Beitrag #5
RE: Welches ist das heruntergekommenste Viertel in Tokio
Eigentlich ist Tokyo bis zur S-Bahn-Ringlinie Yamanote schon seit langem durchsaniert, gentrifiziert. Da gibt es keine üblen Stadtquartiere mehr, und gefährliche Banlieus außerhalb ohnehin nicht, dazu fehlt es in dem Land an Menschen, die wertvoller sind als Gold.
Die funkelnden Wolkenkratzer von Shinjuku hat man auf einem Arreal errichtet, auf dem früher Müll, Scheiße und Kohle gelagert wurde, ja, aber hiervon ist nichts mehr übrig. Shitamachi, "Unterstadt" und Rotlichtviertel taugt auch schon lange nicht mehr als schlechte Immobilienlage. Tokyo war nunmal früher viel kleiner, alles ist entweder zu neu oder zu zentral um üble Lage zu sein, z.B. die Todai war schon eine Super-Universität, als ihr heutiger Standort noch absolute Randlage war.
Im Immobilienboom der 1980er-Jahre hat noch die Gegend Jujo bis Akabane als "schlechte Lage", man kann auch sagen "Geheimtip", gegolten, weil das (nördlich) einigermaßen zentrumsnah ist aber von allerlei Gschwerl bewohnt war. Von Volksgruppen also, die ab und zu umbenannt werden, damit sie sich nicht diskriminiert fühlen. Was von diesem Lokalkolorit wohl heute noch übrig ist?
Wenn es allerdings nur um unzumutbare Zimmer zu spöttisch billiger Monatsmiete geht, das findet man in Tokyo ein bißchen zentrumsfern durchaus, wenn man sucht. Das ist dann zwar keine Hinterhofwohnung in einer miesen Gegend, aber vielleicht ein enges Zimmer gleich beim Abluftschacht eines lauten Gewerbebetriebes, und die Gokiburis leisten dir Gesellschaft, solche Sachen gibts durchaus.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.04.17 23:53 von Yano.)
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