(07.12.15 08:43)torquato schrieb: 半月板(はんげつばん)ist der Meniskus. 'Halbmondbrett'. Das brachte mich ins Stutzen, was es wohl mit diesem recht bildlichen Begriff auf sich hat. Doppelt interessant dann auf WP:Meniskus nachzulesen, daß 'Meniskus' im Prinzip eigentlich das Gleiche bedeutet. 'Möndchen'. Wieder was gelernt.
Finde ich auch interessant. Bei der annähernden Übereinstimmung muss es sich ja auch nicht um eine blosse Analogie handeln, sondern es könnte sich um eine Homologie durch Lehnübersetzung handeln. Der Meniskus ist ja auch im Deutschen kein Körperteil, das ursprünglich in der Alltagssprache begrifflich gefasst wurde. Selbst unser medizinischer Fachausdruck "Meniskus" ist laut Duden erst eine
gelehrte Entlehnung neuerer Zeit (keine Volksentlehnung) aus dem griechischen "Möndchen" in scheinlatinisierter Form. Man könnte also mutmassen, dass 半月板 auch in Japan aus einer
gelehrten Entlehnung neuerer Zeit entstanden ist.
Ähnlich wie der schwedische Arzt Carl Peter Thunberg im 18. Jahrhundert im Rahmen seiner ärztlichen Anstellung bei der
Niederländischen Ostindien-Kompanie auf
Dejima in naturwissenschaftlichen Kontakt mit Japanern (v.a. wohl Übersetzern) getreten war und an einer der
Hofreisen der Niederländer nach Edo teilgenommen hatte, war auch schon der deutsche Arzt
Engelbert Kaempfer Ende des 17. Jahrhunderts auf Dejima in Kontakt mit Japanern (z.B. Übersetzern) getreten und hatte ebenfalls an einer der Hofreisen der Niederländer nach Edo teilgenommen.
In Teil 3 ("Angriff der Barbaren") der dreiteiligen Dokumentation "Japans Krieger" (von Deborah Ann Desnoo, Joan Owens-Myerson und Lyn Goldfarb, in's Deutsche von ZDFinfo) werden
Kaempfers Berichte erwähnt und wird die Bedeutung der winzigen niederländischen Handelsstation auf Dejima als über 200-jährige Ausnahme inmitten der japanischen Abschottungspolitik gegenüber Europa hervorgehoben. Zwar durfte die auf höchstens 19 "Niederländer" begrenzte Mission außer mit Prostituierten keinen unbewachten Kontakt mit Japanern haben, aber mit dem sozialen Aufstieg des Händlertums und dem sozialen Verfall weiter Samuraischichten
nahm das Interesse einiger Samurai und Gelehrten am Westen zu wie etwa bei dem Arzt
Sugita Genpaku, der den Begriff
Rangaku für die neue "Hollandkunde" prägte. Sugita, dem ein holländisches Anatomiebuch zur Verfügung stand, erkannte dessen Wert gegenüber den bekannten chinesischen Werken. Er führte die erste offiziell genehmigte Autopsie durch, erkannte, dass japanische Metzger für einige Körperteile keine Namen hatten und dass das holländische Werk diese Körperteile kannte und treffend darstellte. Sugita lernte als Autodidakt Holländisch und übersetzte das holländische Anatomiebuch und publizierte es, um sein Wissen mit anderen japanischen Ärzten zu teilen. Das Buch wurde zum Grundstein des Rangaku, ursprünglich für Medizinstudien, später kamen Astronomie, Chemie etc. hinzu - so die Darstellung in der ZDF-Doku.
Vielleicht ist ja auch der Begriff 半月板 im Zuge des Rangaku als Lehnsübersetzung aus einer europäischen Sprache entstanden. Vielleicht gibt es ein Etymologie-Werk, das solche Fragen klären kann.
Am 9. 12. 2015 strahlt das ZDF Japans Krieger übrigens wieder aus. Man
kann z.B. Teil 3 jetzt schon online auf ZDF.de sehen.