Ich weiss nicht, wohin ich den Beitrag schreiben soll: Hierher, oder "Kampf gegen das Vergessen?"
Ich bin nicht erstaunt über diese Diskussion und dieses Buch.
Es ist ein bisschen das Spiegelbild unserer Gesellschaft: "schnell, schneller, am schnellsten !!!"
Als ich anfing, Japanisch zu lernen (autodidaktisch, weil billig), war ich sehr stolz, als ich ca. 100 Sätze aus dem FF konnte, ein Lehrbuch komplett durchgearbeitet habe, Hiragana, Katakana waren kein Problem und Kanji konnte ich ca. 200 und vielleicht 500 erkennen (nach ca. 1 Jahr).
Gut vorbereitet bin ich nach Japan zu meiner Brieffreundin und bekam dort gleich in den ersten 2 Tagen Schock und Ernüchterung: Die Japaner konnten mich (oft) nicht verstehen (Aussprache und Betonung), und ich sie viel öfter nicht! Ich verstand die Welt nicht mehr, denn ich hatte auf diese Art und Weise auch Italienisch gelernt und hatte keine Probleme.
Die Reise war sehr schön, jedoch habe ich mich dann nach meiner Rückkehr in die Sprache quasi "verbissen": 2 Kurse in Bochum, und dann viele Stunden mit einem Privatlehrer.
Viele Sinneneindrücke mit Japan und Japanern, die irgendwie auf meiner Seele drückten, wurden mir bewusst, als ich einen Kalligraphiekurs bei der Mutter einer Freundin machte:
Ich sollte die ganze Zeit (!!!) nur あ schreiben, bis ich meinte: "Ich habe keine Lust auf Hiragana, die kann ich schon seit einem Jahr!" Worauf sie meinte: "Du meinst vielleicht, du kannst sie, aber ich sehe ja, dass du sie noch nicht kannst. Du kannst keine Kanji lernen, wenn du noch nicht einmal die Grundlagen beherrschst!" Um es kurz zu machen: Ich habe es anfangs nicht verstehen wollen, da ich schnell Lesen, Schreiben, Sprechen und Verstehen wollte.
Die selbe Person sagte mir: "für ein Jahr lernen ist es doch schon ganz gut! Aber: warum muss denn alles so schnell gehen? Dein Leben ist doch in 10 Jahren nicht zu Ende. Der schnelle Weg ist nicht immer der empfehlenswerte!" (Den genauen Wortlaut habe ich nicht mehr).
Ich kenne Fans der "Symbol"-Methode nach Heisig. Einer hat sogar behauptet, alle 2000 Zeichen in 3 Monaten gelernt zu haben. Es hat's mir damals in Bochum auch bewiesen. Ich glaube schon daran, dass es geht, sich so viele Zeichen in kurzer Zeit einzuprägen. Ob es empfehlenswert ist, so vorzugehen - dazu erlaube ich mir kein Urteil!
Warum benutzen Japaner diese Methode nicht, falls sie wirklich eine revolutionäre Methode ist? Dazu erlaube ich mir auch keine Meinung, weil ich es nicht weiß. Vielleicht ist die Methode revolutionär und man lernt schneller. Ich hätte es vielleicht anfangs mit den 2 Büchern gemacht, aber bisher hat mir kein Japaner etwas dazu gesagt, es ist ihnen offenbar zu bizarr.
Ich hatte mich nach all den Eindrücken und vielem Hin- und Her zum traditionellen Weg entschlossen. Ich habe mir dicke Bücher besorgt und pinsele die Zeichen seitenlang. Erst jetzt erkenne ich, dass meine Lehrerin recht hatte: man schreibt ganz anders, wenn man vorher Art der Striche, Länge etc. gelernt hat.
Daneben lese ich Bücher für das jeweilige Alter oder mit ausreichend Furigana. Ich bin jetzt nach 6 Jahren (einen Job habe ich ja auch noch!) bei ca. 1200 - 1500 angekommen und pinsele immer noch wöchentlich.
Bikkuri hat Recht, dass es einem auf diese Art und Weise in Fleisch und Blut übergeht.
Wenn es jemand mit den beiden Büchern schafft, in der Hälfte meiner Zeit die Sprache zu beherrschen, dann freue ich mich wirklich für ihn, da kenne ich keinen Neid.
Ich würde im Nachhinein allerdings wieder den gleichen Weg wählen, es ist kein schneller, aber ein schöner Weg.
Darüber kann der eine oder andere jetzt gerne lachen.