Zitat: Ob man die historischen Hintergründe braucht, um einen Kampfsport zu erlernen, weiß ich nicht, aber interessant sind sie allemal. Ich möchte nicht nur wissen, wie ich treten muss, sondern auch warum und überhaupt die ganze Geschichte drum herum.
Da muß ich dir natürlich zustimmen, vor allem lassen sich beispielsweise einige Judô-Techniken nur dann so richtig verstehen, wenn man im Hinterkopf behält, daß die Samurai früher wegen des Arbeitsschutzes ihre schweren Rüstungen trugen, aber einen wesentlichen Nachteil erfuhren, wenn sie einmal aus dem Gleichgewicht gebracht zu Boden geworfen wurden. Ebenfalls ist es höchst interessant, daß die Naginata ursprünglich von Fußsoldaten dafür verwendet wurden, um den Pferden der berittenen Samurai die Fußsehnen zu durchtrennen und sie so zu Fall zu bringen.
Diese ganze Historie (wie z.B auch die Ursprünge des Okinawa-te) ist natürlich ungeheuer spannend und kann den modernen Sport um einiges erweitern, doch so richtig "notwendig" ist es wohl nur für diejenigen, die ein überdurchschnittliches Interesse daran entwickeln.
Zitat: Wobei mir auffällt, dass man sich hier relativ wenig über Karate auslässt, [...] Eigentlich ist es doch nicht nur die bekannteste und am häufigsten missbrauchte Kampfsportart in der westlichen Welt, sondern auch eine sehr alte und immer noch populäre Kampfsportart in Japan, oder nicht?
Also, als "alt" würde ich Karate nun nicht grad bezeichnen, wenn ich Funakoshi als dessen Begründer betrachte. Darüberhinaus liegen die Wurzeln meines Wissens eher in Okinawa, aber darüber sollten sich wohl eher die echten Kenner zu Worte melden. Als alte japanische Richtungen würd ich statt dessen eher die ursprünglichen Jiu-Jitsu-Schulen als Form des waffenlosen Samurai-Kampfes bezeichnen, die dann im 20. Jahrhundert verschiedene "entschärfte" Sportformen hervorbrachten.
Sicher ist Karate auch heute noch in Japan populär, ich schätze aber mal, daß -was die aktiven Sportler angeht- die Zahl der Kendô-Treibenden um einen wesentlichen Teil höher liegt. Und auch, was die Zuschauerpopularität angeht, liegt Karate wohl deutlich hinter Baseball (zugegeben, nicht unbedingt ein Kampfsport), Sumo oder Wrestling.
Man kann sich sicherlich streiten, ob sich denn modernes Sport- und Wettkampfkarate noch als "Karate" im althergebrachten Sinne bezeichnen darf, viele Puristen sähen es vielleicht gar am liebsten abgeschafft, meiner Meinung nach hat beides seine Berechtigung. Und wer will es ausschließen, daß ein "Nur-Sportler" eines Tages vielleicht doch mal auf den Trichter kommt und Gefallen findet am "geistigen Weg" des traditionellen Karate-dô?
Ach ja, was meintest du denn übrigens mit "mißbraucht"?
Zitat: Also ich muß sagen, dass ich noch keinen Kampfsport gesehen habe der auch nur annähernd an "Sektentum" herankommt.
Ich schon, aber darüber möchte ich mich an dieser Stelle nicht auslassen...
Zitat: Für mich ist eher das Gegenteil der Fall, dass die meisten den "militärischen Drill" und "sture Techniken" suchen und daher den geistigen Teil als zu gering/unwichtig erachten ( in der Kampfkunst [ im Kampfsport hat "geistiges" sowieso nichts verloren] ).
Aber ist nicht grade dieser "militärische Drill", wie du es nennst, das, was man mit Zen-Übungen vergleichen könnte? Einfach "darin aufzugehen", ohne jedes Denken? Ich für meinen Teil hab das damald nicht selten so empfunden, und es war tatsächlich "befreiend". Ist es nicht Sinn der Sache, hart an sich selbst zu arbeiten und sich dabei wie von selbst sowohl körperlich als geistig zu entwickeln, als sich in den Terminkalender zu schreiben, daß man in spätestens drei Jahren "geistig erleuchtet" sein will? Also, wie immer man "geistiges" (ohnehin ein recht schwammiger Begriff) auch definieren möchte, für mich ist es eine Sache, die ich spontan erlebe, ohne auf sie hinzuarbeiten. Und daß obwohl ich einen Kampf"sport" betreibe und keine "Kunst". (Hab ich in deinen Sätzen einen ironischen Unterton herausgelesen?)
gokiburi, der immer noch grübelt, was chiisai hakuchoo in ihrem letzten Satz über mich ausdrücken wollte...