(05.02.14 17:21)Woa de Lodela schrieb: Du wirst lachen, aber genau das trifft auf viele Leute zu, die Japanologie studieren wollen. Es geht dann wirklich um das Studium an sich, nicht um die Berufsperspektiven. Da reichen dann die üblichen Beschwichtigungen à la "man findet schon Arbeit, als Lektor, oder in internationalen Unternehmen" um nicht weiter über das leidige Thema der Berufswahl nachzudenken. Auch der Einwand "die meisten finden dann zwar Arbeit, aber die hat häufig gar nichts mehr mit Japan zu tun" (den man auch von Uni-Seite zu hören bekommt) hält sie nicht davon ab. Du siehst, es geht hier in erster Linie eben nicht um den späteren Beruf.
Aber Japanologie ist doch nun bei weitem nicht das einzige Fach, bei dem das so ist. Das Gros der Geisteswissenschaften ist eben nicht darauf ausgelegt, auf irgendeinen bestimmten Beruf vorzubereiten und eigentlich sollte das den meisten Leuten, die das studieren, auch bewusst sein. Ich jedenfalls studiere ganz bestimmt nicht deshalb Japanologie, weil ich glaube, damit einen Job in der "Japanologiebranche" zu bekommen und ich kenne auch fast niemanden, der das Fach im Glauben, seine Berufschancen damit zu erhöhen, angefangen hat. Für mich ganz persönlich ist das ein Interessen- und Selbstfindungsstudium. Es wäre schön, wenn ich irgendwie im Wissenschaftsbetrieb damit bleiben könnte, aber ich schmeiße mich sicher nicht vor den Zug, wenn das nicht passiert, weil es einfach auch zu unwahrscheinlich ist. Auch in meinem Bekanntenkreis im Fach haben die meisten Vorstellungen, was sie damit machen wollen, die dann im Wunschdenken natürlich mit Japan zusammenhängen, wo man aber schon absehen kann, dass es solche Jobs auch ohne Japanbezug gibt und die wahrscheinlich gar nicht so total unrealistisch sind.
Die berufliche Positionierung außerhalb des Wissenschaftsbetriebs geschieht nun mal in diesen ganzen Fächern viel eher durch Praktika oder Nebenjobs. Und klar, die müssen nicht unbedingt irgendetwas mit Japan oder Japanisch zu tun haben. Natürlich gibt es Unternehmen, wo das dann doch irgendwie der Fall ist, aber auf Biegen und Brechen nach so etwas zu suchen, ist wahrscheinlich in den meisten Fällen nicht sinnvoll. Es gibt auch viele Felder, in denen man eine Chance haben kann, an die man vielleicht gar nicht denkt. Mein Nebenjob gerade ist etwas, wo man wohl BWLer erwarten würde und keine Geisteswissenschaftler, ich wurde dafür aber trotzdem genommen und kann dafür eben BWL-nahe Berufserfahrung sammeln.
Hellstorm schrieb:Du weißt aber schon, dass man im Japanologiestudium nicht wirklich die „Kultur“ Japans kennenlernt? Da musst du dann Hausaufgaben über die Frauenbewegung in der Muromachi-Zeit schreiben, aber insbesondere von der gegenwärtigen japanischen Kultur bekommt man dort in der Regel nicht viel mit.
Das kann man meiner Meinung nach so nicht pauschalisieren, weil es sehr stark abhängig davon ist, wo die Forschungsschwerpunkte der Profs liegen. Es gibt da durchaus auch viele, die die moderne Gesellschaft und Kultur untersuchen und natürlich auch darüber Seminare halten und dann geht es vielleicht eher um die Frauenbewegung jetzt als die in der Muromachi-Zeit oder auch die Darstellung gesellschaftlicher Probleme in einer Drama-Serie oder was weiß ich. Man sollte sich aber definitiv
vor Antritt eines Japanologie-Studiums darüber informieren, was an der Uni, an die man dann gehen würde, denn überhaupt gemacht wird. Das kann eben je nach Uni extrem unterschiedlich ausfallen und Leute, die sich nicht genug informiert haben, sind dann oft nicht glücklich.
(06.02.14 20:38)Woa de Lodela schrieb: Das Ding ist halt, dass die meisten Japanologen nur miserabel Japanisch sprechen und verstehen.
Das lese ich hier immer wieder und ich verbreite das zum Teil sogar selbst, weil es als Aussage einfach so krass präsent ist, aber um ehrlich zu sein frage ich mich häufig, was ihr eigentlich für Leute kennt? Wenn ich Leute, die im Bachelor die Sprachkurse gerade so mit Müh und Not bestanden und dann nach dem Bachelor auch nicht mehr (im Fach) weiterstudiert haben, mal ausschließe, fällt mir da eigentlich fast keiner ein, dessen Japanisch ich als miserabel bezeichnen würde. Aus meiner Generation jetzt natürlich, bei den Menschen 20 Jahre vor mir kann das vielleicht anders aussehen. Dass ich die eine genannte Personengruppe rausrechne, liegt daran, dass die wohl im System vor Bachelor und Master nie bis zum Magister gekommen wären und daran, dass auf den Dozenten an der Uni im Bachelor oft ein gewisser Druck liegt, die Leute irgendwie durchzuschleifen, sodass da viele fertig werden, die man wirklich nicht als "Japanologen" (oder Germanisten oder sonstwas) bezeichnen kann. Vermutlich würden die sich auch selbst nicht so bezeichnen.