RE: Kanji lernen und behalten 2?
Dann will doch auch mal was loswerden, und dazu vorher Anmerken, dass ich den Heisig auch zu Hause stehen habe, es mir ähnlich ging wie shinobi. Ich habe das Buch allerdings parallel zum normalen Lernen benutzt, dann aber bei ca. Nr. 1000 (wobei ich vorher auch schon eine großen Teil kannte) aufgehört habe, aber nicht, weil ich zu faul wurde, sondern weil mir nach vielem Überlegen einfach klar wurde dass die Methode - sagen wir mal - nichts für mich ist. Das ganz sture Pauken ist halt doch nichts für mich, ich will mein Wissen schon auch anwenden können, und dass so schnell wie möglich. Dazu möchte ich zunächst sagen, das ich es sehr unpassend finde die Heisigmethode mit Hilfe des Wortes "Fantasie" zu bewerben. Ich finde nicht, dass die Herausragende Besonderheit der Heisigmethode, diejenige ist, sich Bildergeschichten zu den Zeichen zu merken. Ich mache dass auch immer für Zeichen, die ich mir schwer merken kann und vergesse die dann hoffentlich auch nie wieder. Herr Heisig hat die Idee der Eselsbrücke ja schließlich nicht gepachtet. Die wahre Besonderheit der Heisigmethode ist ihre strikte Systematik, die dem Lernenden einen roten Faden vorgibt dem er zu folgen hat und an dessen Ende wie eben beschrieben nicht unbedingt das Nirvana befindet, sondern man sich eigentlich immer noch am Anfang der Reise befindet, nur dass man sie im folgenden ein wenig schneller angehen kann. Wenn man den Aspekt der Bildergeschichten wegnimmt bleibt ein staubtrockenes und stahlhartes Gerüst übrig, um dass sich jegliche Kritik an der Heisigmethode eigentlich dreht. Demnach ist meiner Meinung nach die Heisigmethode für diejenigen gedacht die eine starke Hand suchen, die sie in die Welt der japanischen Schriftzeichen führt, weil sie zu schwach (eigentlich zu unerfahren mit der Materie) sind den Weg alleine zu gehen. Ich werde generell auch gerne geführt, und dass ist ja auch richtig, schließlich weiß man als Anfänger nicht worauf es ankommt, allerdings war mir Heisigs Händedruck dann doch etwas zu fest, und ich habe mich irgendwann losgerissen.
Was ich der Heisigmethode zugestehen möchte, ist das die Idee der Bildergeschichten sozusagen per Gesetz auf alle Kanjis angewendet werden muss, und man sie so generell vielleicht gründlicher lernt. Da man beim Erlernen einiger Kanjis evtl. grundsätzlich keine Bildergeschichte braucht, das Kanji WENN MAN ES DANN LANGE NICHT BENUTZT aber doch irgendwie wieder verloren geht, stellt die durch die Heisigmethode auf jedenfall vorhandene Geschichte einen Notfallanker dar. Für "den täglichen Einsatz" sind die Geschichten jedoch nicht nötig, sondern Ballast der mit hoher Wahrscheinlichkeit sowieso nach langjährigem Kontakt mit der japanischen Sprache wieder abgeworfen wird. Ich kann noch lange nicht so gut lesen wie ein Japaner, und das werde ich vielleicht auch nie schaffen (ein gleichaltriger Japaner, dem ich ja dann gegenüber zu stellen wäre, hat halt leider ein paar Jährchen Vorsprung), aber jedem der ein bisschen nachdenkt sollte klar sein, dass man beim Lesen von Texten gar nicht mehr auf einzelne Kanjis guckt, sonder auf Wörter oder ganze Textabschnitte. Je geringer die Schwierigkeit des Vokabulars und je weiter der Leser in der Sprache fortgeschritten ist, desto größer werden die Abschnitte die man sozusagen auf einen Blick erfasst. Schwierigkeit, bzw. Leichtigkeit ist hier eigentlich gleichzusetzen mit der Häufigkeit, mit der man die Vokabel (und das muss kein einzelnes Wort sein) bereits in seinem vergangenen Leben gelesen hat. Aber dazu muss ich nicht viel sagen, den das ist allgemein bekannt. Wie weit das gehen kann, kann man ja in Bikkuris Bemerkung zu den Bunkobon lesenden Japanern nachlesen. Hier wird übrigens auch ein weiterer Aspekt der mich an der japanischen Sprache (bzw. allgemein an ideographischen Sprachen) so fasziniert ist die durch die Kanjis ermöglichte Informationsverdichtung, die ein Lesen mit einer Geschwindigkeit (= abstrakter Inhaltsbegriff pro Zeitheinheit) überhaupt erst ermöglicht!
Worauf ich hinaus will ist, dass auch wenn es für den Anfänger fast unfassbar klingt, auch die Kanji bzw. die Kanjikomposita bzw. japanische Texte mit einer Geschwindigkeit gelesen werden können wie wir es von deutschen Texten gewohnt sind. Hier ist anzumerken, dass diese für die Erfassung des Inhaltes auch so schnell gelesen werden können müssen! Aus eigener Erfahrung kann ich bloß vermuten, dass meine Hirn, wenn in einem Text zu viele schwere/seltene Kanjis vorkommen, einfach zu viel Kapazität auf die bloße Entschlüsselung des Geschriebenen verwenden muss, so dass für das kontextuelle Begreifen einfach nix mehr übrig bleibt.
An diesem Geschwindigkeitsmaßstab sollte man sich orientieren und einsehen, dass die Bedeutung eines einzelnen Kanjis oder dessen Lesung, bzgl des normalen Alltagswortschatzes so gut wie keine Bedeutung hat. Eine Schlussfolgerung daraus ist, dass Heisig ein ANFÄNGERBUCH ist, und auch sein muss. Denn diese Lesefähigkeit kann einem auch kein Heisig vermitteln, sondern das schafft man nur durch üben, üben, üben, und wem das zu hart klingt, lesen, lesen, lesen, was ja wohl echt ne angenehme Betätitgung ist. Um den Stein des Anstoßes nun ins Rollen zu bringen, hier wird immer so getan, als gäbe es die langweiligen Normalos, die die Kanjis durch ewiges Wiederholen und trübes Pauken lernen, und die hippen Heisigianer (hat schon manchmal was Sektenhaftes) die dieser fiesen Sprache ein Schnippchen schlagen und mit Köpfchen im handumdrehen das Problem aus der Welt schaffen.
Ich hoffe kein Heisig-Jünger ist so blöd zu denken, er hätte nach Durcharbeiten des Buches, egal ob in 1-2Jahren nebenbei oder in 3Monaten intensiv, auch nur annähernd die Kanjifähiglkeiten von jemandem der das ganze schon seit 6 Jahren auf die Normaloart macht. (dass dem nicht so ist, darauf hat ja bspw. auch Herr Rauther in einem seiner Posts hingewiesen...finds grad nicht mehr) Ich verstehe deswegen auch die Kritik von atomu sehr gut. Heisig ist kein Ansatz die Kanji zu beherrschen, sondern es geht lediglich darum den Fuß in die Tür zu kriegen. Die Besonderheit von Heisig ist, dass der Schuh an dem Fuß ein wenig zu groß ist. Ob man damit später auf lange Sicht schneller laufen kann bleibt ungeklärt.
Das Heisig Buch zu kennen, nicht es durchgearbeitet zu haben ist außerdem ein Bedingung um darüber zu diskutieren, allerdings lediglich eine hinreichende. Eine notwendige Bedingung das Buch im Hinblick auf das Erlernen der Kanjis zu kritisieren ist allerdings ein Japanischlevel erreicht zu haben, wie es viele "alte Hasen" haben.
Schlusswort, meiner Meinung nach scheiden sich die Geister nicht an der Methode des Kanjilernens, denn um sie wirklich zu können gibts bloß einen Weg, und an dem will hoffentlich keiner der den Heisig benutzt hat vorbei, nämlich die Sprache zu benutzen, bzw. zu lesen. Worüber gestritten werden kann ist die Methode des Einstiegs. Hier stehen sich allerdings nicht langweilige Normalos und kreative Heisigianer gegenüber sondern solche, die einen strengen Leitfaden brauchen, und bereit sind viel auswendig zu lernen, und dieses Wissen zu erhalten mit dem Bewusstsein, dass Gelernte erst sehr viel später tatsächlich benutzen zu können, und solche die es lieber Stück für Stück machen, dafür länger brauchen bis sie alle Jouyous können, diese aber im Gegensatz zu den Heisigianern zu dem Zeitpunkt an dem die Tat vollbracht ist, aber auch zum größten Teil bereits fließend lesen zu können!
Entschuldigt Rechtschreibfehler oder etwas unsinnige Sätze. Kann jetzt nicht nochmal drübergucken sonst komm ich zu spät!
Cheers
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