Bevor ich beginne, möchte ich vorausschicken, dass der Besuch am japanologischen Seminar der Universität Heidelberg mein erster Besuch einer Japanologie überhaupt war. Außerdem war es mein erster Kontakt mit japanischlernenden und japanischsprechenden Menschen aus nächster Nähe. Dementsprechend aufgeregt und mit hohen Erwartungen habe ich meine Reise angetreten.
So dann fange ich mal meinen Bericht an:
Ab ca. 17:45 Uhr haben sich die ersten Interessenten im Vortragsraum versammelt. Die Befürchtung von Nora, dass sich zu wenige für das Thema interessieren, hat sich überhaupt nicht bewahrheitet. Ganz im Gegenteil, der Veranstaltungsraum war bis auf den letzten Sitz voll, denn jeder wollte wohl wissen, wie die Weltformel zum Japanischstudium aussieht
Nach ein paar Einleitungsworten von Seiten von Nora und einer weiteren Person, deren Namen ich nicht kenne, hat Oikawa Kouji-sensei das Wort ergriffen.
Er hatte keinen Vortrag im engeren Sinne vorbereitet, sondern hat die Studenten direkt gefragt, welche Probleme sie beim Lernen haben und hat daran seinen Vortrag aufgebaut.
Der erste Abschnitt befasste sich daher mit dem Thema "Hörverständnis". Um dieses zu verbessern, ist es nutz- und sinnlos, Anime zu hören, Nachrichten zu schauen oder andere Hörübungen zu machen, selbst man es stundenlang macht. Entscheidend ist vielmehr die ständiger Wiederholung GLEICHER (!) Inhalte, z.B. eine Anime-Folge (Naruto Folge 1, NHK News NameX ...) immer und immer wieder anzuhören.
Im zweiten Abschnitt ging es um die Grammatik und wie schwer diese doch sei. Dazu meinte er ermutigend, dass selbst Japaner zehn Jahre brauchen, um korrekte jap. Sätze formulieren zu können. Es ginge jedoch auch schneller (in einem Jahr), wenn man sehr oft Texte, Dialoge etc. liest und anhört und diese verinnerlicht. Dabei war es ihm wichtig zu betonen, dass man Japanisch und dessen Grammatik mit der richtigen inneren Einstellung betrachtet -> wer nur die Schwierigkeiten sieht und die Freude verliert, kann Japanisch nicht lernen.
Das dritte Thema betrifft unsere allseits beliebten Kanji
Auch bei diesem Thema betonte er, wie wichtig Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist und hat dies an einem Beispiel illustriert. Dieses Selbstvertrauen könne man erlangen, indem man z.B. gezielt die schwierigsten Kanji (schreiben) lernt und nahm als Beispiel das Kanji für Niedergeschlagenheit: 鬱 (29 Striche). Anschließend hat er uns aufgefordert, innerhalb von 60 Sekunden dieses Zeichen zehnmal abzuschreiben. Außerdem hat er erzählt, dass von hundert befragten Japanischlehrern in Japan kein einziger dieses Kanji schreiben kann
Das nächste Thema hat eindeutig den größten zeitlichen Rahmen bekommen und es handelt sich dabei um die Sprechfähigkeit der Lernenden. Dazu hat er begonnen, ein paar Studenten nach einfachen Dingen zu befragen, z.B. welches die Lieblingsjahreszeit(en) sind. Wie erwartet, haben die Studenten einsilbig geantwortet (春/夏/秋/冬です。).
Um sprechen zu lernen, muss man längere und ausführlichere Antworten geben, z.B. warum man 春 schön findet und was an den anderen Jahreszeiten ebenfalls schön ist.
Um das zu verdeutlichen hat er anhand eines Word-Dokumentes gezeigt, welche Phrasen in Dialogen besonders wichtig bzw. nützlich sind und hat diese mit uns durchgesprochen und geübt. "Phrasen lernen" ist m.E. nach die Hauptbotschaft seines Vortrages gewesen. Seine unmittelbare Strategie ist es, seinen Studenten bestimmte Phrasen der jap. Sprache als Hausaufgabe zum einüben aufzugeben und wir reden hier von einer Menge von 60 Einheiten und in der vorlesungsfreien Zeit sollen entsprechend der gelernten Inhalte Aufsätze geschrieben werden.
Im Anschluss sagte er noch, wie man seine eigene Aussprachefähigkeit üben und sich selbst kontrollieren kann: a) man soll immer mit lächelndem Gesicht lernen, b) Japanisch ist eine Sprache, bei der der Mund nur wenige Bewegungen macht, dass solle man beachten beim Üben (das ist aber eher ein Problem für chin. Studenten), c) man sollte TÄGLICH sich selbst beim sprechen mit Sprachmemos aufnehmen und sich selbst anhören. Man soll unter keinen Umständen Angst vor der unbekannten eigenen Stimme haben und genau diese Übung hilft dabei, dass abzubauen. Es reichen 30 Sekunden pro Tag, wenn man sich nur selbst beim sprechen aufnimmt und dann anhört, wie "gut/echt" man klingt.
Als Extrembeispiel hat er dann ein Video eines Anime abgespielt, in welcher Chinesinnen in die Rolle jap. Seiyuu geschlüpft sind (alles auswendig bzw. jap. untertitel) und diese Rollen gesprochen haben. Ihr könnt mir glauben, wenn ich sage, dass das genauso echt klang wie von Japanern bzw. eine der chinesinnen arbeitet heute als Seiyuu für japanische (!) Anime.
Zum Ende zu hat er das Thema あいさつ angesprochen, was sich nicht übersetzen lässt, aber am ehesten Grußworte/Grußfloskeln bedeutet. Leider ging mir dieser Teil des vortrages aufgrund der Schnelligkeit verloren, da kann Nora sicherlich noch etwas dazu schreiben. Gemeint hatte er auf jeden Fall, dass man Grußfloskeln immer benutzen muss für ein anständiges Gespräch: aus Gründen der Höflichkeit und des Respekts. Er ist außerdem der Auffassung, dass man Japanisch nicht für sich selbst lernen darf, sondern weil man sich darauf freut, mit Japanern zu kommunizieren.
Lustigerweise hat er dann versucht, uns beizubringen, wie man einen Lehrer in Japan vor Unterrichtsbeginn begrüßen muss, das ist dann zu einer sehr lustigen Aktion geworden.
Der Schluss des Vortrages wurde begangen, indem er eine kurze Aufnahme von uns (für seine chin. Studenten) gemacht hat, indem wir alle 一緒に頑張りましょう rufen
Das war ebenfalls sehr lustig.
So, damit möchte ich meinen kurzen und unvollständigen Bericht abschließen. Ich werde jetzt noch ein paar Anekdoten nicht inhaltlicher Art hinzufügen sowie meine eigenen Gedanken zum gesamten Inhalt:
a) Kouji-sensei ist ein sehr lauter, guter und motivierender Redner. Er kann sehr gut die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und damit überzeugen. Um eine der Angestellten der Japanologie sinngemäß zu zitieren: "So eine Art von Vortrag und Vortragsstil haben wir alle noch nicht gehört." und das kann ich so nur unterschreiben. Wenn unsere Lehrer an unseren Unis und Schulen so wären, wir hätten deutlich weniger Probleme
b) Die ganze Veranstaltung war sehr, sehr lustig, vor allem die Aspekte, indenen Nora, unsere Dolmetscherin, Verständnisprobleme hatte
und als wir gelernt haben, wie man einen jap. 先生 begrüßen muss.
c) im Anschluss waren wir noch essen (zehn Leute) beim ITALIENER. Das ganze war recht spontan am Tag entschieden worden (als Dank^^). Gott sei Dank bin ich mitgegangen, es war aus meiner Sicht sehr erfreulich, wie zwanglos und wie unheimlich freundlich die Studenten und die jap. Lehrer/Angestellten sind. Der kurze Ausflug war recht international: wir waren beim Italiener, mit Deutschen, Japanern und Kouji-sensei hat sich einen französischen Elsässer-Flammkuchen bestellt
Mein Hauptproblem, den ich mit diesem Vortrag hatte, bezieht sich darauf, dass ich jetzt nicht weiß, welche Phrasen man einüben soll. Kouji-sensei MEINT NICHT, dass man gedankenlos den nächstbesten Text einfach wie ne Vokabel auswendig lernen soll. In diesem Fall wüsste der Lernende ja nicht, wann er diese Inhalte einsetzen muss.
Da ich (wie viele andere hier auch) alleine lerne (Selbststudium), habe ich nicht den besten Zugriff zu Ressourcen und Materialien und außerdem erklärt mir keiner, welche Phrasen (neben so recht einfachen sachen wie さようなら、こんばんは、こんにちは、初めまして!オリヴァ―です。宜しくお願い致します...) sehr wichtig in best. Gesprächssituationen sind.
Ich komme zu meinem eigenen vorläufigen Schluss, dass ich mit Dialogen und dortigen Phrasen am wenigsten falschmache (als z.B. so Beispielsätze wie aus dem DBJG) und werde das bei der nächsten Erin-Lektion einmal anwenden
Zum Schluss sei daraufhin hingewiesen, dass man sich stets mit gleichen Inhalten extrem oft und sehr regelmäßig auseinandersetzen muss, wenn man eine gute Sprechfähigkeit entwickeln will.
Ich danke für Eure Aufmerksamkeit!
Sethalak