Astrid Brochlos: Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache
Nach langer Zeit habe ich mal wieder etwas Muße für eine Buchempfehlung:
Kanbun wird von Studenten häufig als besondere Herausforderung empfunden und das Material, dessen man habhaft werden kann, ist nicht immer im leicht verständlichem Stil gehalten. Diejenigen, der Kanbun machen wollen oder müssen, aber einen eher praktisch ausgerichteten Einsteig in das Thema ohne viel Hintergrundinformationen suchen, werden vielleicht mit Brochlos' Buch glücklich, das 2004 im Harrassowitz Verlag erschienen ist.
Das Buch orientiert sich im Aufbau an japanischen Lehrbüchern für die Oberstufe und geht nach einer kurzen historischen Einführung schrittweise vor, wobei es auf den Lernenden ausgerichtet bleibt - die Erklärungen werden also nicht in einer chronologischen oder lokalen Folge präsentiert, sondern nach dem Gesichtspunkt, was sich am besten lernen läßt und was gut aufeinander aufbaut. Auch Übungen fehlen nicht, so daß es sicher einen ganz guten Einstieg auch für Japanologen bietet, die sich später noch aktiv mit dem Thema beschäftigen wollen.
Mit 49 Euro ist der Preis leider nicht so studentenfreundlich wie der Inhalt des Buches - da hilft im besten Fall die Bibliothek weiter.
ISBN-10:3-447-04902-2
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.02.10 11:36 von Nora.)
RE: Astrid Brochlos: Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache
Du meinst wohl, daß ich mir hier einen guten Schein erschleiche, was? Weit gefehlt - mir wurden diesmal keine Hände gewaschen...
Ich bin ja nicht mal HU-Student! Aber ja, ich habe Frau Dr. Brochlos' unterricht im letzten Semester aus Spaß an der Freude besucht und bin natürlich dadurch auf das Buch hier aufmerksam geworden. Leider werde ich aber mit meiner Empfehlung hier keinerlei Punkte gewinnen können.
Die ist zwar noch teurer und ist teilweise fehlerhaft, hat dafür aber auch etwa einhundert Seiten mehr. Brochlos hat zwar einen ganz netten Anhang mit einer Auflistung der häufigsten Hilfszeichen, dafür ist der Anhang aber in der Praxis nicht sehr hilfreich: Es wird oft nicht die grobe Funktion und eine Übersetzungsmöglichkeit angegeben, aber nicht immer die (normale) Lesungweise. Verbalsuffixe werden zwar tabellarisch aufgelistet, aber nicht die Funktion げなgenauer erklärt => Bungo-Kenntnisse sind unerläßlich. [Bungokenntnisse werden auch bei Kluge vorausgesetzt, und sie hat auch keine Anhang.]
Was ich bei beiden Büchern bemängele ist, daß sie u.a. recht grob die Bungo-Grammatik direkt auf Kanbun übertragen. Beiden geben bei -ずals mögliche 連体形 -ぬ an, eine Form, die es in Kanbun aber nicht gibt...sogar Cravcour findet bei seinr 95seitigen Einführung [Cravcour, Sydney - An Introduction to Kanbun] Platz für eine solche Anmerkung. Irgendwie braucht man wohl eine Mischung aus all diesen drei Büchern.
RE: Astrid Brochlos: Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache
Ja, ohne Bungo-Kenntnisse ist es auch nicht so sinnvoll, sich mit Kanbun zu beschäftigen (es sei denn mit einem chinesischen/sinologischen Hintergrund); deswegen wird es vermutlich vorausgesetzt. Ich habe das Buch eigentlich auch deswegen vorstellen wollen, weil es eben genau diesen ganz einfachen (und sicher manchmal auch vereinfachten) Zugang bietet, den ich in anderen Büchern bisher nicht gesehen habe.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.02.10 14:14 von Nora.)
RE: Astrid Brochlos: Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache
Ich persoenlich fand den Umweg uebers Japanisch immer schon umstaendlich.
Da es sich im Grunde genommen sowieso um Chinesisch handelt, sollte man sich am besten ein Buch ueber KCh zulegen oder sich in die Sinologenkurse setzen.
Aber wenn man das unbedingt machen will, kann man sich halt ein jp. Lehrbuch kaufen. Die gibts wie Sand am Meer und kosten kein Vermoegen.
Wer Chn. liest, sollte sich die 4-baendige Einfuehrung von 王力 holen 古代漢語.
RE: Astrid Brochlos: Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache
@bikkuri: Kanbun bietet gibt dir dafür aber schon eine Interpretation/Übersetzung des Textes. Deswegen sind ja auch Sinologen teilweise an Kanbun interessiert. Im Endeffekt ist es ideal, beides zu können, sowohl die KCh-Grammatik als auch das System hinter Kanbun.
@Nora: Ich durfte erst vor kurzem in einem Kanbun-Workshop bemerken, daß das Lernen aus Büchern allein nicht wirklich weiter hilft. Die Dozenten sagen leider immer nur "da braucht man halt Erfahrung, dann gehts". Und bei dem Brochlos Buch hatte ich auch das Gefühl, daß es eher als kleines Handbuch genutzt werden sollte, während oder kurz bevor man an einer richtige Kanbun-Einführung teilnimmt.
RE: Astrid Brochlos: Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache
(18.02.10 16:27)Gast schrieb: @bikkuri: Kanbun bietet gibt dir dafür aber schon eine Interpretation/Übersetzung des Textes. Deswegen sind ja auch Sinologen teilweise an Kanbun interessiert. Im Endeffekt ist es ideal, beides zu können, sowohl die KCh-Grammatik als auch das System hinter Kanbun.
Pinkys.Brain
Dass man als Sinologe Japanisch (modern sowie klassisch) koennen sollte (und umgekehrt), bes. wenn man sich mit Literatur und Geschichte befasst, versteht sich sowieso von selbst. Keine Sinologie hat mehr ueber China geschrieben als die japanische.
Was ich weiter oben meinte, betraf eher den Lernprozess. Ich finde, man braucht sich nicht mit "kanbun" abzumuehen, wenn man es einfacher haben kann. Beherrscht man KCh erst einmal, kann man sich immer noch ins Markierungssystem von "kanbun" einlesen, indem man z.B. die kommentierte Uebersetzung aus dem Japanischen liest.
Man lernt das eh nur durch 'learning by doing', da sich KCh grammatikalisch schwer systematisieren laesst. Darueber hinaus ist es mit Grammatik und Saetzeuebersetzen nicht getan. Das Wichtigste beim KCh ist das Hintergrundwissen ueber Geschichte und Literatur. Hat man das nicht, wird man nie einen Text ohne mod. Kommentar lesen koennen.
Na ja, ist ja sowieso ein Kampf gegen die Windmuehlen, denn an das Level eines in diesem Fachbereich ausgebildeten Asiaten wird man nie herankommen.
RE: Astrid Brochlos: Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache
KCh = Klassisches Chinesisch
Zitat:Beherrscht man KCh erst einmal, kann man sich immer noch ins Markierungssystem von "kanbun" einlesen, indem man z.B. die kommentierte Uebersetzung aus dem Japanischen liest
Leider reicht es nicht, sich ins Markierungssystem einfach nur einzulesen, weil bestimmte Zeichen in bestimmte Stellungen auf eine bestimmte Art gelesen werden und zudem hat man ja eben leider nicht immer eine kommentierte Übersetzung. Das wichtigste Argument aber, Kanbun zu lernen, ist, daß man eigentlich bei einem annotierten Text schon eine Übersetzung bzw. eine Interpretationsweise schon mitbekommt.
"Wissen ist, wenn man weiß, wo's steht!"
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.02.10 19:28 von Pinkys.Brain.)
18.02.10 19:22
Astrid Brochlos: Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache