(11.01.20 13:49)olo schrieb: ...
Ich persönlich finde es unheimlich müßig, sich alle diese Lesungen und die angedeuteten "Bedeutungen" einprägen zu wollen. Aus meiner Erfahrung - denn ich habe auch viele Jahre so gelernt - führt das leider vor allem dahin, dass man dann später insbesondere die Lesungen abrufen, aber trotzdem keine Sätze kann. Und konfrontiert mit einem realen Text, in dem Wörter aneinandergereiht sind zu einer Textaussage, verzweifelt man ähnlich, weil man kein Textwissen hat.
Wenn ich noch einmal mit Japanisch anfangen würde, würde ich mir persönlich heutzutage erstmal nur eine Vokabel mit dem Zeichen merken, die ich dann auch wirklich kann....<snip>
Dem kann ich mich komplett anschließen. [Bisschen Background: Ich lerne seit 13 Monaten sehr intensiv Japanisch. Und zwar quasi mit Dauerberieselung im Hintergrund (Podcasts/Hörbücher während der Arbeit und auch sonst wann immer möglich) und ansonsten mit Texte/Bücher lesen, youtube Grammatikvideos (auf japanisch von japanischen Lehrern) ,Netflix schauen (japanische Untertitel an/aus) und zusätzlich ANKI.]
Ich wollte möglichst schnell lesen lernen und nach einem Jahr erkenne ich ca. 1700 Kanji +-sicher und kann zufriedenstellend lesen ohne ständig nachschlagen zu müssen. Kanji lerne ich mit einer Kombination aus ANKI-Karten und Texte lesen. Ich habe am Anfang einfache Texte gelesen (NHK easy news) und neue Kanji lerne ich immer im Kontext mit den Wörtern/Sätzen, die das neue Kanji beinhalten. Lesungen habe ich nie separat gelernt. Mit der Zeit wächst das Vokabular und so auch automatisch die Anzahl an Lesungen per Kanji die man kennt. Die ersten ~700 Kanji habe ich auch regelmäßig mit einer Android-App "Kanji Study" per Finger-geschrieben (kann man nebenher, während dem Netflix schauen machen
). Das hilft sich die Radikale einzuprägen und später kommt man dann auch besser ins handschriftliche Schreiben rein (was ich in letzter Zeit häufiger mache).
ANKI:
Mein Kanji-lern ANKI Deck sieht folgendermaßen aus:
Vorderseite das jeweilige Kanji in verschiedenen Schriftarten (damit man sich nicht nur an einen Schriftstil gewöhnt, gibt auch Computer-Schriftarten, die Handschrift / Werbeschrift ganz gut wiedergeben - nützlich wenn man irgendwann auch handschriftliches / Werbebanner lesen möchte)
Rückseite: oben die englischen "Bedeutungen" des Kanji (von jisho.org) und ein Link zu jisho.org, dann eine Wörterliste mit Wörtern die mir begegnet sind und die eher häufig sind (hier orientiere ich mich auch meist an den Häufigkeiten die Jisho.org angibt, wenn ein Wort total exotisch ist nehme ich es noch nicht in die Liste auf).
Die Wörter schreibe ich ganz normal mit Kanji und über dem Wort wird die Lesart und Betonung als furigana angezeigt.
z.b.
消防車.
Wenn ich ein Kanji komplett neu lerne versuche ich ein gebräuchliches Wort zu finden, das eine der "Hauptbedeutungen" des Kanji wiedergibt. Dieses Wort versuche ich mir dann, am besten mit Beispielsatz, einzuprägen. Ich notiere mir keine Übersetzungen, auch nicht in der Wortliste.(jetzt nach 13 Monaten versuche ich zudem bei neuen Wörtern hauptsächlich mit der japanischen Erklärung aus japanischen Wörterbüchern klarzukommen, was erfreulicherweise immer häufiger ausreicht, um zu verstehen was das Wort bedeutet. Das geht aber natürlich am Anfang nicht wirklich.)
Die Wiederholung mit ANKI sieht dann so aus: Ich sehe das Kanji auf der Vorderseite, versuche mich an mindestens eines der japanischen Wörter zu erinnern, welches das Kanji enthält und sage dann das/die Wort/Wörter laut. Danach checke ich die Rückseite, lese kurz alle Wörter(und checke die Aussprache, falls ich unsicher war) in der Wortliste (falls ich mich nicht so richtig erinnern kann, schaue ich im Wörterbuch) und weiter geht es mit dem nächsten Kanji.
Mittlerweile hat mein Kanji-Anki Deck 4000 unterschiedliche Wörter (ohne Duplikate) von denen ich viele passiv gut kenne.
Ich wiederhole 80 Stück pro Tag per ANKI (das geht immer schneller, denn man wiederholt sowieso schon durch lesen, allerdings kann ich isolierte Kanji nicht so schell lesen wie ein bekanntes Wort, welches das Kanji enthält) und lerne 5-20 neue.
Pro Tag kommen aktuell meist 5-10 neue Kanji dazu, wobei ich in dem Material, das ich verwende immer seltener auf neue Kanji stoße und wenn, dann sind es oftmals Kanji, die nur in einem einzigen gebräuchlichen Wort vorkommen. Ich lerne diese trotzdem wenn es
常用漢字 bzw.
人名漢字 sind. (Da das Lesen immer flotter vonstatten geht, nehme ich an, dass ich im späteren Verlauf des Jahres das Kanji-ANKI Deck kaum mehr benutzen werde, denn ausgiebiges Lesen und häufigeres Schreiben, sollte alle wichtigen Kanji in regelmäßigen Abständen auffrischen.)
Das Ergebnis: durch ANKI-Karteikarten und vor allem durch lesen ( Harry Potter / Easy News / textlastige Computerspiele / Netflix-Untertitel) geht das Lesen schon ganz gut und es macht Spaß. Ich kann recht gut einschätzen wie ein unbekanntes Wort ausgesprochen werden könnte - teilweise sogar wenn ich eines der Kanji nicht kenne (denn viele Kanji mit den selben Radikalen haben die selbe on-Lesung - auch das habe ich nicht extra gelernt, sondern es fällt mir einfach im Laufe der Zeit auf).
Das hat auch den Vorteil, dass man sehr schnell ein unbekanntes Kanji, welches nicht in digitaler Form vorliegt, nachschlagen kann.
Puh, das war recht lang
Zusammengefasst: Lesungen lernt man ganz automatisch zusammen mit den Wörtern die man lernt.