Japanologie in Erlangen: ein kleiner Leitfaden für den Einstieg
Hi! Ihr seid also die zukünftigen Studenten der Japanologie in Erlangen? Super! Dann erklär ich euch mal, was es denn mit dem Studium so auf sich hat, damit ihr für den Anfang nicht GANZ so ins kalte Wasser geworfen werdet. Ich selbst bin momentan im zweiten Semester und will euch einfach einen Einblick über den Beginn des Japanologiestudiums geben
Wenn du auf diesen Leitfaden geklickt hast, dann wirst du dich wahrscheinlich schon vorher mit dem Gedanken Japanologie zu studieren beschäftigt haben. Wenn du jetzt aber so gar keinen Plan hast, was dich in der Uni erwarten wird, hier mal ein kleiner Überblick!
Gut, dann fangen wir mal mit den einfachsten Fragen an.
Warum sollte ich Japanologie studieren?
Japanologie ist grundsätzlich erstmal ein Studium, das man aus reinem Interesse studieren will. Wenn ihr euch erhofft, dass ihr damit später mal den Job bei Nintendo erhaschen könnt, muss ich euch leider enttäuschen. Das Studium alleine wird euch höchstwahrscheinlich nur als Zusatzqualifikation im Job helfen, deswegen solltet ihr als Zweitfach etwas studieren, das euch in die richtige Richtung bringt.
Japanologie ist aber der perfekte Weg, etwas über dieses für uns Europäer doch fremde Land mehr zu erfahren. Ihr werdet im Verlauf des Studiums verschiedene Teilbereiche des Landes besprechen, unter anderem Geschichte und Theater.
Lerne ich denn auch fließend japanisch zu sprechen?
Ich behaupte mal, dass die Sprachausbildung in Erlangen eine der komplexesten in ganz Deutschland ist. Das bedeutet aber im Rückschluss auch, dass ihr nicht mit dem Lernen hinterherhängen dürft. Wenn ihr euch reinhängt, dann habt ihr in Erlangen durchaus die Chance, sehr gutes Japanisch zu lernen.
Und jetzt kommt die Frage, die ihr
jedes Mal hören dürft, wenn ihr euer Studium ansprecht:
Und was macht man dann damit?
Inzwischen habe ich mich dazu entschieden, jedem, der diese Frage stellt, folgendes zu antworten:
„Damit ich später das Recht habe, einen süßen Japan-Sticker auf mein Taxi kleben zu können.“
Bei der Kreativität der Antwort habt ihr natürlich freie Wahl.
Aber jetzt mal ernsthaft: Japanologie ist ein sogenanntes berufsqualifizierendes Studium. Das bedeutet, dass ihr damit zwar für mehr Berufe in Frage kommt, die aber so weit in verschiedene Sparten gefächert sind, dass es unmöglich ist, genaue Aussagen zu tätigen. Im Endeffekt müsst ihr selbst entscheiden, was ihr machen wollt. Am besten sucht ihr euch dann das Zweitfach nach eurem Traumberuf aus.
Ist Japanologie für mich wirklich das richtige?
Wenn man schon vor dem Studium große Zweifel daran hat, ob man wirklich Japanologie studieren soll, dann ist es wahrscheinlich besser, es nicht zu tun. Alle meiner Mitstudierenden, die die Prüfung des ersten Semesters bestanden haben, sind mit Herzblut am Ball geblieben. Das schließt aber nicht aus, dass ihr trotz ausreichender Motivation einfach nicht für dieses Studium geeignet seid. Ich kenne genug Leute, die hart dafür gearbeitet haben, durchzukommen, aber letztendlich entweder abgebrochen haben oder die Prüfung herauszögern.
Zu den Prüfungen an der FAU in Erlangen gibt es noch was zu sagen, aber das mach ich später, wenn es um die Prüfungen des ersten Semesters geht.
Als nächstes erkläre ich euch, wie der Unterricht in Erlangen abläuft.
Diese Aussagen beziehen sich auf das Wintersemester 17/18, falls es Änderungen geben sollte, bin ich dafür nicht verantwortlich.
Der Sprachkurs an der Japanologie in Erlangen ist anwesenheitspflichtig. Ihr dürft 3 mal unentschuldigt fehlen, beim 4. mal müsst ihr ein Attest vorlegen. Unsere Dozenten behalten es sich vor, euch bei zu häufigem Fehlen oder bei zu schlechten Leistungen aus der Teilnehmerliste zu streichen und euch nicht zur Prüfung zuzulassen.
Ihr habt ganz am Anfang eine Einführungsveranstaltung.
Geht da hin – ihr werdet euch da in eine Liste eintragen nach der dann die Kurse aufgeteilt werden. Dort stellen sich dann auch die Dozenten und Professoren vor.
Später beginnt dann langsam der Unterricht, wir hatten am selben Tag der Einführung schon die erste Geschichtsvorlesung.
Da wir schon dabei sind, fangen wir mit einem der Herzstücke der Japanologie an: die Geschichtsvorlesung. In einem Modul namens „Geschichte und Kultur Japans“ werdet ihr einen groben Überblick über die Geschichte Japans erhalten. Sowohl mythologisch als auch historisch-kulturell werdet ihr alles Wichtige über Japan hin geklatscht bekommen, was ihr für den Anfang wissen solltet. Für die meisten ist der Geschichtskurs das einfachste im ersten Semester, da ich aber total schlecht in Geschichte bin und es auch schon immer war, ist mir das tatsächlich am schwersten gefallen. Am Ende hatte ich eine 3,3 aber zur Benotung kommen wir später. Zu Geschichte gibt es dann noch ein Seminar namens „Einführung Studium“. Hier lernt ihr, wie die Japanologie arbeitet, was genau die Japanologie ist und noch mehr Grundlagen zur japanischen Gesellschaft und wie sie sich auf die Japanologie auswirkt. Diese Lehrveranstaltung hat in der Prüfung aber nur den kleineren Teil.
Der nächste große Teil ist das, was den meisten Japanologen die größten Schwierigkeiten gemacht hat: der Sprachkurs. Hier bekommt ihr von japanischen Dozenten Unterricht, lernt also authentisches Japanisch. Ihr lernt die Grundlagen der japanischen Schrift und Grammatik.
Wie bestimmt schon einige wissen, besteht die japanische Sprache aus 3 Schriftsystemen, die da lauten: Hiragana, Katakana und Kanji. In den ersten 2 Wochen werdet ihr auf Hiragana und Katakana getrimmt. In Woche 3-4 geht es dann mit Kanji los.
(PSST! Geheimtipp: Lernt am besten schon vor dem Studium Hiragana und Katakana, das ist nicht nur offiziell empfohlen um den Einstieg leichter zu gestalten, sondern bereitet euch auch schon mental darauf vor, teilweise abstrakte Formen auswendig zu lernen.)
Am Anfang gibt es einige kleine Zwischentests, die zwar bepunktet werden, aber nicht in die Note einfließen. Ihr schreibt einen Hiragana-Test, bei dem ihr lateinische Umschrift in Hiragana umschreiben müsst; einen Katakana-Test, bei dem ihr lateinische Umschrift in Hiragana und Katakana umschreiben müsst und zwei Kanji Tests. Bei einem müsst ihr nur die deutsche Bedeutung der Zeichen wissen, beim anderen dann alle Lesungen der vorgegebenen Kanji. Es gibt einen Grund, warum alle meinen, man soll das nicht unterschätzen, denn sobald ihr mit Kanji anfangt, fangt ihr auch richtig schnell an. Ihr macht im Unterricht direkt erstmal um die 143 Grundzeichen (Zeichen wie 日、火、糸) durch, die euch später beim Lernen immer wieder begegnen werden. Wenn ihr nicht in der Lage seid, so viele Kanji in kurzer Zeit zu lernen, wird euch empfohlen, das Studium sein zu lassen. Ob ihr diesen Ratschlag befolgt oder nicht ist dann euer Ding. Der Sprachunterricht ist in 3 Teile aufgegliedert: Lesen und Schreiben, Grammatik, und Sprachaktivierung.
In Lesen und Schreiben macht ihr genau das, was ich euch oben erklärt habe. Ihr lernt die drei Schriftsysteme in und auswendig, indem der Dozent auf eine Folie die Zeichen vorzeichnet und ihr diese dann nachzeichnet. Das mag am Anfang sehr repetitiv klingen… ist es auch.
In Grammatik lernt ihr quasi das praktische Japanisch, macht Übungen aus dem Buch und einem Script, das ihr am Anfang des Semesters für 6€ ersteht.
In Sprachaktivierung macht ihr meistens Übungen, bei denen ihr Sätze vervollständigen müsst und in Partnerarbeit geht ihr dann Konversationen durch.
An sich war das auch schon alles, was ihr im ersten Semester machen werdet. Damit ihr wisst, was euch niveautechnisch erwartet, hier mal ein Text, den ihr Lesen, verstehen und übersetzen können müsst.
Alles in allem lernt ihr im ersten Semester ca. 400 Kanji, wobei von euch auch verlangt wird, dass ihr diese Zeichen in Komposita, also Wörter mit mehr als einem Kanji, verwenden könnt. Wenn man die zusammenzählt, kommt man auf eine Vokabelliste mit um die 1000 Einträgen. Aber das schafft ihr doch sicher in 4 Monaten Vorlesungszeit, oder? An sich ist es aber relativ leicht, zu sagen, welche Komposita in der Prüfung abgefragt werden könnten.
Dann kommen wir doch gleich zu den Prüfungen.
Etwas Allgemeines zu den Prüfungen: an der FAU gilt der uniweite Standard von 60% um eine Prüfung zu bestehen, sofern es nicht anders geregelt ist. Das heißt, dass ihr 60/100 Punkten haben müsst, um eine 4,0 zu erhalten und zu bestehen. Zudem gibt es hier die sogenannte „Grundlagen- und Orientierungsprüfung (GOP)“. Einige Lehrveranstaltungen aus den ersten beiden Semestern werden hier dazugezählt. Diese Prüfungen dürft ihr nur einmal wiederholen. Wenn ihr ein GOP-Modul endgültig bis zum 3. Semester nicht bestanden habt, dann wird dieser und ähnliche Studiengänge für euch gesperrt und dürft diesen nicht mehr studieren. In Japanologie fallen die Module „Sprachkurs Japanisch 1“, „Grundlagen Japanologie 1“ und „Grundlagen Japanologie 2“ in die GOP. Das bedeutet, dass ihr diese 3 Prüfungen bis zum 3. Semester bestanden haben müsst. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss auch, dass ihr zwar „Sprachkurs Japanisch 1“ im nächsten Wintersemester wiederholen könnt und zur Prüfung nicht sofort antreten müsst, jedoch „Grundlagen Japanologie 1“ im ersten Semester bestehen müsst, weil ihr sonst nicht zu „Grundlagen Japanologie 2“ zugelassen werdet und dann keine Zeit mehr habt, um das GOP zu bestehen. Bitte achtet darauf, alle Prüfungen rechtzeitig zu bestehen.
Ihr werdet im ersten Semester voraussichtlich 3 Prüfungen in Japanologie antreten müssen. Eine in Geschichte/Kultur Japans und jeweils eine schriftliche und mündliche im Sprachkurs.
Die Klausur in Geschichte/Kultur war bei uns 6 Fragen lang. Folgende Fragen wurden gestellt:
Fragenblock 1: Einführung Studium
Nennen Sie die ersten beiden Wissenschaftler, die nach Japan gekommen sind, um Aufzeichnungen anzufertigen. (2 Punkte)
Was ist der Unterschied zwischen furigana und ateji ? (2 Punkte)
Was war Japonismus? (2 Punkte)
Fragenblock 2: Geschichte/Kultur Japans
Wie wurde das politische und gesellschaftliche System in der Edo-Periode stabilisiert? (Tipp: sankinkōtai) Nennen Sie 2 Maßnahmen! (8 Punkte)
Was war die Meiji-Restauration und warum kann man von einer Restauration sprechen? (8 Punkte)
Was waren die 2 Phasen der Besatzungspolitik der USA in Japan nach dem 2. Weltkrieg und was waren deren Ziele? (8 Punkte)
Ihr seht, die Fragen sind so gestellt, dass man sie recht oberflächlich bearbeiten kann. Wer sich für Geschichte interessiert wird hier keine großen Probleme haben. Für die Klausur habt ihr 60 Minuten Zeit.
Der Sprachkurs wurde sowohl mündlich als auch schriftlich geprüft. Die mündliche Prüfung besteht aus 3 Teilen: eine Intonations-Aufnahme, die ihr während des Semesters abgeben müsst (30%), ein Aufsatz-Interview, bei dem ihr Fragen zu einem vorher geschriebenen Aufsatz gestellt bekommt (30%) und ein Vorlesetest, bei dem ihr die Texte aus allen 8 Lektionen des Buches lesen können müsst (40%).
Für die Aufnahme bekommt ihr als Ergebnis einen Zettel, auf dem die zu lesenden Texte gedruckt sind. Dort sind dann alle Stellen vermerkt, bei denen ihr einen Fehler gemacht hattet. Ich hatte 79/100 Punkten, kenne aber auch jemanden mit 89 und auch sehr viele Menschen, die unter 60 hatten.
Im Vorlesetest werdet ihr in das Büro von einem der beiden Dozenten gebeten, dort zieht ihr dann zufällig einen Zettel auf dem jeweils 3 Texte stehen, von denen ihr dann eine bestimmte Stelle vorlesen sollt. Pro Fehler werden euch 2,5 Prozent abgezogen.
Im Aufsatz-Interview sollt ihr ein Gespräch mit den Dozenten führen, die euch Fragen zu eurem Aufsatz stellen. Unser Thema war „Meine Heimat“. Es ist sehr kontraproduktiv, ein-Wort-Antworten zu geben. Ein einfaches hai oder iie genügt nicht. Bei dieser Prüfung haben wir nicht gesagt bekommen, wie wir abgeschnitten haben, aber als Endnote hatte ich mündlich eine 1,3. Bei dem ganzen Stuss den ich von mir gegeben habe gehe ich davon aus, dass es nicht darauf ankommt, was genau ihr sagt, sondern dass ihr grammatikalisch korrekte Sätze formen könnt.
Somit kommen wir zur Königsdisziplin: die schriftliche Prüfung.
Das ist der Teil, vor dem viele leidende Seelen Angst hatten
Ihr habt 2 Stunden Zeit, um eine Fülle an verschiedenen Aufgaben zu erledigen.
Die Klausur ist ungefähr nach folgendem Beispiel aufgebaut:
Textbearbeitung: Hier bekommt ihr einen rein-japanischen Text vorgelegt. Bei uns handelte der Text davon, dass man mit Freunden den Zoo seines Onkels besucht hat, wie man dorthin gekommen ist und was man dort gesehen hat.
Beispielsatz:
それで(1)私は友人で(2)私のおばさんの仕事場にいきました(a)。
1. Funktionen der Joshi (Partikel) im Text bestimmen: was sagt zum Beispiel das で im Satz oben aus [(1) und (2) haben jeweils eine verschiedene Funktion]
2. Übersetzen sie den Text
3. Schreiben Sie die Verben mit Kanji in der desu-masu Form, und dann mit Hiragana in der Grundform, Verneinungsform sowie Vergangenheitsform in der da-dearu-Form:
Beispiel (a): 行きます、いく、いかい、いった
Wir hatten in unserer Prüfung relativ leichte Kanji, das bedeutet aber nicht, dass es in jeder Prüfung so sein muss! Verglichen mit anderen Unis konnte ich nach dem ersten Semester schon Aufgaben lösen, die manche im 3. Semester haben.
4.1 Schreiben Sie das Datum „Freitag, 20.01.2017“ vollständig (nicht etwa 二〇一七) auf Japanisch auf.
Alles Kanji: 二千十七年一月二十日、金曜日
Alles Hiragana: にせんじゅうななねんいちがつはつか、きんようび
4.2 Schreiben Sie die Zahl „138548637“ auf Japanisch
Kanji: 一億三千八百五十四万八千六百三十七
Hiragana: いちおくさんぜんはっぴゃくごじゅうよんまんはっせんろっぴゃくさんじゅうなな
5. Fragen zur Landeskunde: hierfür müsst ihr den Inhalt der Buchtexte zur Landeskunde beherrschen, sowohl auf Japanisch als auch auf Deutsch!
6. Fragen zur Grammatik
7. japanische Sätze ergänzen und übersetzen
8. Satzfunktionen bestimmen und übersetzen
9. Sätze ins Japanische übersetzen
10. Wörter in Kanji umschreiben
11. Komposita-Typen bestimmen
12. Ein-Satz-Diktat: unser Dozent wiederholt diesen Satz nur einmal, das ist schwieriger als man glaubt
Und wenn ihr das alles durchgearbeitet habt, dann seid ihr mit der Prüfung fertig. Das mag jetzt vielleicht etwas nach Overkill klingen, aber wenn ihr euch so reinstresst wie ich seid ihr nach der Hälfte der Zeit fertig und habt genug Zeit um alles zu verbessern.
Das schlimmste an der ganzen Sache für mich war, dass der Sprachkurs mit der Faktor Modulnote 0 bewertet wird, was bedeutet, dass die endgültige Note nicht ins Bachelorzeugnis einfließt. „Grundlagen Japanologie 1“, also Geschichte/Kultur Japans hat jedoch den Faktor 1, also zählt die Note zu 100% ins Zeugnis, weswegen ich jetzt auf einer 3,3 stehe :/
Aber des einen Leid, des anderen Freud; wenn ihr also im Sprachkurs nicht so gut abgeschnitten habt, dann wird euch das im ersten Semester nicht einberechnet- was nicht heißen soll, dass ihr euch weniger Mühe geben solltet.
Das wars auch schon wieder für diesen Leitfaden. Wenn ihr weitere Fragen zum Unileben an der FAU habt, stellt sie unter diesen Thread!