RE: Koreanisch / Japanisch
Hierzu fällt mir das Stichwort "Genetische Linguistik" ein.
dazu ein kurzer Ausschnitt aus einem Artikel "Die Suche nach der Ursprache - ein Thema nicht nur für Linguisten" von Anna-Louise Rathje:
Der Genetiker Cavalli-Sforza
Zu diesen Ergebnissen der Archäologie passen wiederum gut die Ergebnisse der Genetik, bzw. der Evolutionsbiologie. In den 1950-er Jahren hatte der Genetiker Luigi Luca Cavalli-Sforza die Idee zu einem sehr ehrgeizigen Projekt: Er wollte den Ursprung der menschlichen Populationen rekonstruieren und ihre Verbreitungswege über die Welt nachvollziehen, um dann die Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb eines umfassenden Baumdiagramms darzustellen.
Um das zu erreichen, wollte er anhand genetischer Daten den Verwandtschaftsgrad heutiger Bevölkerungen messen. Die dahinter stehende These lautete: Gesetzt, alle Faktoren bleiben unverändert, müssen zwei Populationen sich genetisch umso mehr unterscheiden, je länger es her ist, dass sich die gemeinsame Ursprungspopulation aufgespaltet hat. Man nennt diesen Unterschied die "genetische Distanz". Die genetische Distanz lässt sich ermitteln, wenn man das Vorkommen bestimmter Gene innerhalb von Populationen vergleicht. Falls innerhalb dieser Populationen weder Mutationen am Erbmaterial auftreten noch Selektionskräfte von außen einwirken, so verändern sich trotzdem die genetischen Baukästen der Populationen durch Zufälle, was man als"genetischen Drift" bezeichnet. Cavalli-Sforza stellte fest, dass die genetische Distanz aufgrund des genetischen Drifts stetig wächst, so dass man die evolutionäre Entwicklung über heutige Gene rekonstruieren kann.
Er untersuchte zusammen mit seinem Kollegen Anthony W.F. Edwards die genetischen Datensätze, die "Genealogie", von mehr als 15 Populationen. Dabei wählten sie möglichst ursprüngliche aus, da in den modernen Gesellschaften der Großstädte sich die Populationen schon zu stark vermischt haben. Daraufhin errechneten sie die genetischen Distanzen, um einen genetischen Stammbaum aufzustellen. Die Ergebnisse stimmten verblüffend gut mit denen der Archäologie überein. Nach Cavalli-Sforza ist die genetische Distanz zwischen Afrikanern und Nichtafrikanern ungefähr doppelt so groß wie die zwischen Asiaten und Australiern und diese wiederum doppelt so groß wie die zwischen Asiaten und Europäern. Das entspricht den archäologischen Befunden, welche besagen, dass Afrikaner und Asiaten sich vor rund 100.000 Jahren getrennt haben, Asiaten und Australier vor ca. 50.000 Jahren und Asiaten und Europäer erst vor ungefähr 35.000 Jahren. Weitere Forschungsprojekte, unter anderem von Allen C. Wilson in Berkeley, stützen diese These. Dieser konnte sogar die genetische Linie bis zu einer einzigen afrikanischen Frau zurückberechnen, welche (übereinstimmend mit den Ergebnissen der Archäologie) vor ca. 200.000- 250.000 Jahren gelebt haben mag; ein Zeitpunkt, auf den man die entscheidende Aufspaltung der Hominiden in Richtung des modernen Homo sapiens datiert.
Genetische Linguistik? Konvergenz der Ergebnisse
Wie passen diese Ergebnisse nun mit denen der Sprachwissenschaftler zusammen? Cavalli-Sforza selbst hat seine Ergebnisse einem von Linguisten entworfenen Sprachenstammbaum gegenübergestellt und erstaunlich viele Ähnlichkeiten gefunden. Er erklärt diesen Zusammenhang mit Charles Darwin, dem Begründer der modernen Evolutionstheorie. Dieser hat in seinem Werk "Über die Entstehung der Arten" schon vor nunmehr über 100 Jahren erwägt, dass der enge Zusammenhang zwischen genetischer und sprachlicher Evolution in der Kultur zu suchen sei. Diese These vertritt auch der Kognitionswissenschaftler Merlin Donald in seinem Werk "A Mind so rare".
Cavalli-Sforza führt weiter aus: "Der genetische Austausch zweier Gruppen ist normalerweise um so intensiver oder spärlicher, je dichter beieinander beziehungsweise weiter entfernt sie leben. Für Sprachen gilt das gleiche. Sofern nicht wirklich trennende Grenzen existieren, sind die Übergänge eher fließend." Ob zwei Sprachen verwandt sind, hängt auch von der Distanz ab, die sie trennt, es sei denn, es sind keine real existierenden Grenzen da. Dass eine solche Erklärung allein nicht ausreicht, bemerkt auch Cavalli-Sforza und räumt zwei Ausnahmen ein: "Eine Population kann eine andere Sprache übernehmen und sie kann sich auch mit einer anderen vermischen."
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