich mich nur anschließen!!

@Au: Ich finde es nett, dass Du hier neue Impulse geben möchtest, allerdings bringt das wenig, wenn Du nicht in der Lage bist, Dich dann auch aktiv an der Diskussion zu beteiligen. Deine Ansätze finde ich insofern interessant, als dass es in der Tat hier notwendig ist, geschichtlich wesentlich mehr in die Tiefe zu gehen, anstatt nur an der Oberfläche zu kratzen. Wenn man da fit & sachlich ist, dann könnte das hier zweifelsohne ein hochinteressanter, ellenlanger Thread werden. Allerdings sehe ich auch (auch ohne Anarchy, der gerade nicht hier ist, um zu Deinen Vorwürfen Stellung zu nehmen) hier wieder die Gefahr, des Hochkochens von Emotionen, da Du hier Deinen Einstand mit den Worten "Mir, als Freund Koreas" gibst, hmm ... Auskennen sollte man sich wohl mit den Gegebenheiten aller beteiligten Länder, um hier ein aussagekräftiges Statement abgeben zu können. Im Übrigen meine ich mich erinnern zu können, dass hier sehr wohl auch schon über Nanking gesprochen wurde … also ganz so ignorant lief es dann nun doch nicht, aber Du hast schon Recht; über einen gewissen Kreis sind wir hier nicht hinausgekommen, was zeigt, wie schwierig das Thema ist.

Anyway, Deine im letzten Absatz postierte Fragestellung finde ich im Ansatz durchaus interessant, allerdings wird auch hier die Diskussion kaum auf "oberflächlichem Niveau" stattfinden können. So wären jedenfalls meine Befürchtungen ...

Eine direkte Frage hätte ich jedoch noch und es wäre nett, wenn Du sie mir bei Gelegenheit beantworten könntest:

Zitat: Glaubt ihr, dass sich so etwas noch ändern kann oder wird Japan das ewig unter dem Deckmantel von Hiroshima und Nagasaki verdecken?

Was beabsichtigst Du damit zu sagen?
08.07.04 23:16
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Anonymer User
Gast

 
Beitrag #13
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
Nun diese Aussage bezieht sich darauf, dass viele Japaner sich alleinig als Opfer des Krieges darstellen.
Dieser Punkt ist sehr heikel und ich hoffe ich werde nicht falsch verstanden. Ich werde meine Aussage daher in zwei Teile gliedern *g*

1) Japan hat großes Leid durch die Atombombe erfahren, denn diese Bombe hat nicht die Regierung geschwächt, sondern das Volk getroffen. Unschuldige (Kinder, Frauen etc.)...Wenn ich mir die Aussagen eines General MacArthurs zum Einsatz der Atombomben anschaue, dann dreht es sich, obwohl ich generell sehr positiv den USA gegenüber stehe und MacArthur mit Mut Korea befreit hat, in meinem Magen doch gewaltig um. Die japanische Zivilbevölkerung ist Opfer des Krieges.

2) Oft werden durch die Betonung der Opferrolle die Taten überdeckt, wie ich bereits sagte. Japaner identifizieren sich, so mein Eindruck als gesamtes Volk und beziehen als Kollektiv also auch Kriegsverbrecher und die Verantwortlichen von damals ein, was man an der Glorifizierung des Krieges und der Kolonialpolitik heute noch sehen kann, die freilich nur von extremen Rechten vertreten wird, im Volk aber noch immer latent vorhanden ist. Z.B. forderte der Tokioter Bürgermeister in einer öffentlichen Rede vor dem Stadtparlament (entschudligt, dass ich die japanische Bezeichnung nicht kenne), dass man Korea einfach noch einmal annektieren sollte...Er ist bis heute im Amt, kommt meines Wissens von der LDP (woher auch sonst hoho)...Wie auch immer, ich schweife ab...Es geht darum, dass der japanische "Mainstream" der Gesellschaft das Land und sich selbst, d.h. ALLE als Opfer sieht und die Schuld übertüncht. So ist mein Eindruck und der, den Japaner in ganz Ostasien erwecken. Korrigiert mich, wenn ihr es für nötig haltet, denn wenn es in Japan NICHT so ist, dann haben wir ein ganz anderes Problem, nämlich das, wie Japan wahrgenommen wird und sich dem Ausland gegenüber gebärdet (Yasukuni, Schulbuch, Dokdo, Love Hostel Scandal)..

Z.B. sind kriegsverherrlichende Comics Bestseller, wenn aber ein Autor etwas über die Verbrechen schreiben will, bekommt er Morddrohungen.. .( siehe http://www.chinapur.de)

Soweit zur "Anklageseite".. Ich möchte noch einmal sagen, dass ich lernfähig bin und bereit meine Meinung zu überdenken, sie vor allem zu relativieren, denn ich weiß auch, dass die koreanische Seite vieles übertreibt und in ein anderes Licht stellt.
Natürlich stehe ich Japan nicht unbedingt positiv gegenüber, auch der heutigen Gesellschaft, aber ich finde gerade das interessant, denn ich denke nicht, dass ihr den koreanischen Standpunkt versteht. Daher fände ich eine Ergänzung der Meinungen zur Abrundung eines Gesamtbildes sehr reizvoll und hätte doch Lust zu diskutieren, auch wenn ich nicht mit grandios recherchierten Quellen aufwarten kann, ebenso wenig wie ich mit Beleidigungen oder Hasstiraden hantieren möchte, denn ich möchte ehrlich versuchen die japanische Gesellschaft zu verstehen, anstatt sie pauschal zu verurteilen, so wie es große Teile der koreanischen und chinesischen Gesellschaft tun.

In diesem Sinne zwinker

Nennt mich einfach Kimchi hoho (nein, nicht kimUchi..hoho)
09.07.04 01:29
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Ex-Mitglied (AU)
Gast

 
Beitrag #14
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
Vielen Dank für Deine Antwort grins

Was den Atombomben-Abwurf abgeht, so denke ich nämlich, dass man hier in einem gesonderten Thread drüber schreiben sollte. Allein der "gute" Mac Arthur & Operation Olymp wären hier schon als alleiniges Topic mehr als ausreichend.
Wie gesagt schließe ich mich hier den anderen Meinungen ebenfalls an, dass in Japan in der Verarbeitung/Bewältigung vieler Dinge Lücken herrschen, bzw. Japaner mit solchen Dingen einfach anders rumgehen. Es ist glaube ich müßig sich drüber zu unterhalten, ob das nun gut ist oder nicht, denn ändern können wir es hier auch nicht und ein gewisses Grundverhalten wird sich von japanischer Seite hier wohl nicht ändern lassen. Andere Länder, andere Sitten ;-) Ich persönlich z. B. habe auch erhebliche Probleme mit der chinesischen Denkweise bzw. Handlungsweise (nicht das ich wüßte wie die denken, aber ich weiß, was mir gegen den Strich geht). Und was den Konflikt der drei Länder Japan/China/Korea angeht ... er ist so alt (älter hoho ) wie Methusalem. Ich glaube man wäre ein Narr zu träumen, dass sich da je etwas ändern wird. Jeder hat da seine Leichen im Keller ... Aber ich muß Dir absolut Recht geben, dass es Korea (welches oft als eine Art Spielball dazwischensteht) da wohl am Härtesten getroffen hat.

Ich finde es sehr gut, dass Du hier mit von der Partie bist und uns alle in koreanischen Themen ein wenig "Erleuchtung" geben kannst, denn ich muß zugeben, dass ich da noch sehr in den Kinderschuhen stecke. Log Dich doch mal ein, was hälst Du davon?

Gerne würde ich allerdings nochmal an Dein Statement anknüpfen, was die "Darstellung der Japaner als alleiniges Opfer" in Deinen Augen angeht. Ich meine, sind Deine Erfahrungen wirklich so, dass viele Japaner bei Gesprächsanbahnungen über Schuld im 2. WK sofort die Hiroshima/Nagasaki-Karte zücken? Diese Aussage überrascht mich wirklich sehr; in diese Richtung habe ich zu keiner Zeit irgendeine Reaktion erlebt. Hier würden mich auch mal die Erfahrungen der anderen interessieren.
09.07.04 14:12
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Botchan


Beiträge: 642
Beitrag #15
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
Ich habe das in der persönlichen Unterhaltung mit Japanern auch noch nicht so mitbekommen, aber ich denke schon, daß die Atombombenabwürfe - neben allem akuten Leid, das sie mit sich brachten - auch ein gutes Stück mit dazu beitrugen / beitragen (?), daß die Auseinandersetzung mit Japans Rolle im Zweiten Weltkrieg so - aus unserer Sicht - unvollkommen erfolgte und erfolgt.
Seitdem die Bomben gefallen waren, war es stets möglich, mit einem anklagenden "Du aber auch!" auf die Amerikaner zu zeigen. Die Bomben ermöglichten es den Japanern viel stärker, als es ohne sie der Fall gewesen wäre, sich eher als Opfer zu fühlen - und über den auf dieser Opferrolle aufgebauten "Pazifismus" die Frage nach japanischer Aggression in den Schatten treten zu lassen. WAS ich allerdings in der Tat schon öfter gehört habe, ist ein "Die Atombombenabwürfe haben bewiesen, daß Krieg so grausam ist, daß er für immer abgeschafft werden muß." (Das ist natürlich eine schöne Idee, aber ich hatte schon auch den Eindruck, daß man mit diesem vorwärtsweisenden "Laßt uns für eine friedliche Zukunft eintreten" von den rückwärtsweisenden unangenehmen Fragen nach der kriegerischen Vergangenheit ablenkt. Nicht speziell von der japanischen, sondern allgemein. Aber das Resultat einer solchen Denkweise ist eben trotzdem, daß man NICHT weiter über den Krieg - und somit auch nicht über Japans Rolle in demselben - nachdenkt.)
Die Bomben waren schrecklich - keine Frage - und sie waren es für alle Beteiligten, aber sie haben aus meiner Sicht (ähnlich wie das Tôkyô-Tribunal über die Kriegsverbrecher) eben auch dazu beigetragen, daß man über die Frage "Täter oder Opfer" nun wirklich kontrovers diskutieren kann. Ohne die Bomben wäre das wohl klarer gewesen.

Im Übrigen sei hier - weil ich nicht weiß, inwieweit das bekannt ist - noch angemerkt, daß die eifrige Stilisierung der bombardierten Städte als reine "Opfer" auch an der Realität vorbeigeht. (AU hat recht: Allein zu den Bomben könnte man mühelos einen Thread füllen.) Wenn es um die Betonung der Opferrolle geht, wird meist Hiroshima weit vor Nagasaki genannt. In Nagasaki befanden sich große Rüstungsbetriebe. Deswegen ist es schwerer zu vermitteln, daß es da nur Unschuldige getroffen haben soll. Aber auch Hiroshima war kein Unschuldslamm! Hiroshima war bereits während der Meiji- und der Taishô-Zeit zum Hauptquartier ausgebaut worden und war DER Militärhafen für die Verschiffung der Soldaten zu den Kriegsschauplätzen auf dem Kontinent. Zur Zeit des Bombenabwurfs war es Stützpunkt des Zweiten Hauptquartiers der Kaiserlichen Armee (das Erste war in Tôkyô). In der Stadt wimmelte es von Soldaten. Desweiteren kamen beim Bombenabwurf auch etwa 20.000 Koreaner ums Leben, die in der Stadt als Zwangsarbeiter arbeiteten. Für sie gibt es im Friedenspark keine Gedenktafel. Denn wenn man ihrer dort gedächte, dann würde man sich auch fragen, warum sie da eigentlich gewesen seien. Und dann wäre die Antwort, daß sie von den Japanern aus ihrer Heimat geholt und gezwungen worden sind, in den Fabriken Hiroshimas zu arbeiten. Und wenn man sich unter diesem Aspekt fragt, wer wohl in letzter Instanz für den Tod DIESER Menschen verantwortlich war, dann wäre es natürlich schwieriger, Japaner nur als unschuldige "Opfer" zu sehen.

PS: Ja, ich denke auch, daß ein Korea-Kenner uns sehr nützliche Informationen liefern und uns helfen könnte, die Sache aus noch mehr Perspektiven zu beleuchten. Melde Dich doch an!
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.07.04 15:44 von Botchan.)
09.07.04 15:19
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Kimchi


Beiträge: 7
Beitrag #16
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
So, habe mich dann mal angemeldet. Schaden kann es ja nichts, wenn man dann auch noch besser zu erkennen ist ^^

Was ich jetzt besonders interessant fande, war der Punkt, dass die chinesische Seite damit sehr speziell umginge...Könntest Du das erläutern ? Mich würde das interessieren, denn bisher dachte ich die Chinesen würden damit ähnlich umgehen wie die Koreaner. Selbst wenn sie es wirklich tun, also Du auch die koreanische Seite damit kritisierst, würde ich mich sehr über eine Begründung freuen, vielleicht auch um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen?!

Also was mir in Gesprächen mit Deutschen, Koreanern und Japanern über das Thema aufgefallen ist:

Deutsche: Wissen meist gar nichts über einen "Pazifikkrieg", geschweige denn, dass ihnen Sachen wie Nanking oder Annexion Koreas etwas sagen würden. Selbst viele Deutsche, die von sich behaupten "Die Kultur und Geschichte Japans toll zu finden", haben keine Ahnung (genauso wenig wie ich Ahnung von der japanischen Geschichte vor der Meiji-Ära habe) und kommen nur mit Standardbegriffen wie Pearl Harbor und Hiroshima (Nagasaki wird meist sogar noch vergessen ^^)....mehr dazu weiter unten...

Koreaner: Hier gibt es mehrere große Gruppen: In Deutschland lebende Koreaner sind Japan meist sehr offen gegenüber und wollen von der Vergangenheit selbst nichts wissen, was aber auch mit dem schleichenden Identitätsverlust als Koreaner zu tun hat...
In Korea lebende Koreaner haben zum Teil sehr weitreichendes Wissen über die Zeit und haben einen dadurch "legitimierten" Hass auf Japan (wobei es für HASS auf das HEUTIGE Japan wirklich keinen Grund gibt, höchstens Abneigung oder Reserviertheit, wie ich denke).
Viele sind aber auch einfach nur aus "Tradition" japankritisch oder japanfeindlich ohne wirklich nachzudenken (hierbei verhält es sich ähnlich wie mit dem Antiamerikanismus in Korea), weil es einfach immer noch zwar nicht "in" ist, aber irgendwie schon zum guten eingebürgerten Ton gehört gegen Japan zu wettern....

Japaner: Mit Japanern habe ich höchst gleiche Erfahrungen, was mich ein wenig befremdet. Allerdings muss ich sagen, dass ich nur "Oberklasse-Japaner" kenne, also Botschaftsangehörige, Familien von Wirtschaftsunternehmen hier....Mit ALL diesen Leuten konnte man nicht über die Vergangenheit reden und sie verwiesen zunächst (wie einstudiert...DAS machte mir richtig Angst) auf die deutsche Täterrolle und dann kam der Verweis, dass man schließlich gemeinsam gekämpft habe und man daher befreundet sein müsse. Und dann, dass Japan heute eine Verteidigungsarmee habe und pazifistisch sei wie kein anderes Land auf der Welt...Aber auch nach mehrmaligem Nachhaken kommt dann höchstens, dass es ein Krieg gewesen sei, der nun einma Opfer gefordert habe... Wie gesagt: Dieses Muster habe ich vollkommen unabhängig von mehreren Japanern gehört, was mich sehr stutzig machte.

Die Atombombe kam nur manchmal vor, um zu zeigen, dass Japan Opfer des Krieges war, gehört aber nicht zu der "typischen Verteidigung", die ich erleben konnte.
Was ebenfalls sehr interessant ist: Was ich im Gespräch mit anderen Schülern/Studenten (also Deutschen) erfahren konnte: Man erinnert sich eigentlich nur an Pearl Harbor und die Atombomben...Alles davor und dazwischen wird in der Schule nicht behandelt und daher hat Japan in Deutschland das Image eines Landes, das zwar vielleicht den Krieg ausgelöst hat, aber halt nur einen normalen Krieg geführt hat und schließlich bitter dafür bezahlen musste (=Opfer, wegen unmenschlicher Kriegsführung der USA)...So entsteht schnell ein Zerrbild, was vor allem Japaner in Deutschland (die wenigen, die ich kenne aber dafür uni sono) dankbar übernehmen.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.07.04 16:32 von Kimchi.)
09.07.04 16:28
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gokiburi


Beiträge: 1.415
Beitrag #17
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
Jaaa, nun ist hier schon so viel geschrieben worden, daß ich erstmal meine Gedanken neu ordnen muß, um einen Einstieg zu finden. Am besten begrüße ich erstmal Kimchi als registriertes Mitglied!
Ich will zunächst mal auf die Problematik der Atombombenabwürfe in der "Geschichtsbewältigung" eingehen. Tatsächlich erscheint es auch mir so, als würden die zahlreichen Opfer -bewußt oder unbewußt, das sei dahingestellt- oft dafür "mißbraucht", die eigene Position als die des "Geknechteten" zu glorifizieren und von der eigenen Schuld und Verantwortung abzulenken.
Möglicherweise ist es eine Strategie, so alt wie Konflikte selbst, sich selbst in der Opferrolle darzustellen und damit umstrittenes eigenes Verhalten zu rechtfertigen. Mir fällt dazu die Sendung "Hardtalk" mit Tim Sebastian auf BBC ein, der vor einigen Wochen/Monaten den israelischen Vize-Justizminister (?) XYZ (sorry, mein schlechtes Namensgedächtnis...) mit gewohnt unangenehmen Fragen zur israelischen Politik löcherte. Spürbar in die Enge getrieben, führte der Politiker als "Rechtfertigung" die Opfer des Holocaust an, in meinen Augen eine Ohrfeige ins Gesicht der ECHTEN Opfer. Ein weiteres Beispiel wäre der "Krieg gegen den Terrorismus" des relativ unbedeutenden Präsidenten eines relativ bedeutenden westlichen Landes nach dem 11. September 2001...

Doch um zurück auf Japan zu kommen, schließe ich mich der Meinung an, daß auf diese Weise eine Aufarbeitung der eigenen Geschichte umgangen werden konnte oder -weniger provokativ ausgedrückt- verdrängt wurde. Inwieweit das "klug" war (damit möchte ich einen weiteren, möglicherweise unbequemen Gedanken ins Spiel bringen), wird sich zeigen, wenn man die Beziehungen Japans zu China und Korea betrachtet: Sind nicht mit dem -wenn auch späten- weltweiten "Bekanntwerden" der japanischen Kriegsverbrechen beide Länder nun in einer "Opferposition", die sie geschickt für eigene Ziele ausnutzen könnten? Im Falle Koreas kann ich keine Aussage machen, doch ich denke, China wäre clever genug, das zögerliche Eingestehen der Kriegsverantwortung Japans gegen dieses zu verwenden. Auch vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, wenn Japan mit einer umfassenden Aufarbeitung seiner Geschichte mitsamt einer Enstchuldigung einen "Schlußstrich" ziehen könnte und damit gleichzeitig einen "Anfangspunkt" setzte, von dem aus alle Beteiligten die Möglichkeit hätten, ihre Beziehungen zueinander zu entkrampfen.

gokiburi, der allerdings nicht an eine solche Entscheidung Japans in absehbarer Zeit glaubt...

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09.07.04 18:23
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Anonymer User
Gast

 
Beitrag #18
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
guten..

bin neu hier, daher erst ein mal ein Hallo.

Ihr habt hier aber ein wirklich heikles Thema angefasst - schön.
Im Moment scheint sich die Frage vorranging um die Darstellung der Ereignisse und um die Aufarbeitung der selbigen zu drehen. Ein ebenfalls sehr weites Feld.
Allerdings wird hier nicht ganz am Anfang angefangen sozusagen.
Ich möchte zu erst überhaupt auf das "Ausgangsmaterial" eingehen.
Ohne gleich die ganzen Clichees aufgreifen zu wollen, muss man doch sagen, dass zwischen Japan/Japaner und Deutschland/Deutschen einige gravierende Unterschiede bestehen. Wie im Mentalitätsbereich, so auch Geographischen und Geschichtlichem Umfeld.

1. Mentalität: Wie gesagt, ich möchte nicht behaupten, Japaner sei völlig anders. Aber die Unterschiede in der Kultur sind nicht wegzuwischen. Sie sind sicherlich nicht mehr so groß wie vor 50 Jahren, aber sie sind da! Wenn man bedenkt, wie teilweise unterschiedlich Deutsche und beispielweise Italiener sind, was soll man das über Japaner sagen? Natürlich gehts auch den Japanern nicht nur darum ihr Gesicht zu wahren. Aber ein Verschulden einzugestehen, und dann auch noch wem (?!) Den Chinesen und Koreanern? Nee..... Japan hat doch andere Ansprüche, denk mal an die 80er! Da wollt man sich schon von den Amerikanern lossagen, das homogene Japan ist doch viel zu überlegen.... Es ist nicht meine Meinung, es sind tatsächliche Stimmungen die bis nahe zu dem Bubble Gum Crisis herrschten. Der bereits erwähnte Bürgemeister Tokios ist da nur einer der Protagonisten...
Natürlich muss man auch zwischen den Politiker und "Eliten" und dem Tanaka Normalverbraucher unterscheiden. Jedoch prägen hier bei uns und in der Aussenpolitik allerdings die ersten das Bild Japans ausserhalb seiner Grenzen.
Aber ich schneine abzuschweifen. Nun, worauf ich hinaus möchte, warum sollte ein Japaner sich und vorallem eben seine Familie (Japan) belasten und damit die Schuld gegenüber den (ungeliebten) Nachbarn gegenüber unnötig betonen? Und was sollte es Nötig machen? Das Gewissen? Aber ist hier das Gewissen oder das Ehrgefühl stärker? Das ist vielleicht eben die Frage der Mentalität?

2. Geographie. Ihr alle wisst sicherlich, was für eine Geographische Lage Japan hat. Es ist ein Inselvolk, dazu eines, dass (zumindest so wie es sich selbst sieht) ethnisch keine Verwandte hat. Zusätzlich war es, geschichtlich bedingt, lange Zeit von der Aussenwelt nahezu vollständig abgeschottet. Deutschland dagegen (und mit Deutschland wird hier ja oft der Vergleich gezogen) hat im gegensatz dazu viele, viele direkte Nachbarn, mit denen es nicht bloß gemeinsame Grenzen hat, sondern auch nicht drum rum kommt über diese hinweg agieren und kooperieren zu müssen. Ein Meer / Ozean ist viel mehr als eine einfach Grenze, und so eine Trennung hat Deutschland weder zu Holland noch zu Polen. Also entweder bekriegt man sich oder man arrangiert sich. Man kann also nix einfach unter den Teppich kehren. Hinzu kam der Druck von den Amerikanern. Im kalten krieg musste BRD mit Frankreich und UK und all den anderen zusammenarbeiten um überhaupt zu überleben. Nicht vergessen, der letzte Grenzug vor dem roten Niemandsland. Natürlich war auch Japan Amerikas äußerste Bastion in Asien, und natürlich war auch Japan zwangsläufig mit Süd Korea verbündtet. Das war nämlich auch der Grund warum dort die Beziehungen (wiederwillig) 1956 wieder aufgenommen wurden. Aber Japan konnte es sich leisten keine weiteren großen Beziehungen mit Korea zu unterhalten, ausser der wirtschaftlichen, und bekanntlich stinkt Geld (meist) nicht.
Was China (und auch Nord Korea) betrifft, so kam hier ein ernsthafter Dialog erst nach 1989 in Frage und 15 Jahre Zeit für Aufarbeitung sind keine 60 wie im Falle Deutschland (wo auch heute noch diskutiert wird, vergesst nicht die "Holocaust Lüge" usw.).

Der Geschichtliche Unterschied it trotz der Parallelen auch Enorm. Ob der gleiche Hellenistische Hintergund in Europa mit dem gleichen Konfuzianischen in Asien zu vergleichen ist...eine schwere Frage. Jedenfalls scheint er Europa mehr zu einigen als Asien und somit einen Sprung über den eigenen Schatten zu erschweren...

Diese drei Punkte, die sich sicherlich auch gegenseitig bedingen, sind für mich von einer enormen Bedeutung wenn man an die Frage (vor allem aus der Sicht der Deutschen) nach den Gründen der Nicht-Aufarbeitung rangeht.
Es soll KEINE Entschuldigung für die Situation sein, das möchte ich ausdrücklich betonen, lediglich ein Versuch nach dem Warum sein.

Zwei nicht ganz dazugehörige Punkte möchte ich noch nachtragen. Auch in Europa ist die Aufarbeitung bei weitem nicht wie in Deutschland verlaufen. Zum Beispiel im neu EU Mitgliet Lettland marschieden heute die Veteranenverbände der SS auf Paraden auf und werden Denkmäller aufgestellt, dort wo die Judensäuberung am schnellsten und mit am meisten Zutun der heimischen Bevölkerung geschah.... dagegen scheint Japan doch sehr aufklärerisch zu sein?

Zu der Sicht der Geschichte: Ich wuchs in der ehemaligen UdSSR auf, und ich muss sagen, dass dort die Amerikaner im "großen Vaterländischen Krieg" eher nur am Rande auftraten, sie halfen zwar, aber gewonnen wurde er von Russen! (Über den Pacifik Krieg wurd auch kaum unterrichtet). Und wenn ich mir die Geschichtbücher und vor allem die Medienberichte hier angucke, ist es zwar nich direkt entgegengesetzt, aber über den krieg an der Ostfront (übrigens auch im ersten Weltkrieg) wird sehr wenig bis kaum berichtet, dagegen ist der D-Day (da standen die Amerikaner übrigens bereits in Italien!) das Ereigniss schlechthin. So viel zu der Geschichtsdarstellung.

Ich hoffe nicht missverstanden worden zu sein. Bin gespannt auf die Reaktionen.

P.S Bitte um Entschuldigung für die Rechtschreibfehler.
09.07.04 20:13
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gokiburi


Beiträge: 1.415
Beitrag #19
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
Schon wieder so ein Anonymer User, von dem man nicht weiß, wie man ihn ansprechen soll! kratz
Ich weiß nicht, welche Reaktionen du dir erhofft hast, aber wenn du auf Kontroversen aus bist, muß zumindest ICH dich enttäuschen: ich stimme dir in deiner Argumentation weitgehend zu. Wie du schon sagtest, es reicht nicht als Entschuldigung für den doch eher mangelhaften Umgang mit der eigenen Vergangenheit, aber als Ansatz zum Versteh der Situation taugt es sicherlich sehr gut!
Auch die Situation in Lettland war mir neu, hätt ich nicht gedacht, schau an...

Allerdings ist Japan ja doch nicht so sehr "homogen", was die von dir geschilderte Einstellung angeht, ich kenne mehr als nur eine Handvoll Japaner, deren Sicht der Dinge mich in meiner "Hoffnung" doch bestätigt...

gokiburi, für den Japan letzten Endes auch nur ein Land wie jedes andere ist: 'ne Menge Macken, aber auch viele, viele Vorzüge!

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09.07.04 20:29
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Kimchi


Beiträge: 7
Beitrag #20
RE: Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
Das viele Länder sehr mit ihrer eigenen Vergangenheit zu kämpfen haben, ist natürlich klar aber doch kann man zusammenarbeiten, weil beide Seiten aufeinander zu gehen und nicht noch Öl ins Feuer gießen. Deutschland und Polen (als vergleichbare Länder) sind sich doch heute viel näher als Japan und Korea...

Wobei mir noch etwas einfällt, was ich sagen wollte:

Die Antipathien gegenüber Japan kommen ja nicht nur durch die Annexion, denn das war zwar der "Höhepunkt", aber keineswegs etwas Neues: Ist es in Japan/unter Japanologen/Japan-Fans bekannt, dass Japan etwa 600 Invasionen nach Korea unternommen hat ? Das sozusagen 599 abgewehrt wurden und nur die letzte erfolgreich war?
Das mit der Annexion 4000 Jahre "verbriefter" eigenständiger Geschichte beendet wurden?
Das Japan bei einer der Invasionen 1597 unter Hideyoshi etwa 80% des Landes zerstörte? Zehntausende von Kriegsgefangenen mitnahm, die Japan die Kunst der Keramik lehren mussten?
Ach und natürlich das der erste japanische König ein Koreaner war, wie Ausgrabungsfunde bestätigen?

Anderes Thema:
Ich möchte auch mal eine EHRLICHE Antwort, von denen, die sich damit auskennen:

Sind die Besuche am Yasukuni-Schrein wirklich nötig? Ich meine; sind sie religiös notwendig für die Seele des Volkes (!) und nicht nur für ultrarechte Gruppen, die Koizumi politisch(!) braucht ?
Ist es überhaupt mit der Religionsfreiheit und Trennung von Staat und Kirche vereinbar, denn es gab ja Klagen gegen ihn deshalb.
Fakt ist, dass gerade Koizumi, von dem ich persönlich viel (ge)halte(n habe), die Gefühle der anderen Nationen missachtet und auf der Geschichte rumtrampelt.

Ich hoffe die obigen Fragen waren mal ein wenig kontroverser, denn ansonsten sind wir uns ja alle immer so schön einig hoho hoho hoho
09.07.04 21:05
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Japans Rolle (und Schuld) im pazifischen Krieg
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