Ich habe mich in letzter Zeit mit Aphasie beschäftigt. Das ist eine Sprachstörung, die meist durch eine Hirnschädigung nach Unfall oder Schlaganfall ausgelöst wird. Sie ist erworben, d. h. man beherrscht die Sprache und verliert sie erst durch die Hirnschädigung. Es besteht also kein Zusammenhang zwischen Spracherwerb bei Kindern und neuem Spracherwerb bei Hirnschädigung.
Bei einer Aphasie sind die Denkprozesse noch vorhanden, aber die Kommunikation ist ganz oder teilweise abgeschnitten. Ein Aphasiker kann sich also nicht mitteilen. In ganz schlimmen Fällen ist ihm das aber nicht bewusst. Leider wird jemand, der sich nicht verständlich machen kann, oft mit Denkstörungen in Verbindung gebracht, was beim Betroffenen schwere Depressionen auslösen kann.
So, was hat das jetzt mit Japan zu tun? Bei dieser Störung ist öfter (nicht immer) auch das Lesen betroffen und kann, wenn überhaupt, erst mit viel Mühe wieder erlangt werden. Und da stellt sich der Denkbär nun die Frage, wie das wohl in Japan funktioniert. Immerhin gibt es hier eine bunte Mischung aus zwei Silbenalphabeten, Kanji, lateinischen Buchstaben, arabischen Zahlen.
Ich habe noch nicht sehr viel gefunden, aber ein Ergebnis scheint zu sein, dass die Kanji zum Teil leichter wieder erworben werden als die Kana, da sie ja Ideogramme sind. Sie scheinen in einem anderen Teil des Gehirns gespeichert zu sein als die Kana, die als Silbenalphabete keine Bilder, sondern willkürlich gewählte Zeichen sind. Andererseits gibt es auch Patienten, denen gerade die Kana leichter fallen. Es scheint zumindest festzustehen, dass Kana und Kanji in unterschiedlichen Bereichen des Gehirns angewendet werden. Ich habe so einige Seiten durchforstet, aber witzigerweise habe ich auf einer Seite über Haiku etwas Kurzes und Verständliches über Aphasie und jap. Schrift gefunden:
Zitat: Where aphasia is concerned, two kinds of aphasia are known in Japan. One is for kana and the other is kanji. It has been found from studies of aphasia that Japanese read kana in one place of their brain and read kanji in another place where the brain recognizes kanji as a kind of graphic or cartoon. In other words, Japanese read kana in the part of the brain where European-Americans read alphabets, but they read kanji in the part of the brain where European-Americans see cartoons. Most Japanese haiku lovers examine the graphical effect of kanji for their haiku, as well as meanings of them.
Das steht auf dieser Seite:
http://www.worldhaikureview.org/1-2/whcj...omi1.shtml
Es gibt verschiedenen Formen der Aphasie: leichte Wortfindungsstörungen, exzessives, aber oft fehlerhaftes Reden, sehr mühevolles Reden und totaler Verlust aller kommunikativen Fähigkeiten. Bei jedem Betroffenem kann die Aphasie und eine damit einhergehende evtl. Störung von Schreiben (Agraphie) und Lesen (Alexie) anders aussehen.
Ich stelle mir das für eine Schriftsprache wie Japanisch außerordentlich schwer vor. Wer weiß, vielleicht hat da jemand im Forum mehr Kenntnisse? Ich wäre zumindest sehr interessiert und suche auch weiterhin selber Infos. Vielleicht ist das ja auch für einige andere von Interesse. Ich hoffe jedenfalls, nicht gelangweilt zu haben.