RE: Wissen über Japan: Kabuki
So, zuerst mal ein kurzer geschichtlicher Übebrlick über Kabuki. Mehr zu den Rollen, den Stilmitteln und Fachausdrücken das nächste Mal:
Kabuki 歌舞伎
(Gesang - Tanz - Kunstfertigkeit) gehört zu den traditionellen japanischen Bühnenkünsten (伝統芸能 dentougeinou). Es entstand Anfang des 17. Jahrhunderts. Als Begründerin wird immer die 巫女 (Miko) Izumo no Okuni (出雲阿国) genannt, die in einem trockenen Flußbett in Kyoto tanzte. Wahrscheinlich ist, daß sich mit einer größeren Gruppe von Gauklern und Akrobaten dort niederließ, nicht, daß sie allein alles bestritten hat. Näheres ist über sie aber leider nicht bekannt.
Diese ersten Tanzaufführungen waren weiterentwicklungen der Fuuryuu 風流, prachtvolle Umzüge mit Tanzeinlagen. Als sich die allgemeine Situation im 17. Jahrundert nach dem Ende des Bürgerkrieges zu normalisieren begann, wollten sich die Leute auch mehr unterhalten lassen - die Chance für Izumo no Okuni (und ihrer sehr wahrscheinlichen Truppe). Thomas Leims vertritt die These, daß für ihren Erfolg auch die Exotik der Kämpfe verantwortlich waren: Zum einen boten sie eine Alternative zu den religiösen Kagura und dem hermetischen Nou, zum anderen - meint Leims - seien in die Kabuki-Tänze Elemente europäischer, besonders portugiesischer Kultur eingeflossen.
Die Tänze wurden erotischer und lasziver, die meisten Darsteller auf der Bühne waren bald Freudenmädchen und Lustknaben, deren Gunst man nur mit viel Geld erringen konnte. Der Regierung gefiel das gar nicht. Wohl weniger aus christlich-moralischen Überlegungen als aus der Tatsache, daß im Kabuki die Ständereihenfolge durcheinander gebracht wurde: die am niedrigsten stehenden Kaufleute hatten ihres Geldes wegen die besten Chancen. Außerdem hatte man schon genug Schwierigkeiten damit, die bewaffneten Kräfte nach Ende der langen Kriegszeit komplett unter Kontrolle zu halten. Es gab ab 1629 kurzfristige Verbote, schließlich wurden 1652 alle erotischen Tänze verboten und Frauen sowie Jünglinge von der Bühne verbannt, was eigentlich das Aus für das Kabuki bedeutete. Aus dieser Notlage wandte man sich der Dramatik zu und erweiterte die bisher sehr kurzen Rezitativsequenzen nach Joururi-Vorbild. Stoff besorgte man sich dementsprechend bei Joururi, Bunraku und - aber eher selten - beim Nou. Professionelle Schauspieler kamen hinzu, meist vom Kyougen.
Frauenrollen wurden vom Onnagata (女形) übernommen. Es handelt sich dabei nicht einfach um einen Mann in Frauenkleidern, der eine Frau spielt. Bei Onnagata wird das Weibliche überhöht und stilisiert. (dazu später mehr).
Nun wurden auch eigene Kabuki-Bühnen gebaut (davor hatte man meist Noubühnen als Spielort genommen. Die Bühnen haben zwei Besonderheiten: zum einen besitzen sie eine feine Mechanik für Tricktechnik: Dreh- und Hebebühnen, Kräne etc., die Szenenwechsel und Effekte ermöglichten. Hier war die Entwicklung der europäischen weit voraus. Zum anderen den Hanamichi 花道, ein Steg, der vom Ende des Zuschauerraumes auf die Bühne führt und über den der Schauspieler auftritt. Schon aus den Anfangszeiten ist überliefert, daß die Schauspieler durch die Zuschauer hindurch auf die Bühne gingen. Wahrscheinlich haben wir es beim Hanamichi mit den shirasu bashigo, den Stufen, die von der Noubühne hinabführten zu tun.
Im Kabuki gibt es wie im Nou und im Kyougen Theaterfamilien, die ihr Stückrepertoire und ihre Rollen weitervererben.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.05.05 17:23 von Ma-kun.)
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