Ich danke allen, die sich hier so lieb an der Bewältigung meines Schocks beteiligen. Ja, Sartre klingt gut... Vielleicht hilft das... Ich werde's mal probieren.
Ansonsten finde ich v. a. auch Atomus
Zitat:Was mich betrifft: Ich könnte niemals länger als ein Jahr in Japan leben.
sehr spannend. Was nämlich MICH betrifft, so
werde ich ab Oktober ein ganzes Jahr in Japan leben. Und das deshalb, weil ich Anfang des Jahres das 'Glück' hatte, für ein Ein-Jahres-Stipendum für das Studium in Japan auserwählt worden zu sein... Damals habe ich mich noch rückhaltlos darüber gefreut... aber das war auch vor meinem 'Schock'. Mittlerweile gehe ich mit gemischten Gefühlen:
Natürlich freue ich mich riesig darauf, viel mehr von dem Land kennenzulernen und die Chance zu haben, intensiv am Ausbau meiner Sprachkenntnisse arbeiten zu können. Natürlich ist es toll, alles aus erster Hand zu erleben, "dagewesen" zu sein, alles angefaßt zu haben etc.
Aber andererseits bewegen mich zur Zeit eben auch Gedanken, wie:
- Nicht über politische Themen reden.
- Nicht über den Krieg reden.
- Nicht über Koreaner, Burakumin etc. reden.
- Verschiedene Gesellschafts-Themen meiden.
- Daran denken, daß Mann und Frau lediglich auf dem Papier gleichberechtigt sind.
- Dem älteren Gegenüber recht geben, ganz gleich, wie wenig man seine Ansichten teilt.
- Nicht die Hand beißen, die einen füttert.
- etc.
Mangus schrieb:
Zitat:Im Ausland muß man sich bemühen sich an die Kultur der Anderen anpassen - genau das verlange ich auch von einem Ausländer in Deutschland. Kommt man dann wieder, hat sich auch das eigene Wertesystem verändert.
Nun, natürlich muß man sich der "Kultur" des Gastlandes anpassen. Aber gehört dazu auch, daß ich mein Wertesystem leugnen muß und Werte zu übernehmen habe, die meinen eigenen genau widersprechen? Mangus' letzter Satz läßt so etwas vermuten. Natürlich betreibt man (also auf jeden Fall "betreibe ich") Kulturstudien AUCH zu dem Zweck, die eigene kulturelle Bedingtheit besser verstehen zu lernen. Und in diesem Zusammenhang ist es nur natürlich, daß man Erlebnisse hat, die zum Muster "Oh, das habe ich ja bis jetzt gar nicht gemerkt! Aber das stimmt. Toll, wieder was gelernt!" gehören. Allerdings gibt es in mir auch Werte/Prinzipien, die ich keinesfalls und unter keinen Umständen "verändert" wissen will. Dazu gehört z. B. mein abgrundtiefer Ekel vor ganz bewußt praktiziertem Rassismus und Nationalismus. Wenn "sich an die Kultur der Anderen anpassen" bedeutet, daß ich mein Wertesystem auch davon verändern lassen muß, dann bleibt mir keine Wahl als ein "o-genki de".
Und um meine Selbstdarstellung hier auch noch abzurunden
:
Natürlich ist es sehr wahrscheinlich, daß ich mich zu sehr in das Problem hineinsteigere. Und ich bin auch schon gefragt worden, ob ich das in meinen Nebenfächern auch tun würde. Dazu muß ich sagen: Ich HABE keine Nebenfächer. Ich studiere Japanologie in Form eines Ergänzungs-/Aufbau-Studiums. Es ist also im Moment meine einzige wissenschaftliche Beschäftigung. Noch dazu ist dieses Studium ein Lehramtsstudium, d. h. ich studiere Japanisch quasi als mein 3. Unterrichtsfach. Damit ist auch klar, daß ich sehr genaue Vorstellungen davon habe (oder besser "hatte"?), zu welchem Ergebnis mein Studium führen soll: Ich werde an einer Schule Japanisch unterrichten.
Und wenn man das weiß, dann ist die Folie, vor der meine "Krise" zu sehen ist, vielleicht noch etwas begreifbarer:
1.) Japanisch/Japanologie ist im Moment mein einziges wissenschaftliches Thema.
2.) Ich werde auf jeden Fall ein Jahr nach Japan gehen (müssen).
3.) Ich werde vor Schülern stehen, und ihnen die Sprache und Kultur Japans motivierend näherbringen (müssen), von der ich im Moment nicht recht zu sagen weiß, ob ich selbst überhaupt mit ihr klarkomme (ähm, die "Kultur" meine ich).
ODER eben:
4.) Ich kriege das alles nicht gebacken und schmeiße hin. (Was nicht nur wegen der empfindlichen Kränkung meines Egos - sagen wir - "problematisch" wäre.)
Ok. Ich mache jetzt Schluß. Schließlich geht es hier im Thread ja eigentlich um etwas anderes... (Aber trotzdem gut, daß wir mal drüber gesprochen haben
). Hm, wie finde ich jetzt den Faden zurück? Moment... Äh... Also vielleicht so: Botchan ist ein Beispiel, was einem passieren kann, wenn man sich auf Japan einläßt. Daß Botchan bei der Beschäftigung mit dem Japanischen je in eine auch nur annähernd tiefe Krise stürzen würde, war bei Beginn dieser Beschäftigung keineswegs auch nur absehbar. Ergo: Man muß mit allem rechnen... Aber wie es Euch ergehen wird, könnt Ihr nur selbst herausfinden.
Desukara, ganbatte ne!