Beim Aufwachen heute morgen viel mir plötzlich ein, dass ich in meinem letzten Beitrag einen peinlichen Fehler gemacht habe:
Zitat: Die Gottesanbeterin verschlingt ihre Kinder. Die Dorfbewohner beten den Berggott an und verkaufen ihre Kinder oder schmeißen die Babys auf den Acker. Und wie gehen wir mit unseren Kindern um?
(Mich wundert, dass die Schabe hier noch nicht protestiert hat)
Die Gottesanbeterin (jap. カマキリoderチョウセンカマキリim Film handelt es wohl um die Spezies Tenodera angustipennis Saussure) ist bekannt dafür, dass sie in Gefangenschaft oder Nahrungsarmut zuweilen (ähnlich wie viele Spinnenarten) das Männchen nach der Begattung frisst, um den immensen Eiweissbedarf zu decken. Das wird im Film unmittelbar auf eine entsprechende Szene zwischen zwei Dorfbewohnern geschnitten, hat also nichts mit Kindern zu tun. Trotzdem ändert sich nichts an meiner Aussage, dass mich der Film nachdenklich über unseren Umgang mit Kindern gemacht hat. Kinder werden weggeworfen oder verkauft, in jenem Dorf und bei uns heute.
@chiisai hakuchoo:
Zitat: Den Vergleich mit „Dolls“ finde ich ziemlich interessant, weil ich selbst an diesen Film gedacht habe, als ich Takeshi Kitano anführte. Ähnlichkeiten sehe ich hier allerdings gar nicht, eher im Gegenteil. „Dolls“ haut dem Zuschauer keine schockierenden Bilder um die Ohren, im Gegenteil, er lebt von seinem Minimalismus, der den Zuschauer zwingt, sich selbst Gedanken zu machen.
Das sehe ich genauso. Ich sprach allerdings in diesem Zusammenhang ausschließlich von der Film-Musik und meinte, dass sie ganz ähnlich eingesetzt wird.
Zitat: Die Hauptdarstellerin hat sich also die Zähne ausschlagen lassen? Hat sie auch daran gedacht, daß ihr Leben nicht mit den Dreharbeiten zu Ende geht? Mit Verlaub, meine Bewunderung kann ich dafür nicht gerade aussprechen, und es schmälert in keiner Weise die Achtung, die ich vor irgendeinem Schauspieler in Hollywood habe, wenn er sein Gebiß nicht für einen Film ruinieren läßt.
Sie hat sie sich nicht ausschlagen lassen, sondern selbst ausgeschlagen! Ganz wie Orin in dem Film. Man muss das natürlich nicht bewundern.
Zitat: Genau so kann es aber auch sein, daß sich nichts ändert, und was ich dann tatsächlich NICHT hören möchte, sind Sätze wie „Du warst nicht lange genug dort“, „Du warst an den falschen Orten“, „Du hast dich nicht genügend in die Menschen reinversetzt“ oder „Du hast mit den falschen Menschen gesprochen“. Denn es kommt vor, daß man diesen Film nicht mag, ohne wenn und aber und ohne, daß diese Abneigung mit irgendwelchen „Mangelerscheinungen“ erklärt werden kann.
Da hast du natürlich völlig recht. Ich schrieb aber auch ausdrücklich,
vielleicht denkst du anders wenn du die Gelegenheit hast, einmal nach Japan zu kommen. Klar kann es aus allen möglichen Gründen sein, dass dir der Film danach immer noch nicht gefällt. Und solche Sätze, wie du anführst, wirst du dann von mir nicht zu hören bekommen. Ich kenne auch genügend Japaner, denen der Film nicht gefallen würde.
Dennoch
kann der intensive Kontakt mit einer Kultur zu einer anderen Sichtweise führen (Ich hoffe, ich drücke mich diesmal vorsichtig genug aus). Zum Beispiel wirken auf mich die Worte zwischen Müttern und Kindern in dem Film sicher ganz anders als auf jemanden, der nur die dünnen Übersetzungen der Untertitel liest. Ich verstehe da nämlich nicht nur jedes Wort (ausnahmsweise), sondern kenne auch (ausnahmsweise einmal) den ganzen emotionalen Hintergrund, der hinter diesen kleinen Worten steckt. Es sind die gleichen Worte, die
meine Frau zu
meinen Kindern spricht, und es kann mich einfach nicht kalt lassen, wenn diese Kinder dann auf den Müll geworfen oder verschachert werden. (Wie gesagt, ein Beispiel, und es soll nicht von oben herab klingen: ätsch, ich versteh das besser!). Ähnliches gilt für die Sprache, die der Sohn mit seiner alten Mutter spricht, und sie mit ihm. Das ist mir vertraut im Ohr, wenn auch nicht ganz so stark wie bei den Kindern. Und glaube mir: da ist nicht alles "barbarisch und dumm", wie du es genannt hast.