Zitat:Nö. Was da steht ist schon ok, nur hat er den Begriff "Konjugation"/"Flektion" ein bisschen weiter gefasst.
Das ist also kein Problem der Sprache, sondern ein Problem, wie man "Flektion" definiert.
Flexion ist ein klar definieter Begriff, da ist nicht viel dran zu rütteln. Wo genau siehst du das Problem in der Definition? Inwiefern wurde er in dem Artikel weiter gefasst?
Allgemein zu Grammatik: Mir fallen spontan drei verschiedene Grammatiken für das Japanische ein, jede natürlich mit ihren Vor- und Nachteilen. "Falsch" kann man sie nicht nennen, es sind halt nur andere Herangehensweisen. Jeder der sich z.B. Rickmeyers japanische Morphosyntax durchgelesen hat, wird schnell merken, dass sie sich erheblich von der der Schulgrammatik unterscheidet. Die Schulgrammatik erscheint mir SEHR präskriptiv, was uns zu dem wohl größten Problem führt. Eigentlich gehört die Schulgrammatik nämlich gar nicht dem Japanischen. Als damals die Holländer rüberkamen, übernahmen die Japaner fast 1:1 die holländische Grammatik. Dass das nicht gut gehen kann, weil Holländisch und Japanisch von Grund auf verschieden sind, liegt auf der Hand. Somit hat man versucht die Japanische Sprache da irgendwie reinzuzwängen und es ist ein seltsamer Mischmasch dabei rumgekommen.
Mein erster Kritikpunkt wäre somit, das System der Wortarten in der Schulgrammatik. Sie listet viele doppelt und hat einige redundante Wortarten. (eben weil nicht alle Wortarten im Holländischen mit denen im Japanischen übereinstimmen)
Ein Beispiel dafür:
Sūshi, Rentaishi oder auch Setsuzokushi sind überflüssige Wortarten. Die Unterscheidung zwischen Sūshi und Meishi hat im klassisch Japanischen vielleicht noch Sinn gemacht, das gebe ich zu, aber heute sind die beiden Wortarten zusammengefallen. Rentaishi ist ein sehr schwammiger Begriff, der vieles zusammenwirft, sei es nun Suffix oder Adnomen, die Wortart ist einfach nur willkürlich bunt gemischt. Setsuzokushi gibt es ebenfalls nicht im Japanischen, bzw. wenn sind sie wohl größtenteils mit Adverbien gleichzusetzen, was sie also zu Fukushi werden lassen würde.
Ich könnte jetzt noch sehr ausführlich auf die Jodôshi eingehen, eine wirklich haarsträubende Gruppe in die ALLES geworfen wird, sei es auch noch so unterschiedlich.
Der nächste große Kritikpunkt den ich habe, ist, dass nach der Schulgrammatik krampfhaft, selbst bei einer morphosyntaktischen Analyse, die Kana-Grenzen eingehalten werden. Das ist aus linguistischer Sicht betrachtet, wirklich gröbster Unsinn. Die einzelnen Morpheme lassen sich so gar nicht analysieren. Die Ortographie einer Sprache sollte in der Linguistik bestenfalls ein Randphänomen sein, sie hat mit der Sprache an sich nichts zu tun.
Nehmen wir als Beispiel "desu" wie z.B. in shizuka desu. Nun sagt mir die Schulgrammatik, dass es sich wohl um ein Jodôshi handelt. Jodôshi sind aber allerdings nicht flektierbar, was sagt die Schulgrammatik dann zu dem Perfektivem Äquivalent "desita" (oder auch Futur "deshou")? Eindeutig eine Flexionsform des Jodôshi. Viel präziser wäre es also doch zu sagen, dass "desu" nicht nur ein Verb ist, sondern außerdem aufgrund der lockeren Affigierung, ein Partikel. Es gibt übrigens noch unzählige andere Beispiele...
@shinobi
Zitat: Es gibt sicherlich massig Akademiker, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als zu sortieren, definieren und kritisieren. Das mag in gewissen Fällen sinnvoll sein, in manchen Fällen ein Sortierwahn dort, wo es eigentlich niemanden nutzt, irgendetwas zu sortieren.
Genauso ist es wohl auch bei Sprachen:
Eine Sprache kann man, wahrscheinlich so gar schneller, lernen, wenn man sich nicht mit dem Unterschied zwischen Moren und Silben beschäftigt und keine Ahnung hat, was Flektion ist.
Die Sprache bleibt gleich, egal wie man sie beschreiben will und wie man die Moleküle benennt: Ein Elefant ist grau und hat 4 Beine.
Du verwechselst einiges. Der von dir beschriebene „Sortierwahn der niemandem nutzt“, mag für dich überhaupt nicht interessant und auch größtenteils sinnlos erscheinen, doch ist das nicht gerade sehr wissenschaftlich. Ich gebe dir Recht, dass man eine Sprache sicherlich schneller lernen kann, wenn man von Fachtermini absieht und einfach drauf los spricht, doch darum geht es mir hier überhaupt nicht. Ich will nicht nur die Sprache verstehen, sondern auch das System dahinter und wie dieses funktioniert. Um dieses System zu verstehen reicht es nicht aus, Japanisch sprechen zu können, eine exakte Untersuchung der Morphosyntax (und dann auch der Semanto-Pragmatik) ist von Nöten und die wird in der Schulgrammatik definitiv nicht geboten.
Zum Sprechen lernen ist die Schulgrammatik in Ordnung, für alles andere allerdings lächerlich.
In diesem Sinne, 本質論をしましょう! , mit Hauptaugenmerk darauf, dass wir hier im Grammatikforum sind.