Ich habe zwar so gut wie keine Erfahrung mit Heisig, aber mit dem Kanji ABC, das so ähnlich funktioniert, nur dass man sich die Eselsbrücken aus den Grafembedeutungen selbst bauen muss. Es enhält im Gegensatz zu Heisig keine Anleitung dazu, wie man das am besten macht.
Aber das ist für mich kein Problem, Eselsbrücken baue ich mir sowieso, bei allem, was schwer ins Hirn zu bekommen ist. Das hat sich seit den alten Griechen bewährt. Jeder Gedächtniskünstler macht das. Auch Medizinstudenten kennen unzählige uralte Sprüche, um z.B sämtliche Gesichtsnerven herunter beten zu können. Siehe
http://www.medizinstudent.de/lernen/eselsbruecken/ für medizinische Eselsbrücken,
http://de.wikipedia.org/wiki/Merkspruch für andere Gebiete und
http://de.wikipedia.org/wiki/Mnemotechnik für alle möglichen Gedächtnisstrategien.
Menschliche Hirne funktionieren anders als Computer. Es gibt Ausnahmen, wie zum Beispiel Kim Peek, das Vorbild von "Rainman" (
http://de.wikipedia.org/wiki/Kim_Peek), der ein Buch nur einmal skannen muss, um seinen Inhalt zu behalten. Das hilft ihm aber nicht beim Leben. Ein normaler Mensch hat ein besseres Gedächtnis für schmutzige Witze als für abstrakte Strichfolgen. Bei Autisten kann das anders sein (
http://en.wikipedia.org/wiki/Levels-of-p...t#Autism).
Für mich waren die meisten Kanji früher diffuse Strichwolken, aus denen ab und zu mal eine bekannte Komponente wie "Frau", oder "Baum" hervorstach. Daran klammerte ich mich für meine Merk-Geschichten, aber den Rest des Kanji konnte ich meist schlecht behalten. Als Eselsbrücken-Fetischist war ich also froh, als ich das Kanji-ABC fand, endlich Material, mit dem man arbeiten konnte.
Aber ich fand es dann doch schwierig, das Buch beim täglichen Lernen zu benutzen, weil die Kanji, die ich brauchte, über das ganze Buch verstreut waren und ich es recht mühsam fand, per Hand die Grafeme der Grafeme der Grafeme herauszusuchen. Es stand sehr lange Zeit unbenutzt im Regal.
Bis ich eines Nachmittags spaßeshalber anfing von vorne zu lesen. Ich fand interessant, wie oft die Bedeutungen von Kanji und Grafemen zusammenpassten. Die Eselsbrücken bildeten sich fast automatisch. Ich lass es wie ein Buch mit "Handtellergeschichten" bis zum 100. Kanji. Dann überprüfte ich, was ich behalten hatte, das war erstaunlich viel obwohl ich mich noch nicht mal bemüht hatte, etwas zu lernen. Weil es so lustig war, machte ich das am nächsten Nachmittag wieder, die nächsten 100 Kanji, und am Tag drauf nochmal 100. Da fing ich an zu rechnen: 100 Kanji pro Tag, wenn ich das vier Wochen lang durchhalte bin ich durch. Es wird sicher nicht einfach werden und Interferenzen geben. (
http://en.wikipedia.org/wiki/Interference_theory) Aber ich wollte es ausprobieren.
Ich wollte jeden Vormittag Schreibweise und Bedeutung von 100 Kanji lernen. Die Lesungen wollte ich in Verbindung mit Vokabeln lernen, in denen die Kanji vorkommen. Zu einem Kanji isoliert alle möglichen Lesungen lernen ist wie sinnlose Silben lernen. Ebbinghaus hat damit zwar wunderschöne Gedächtniskurven hinbekommen, aber er hat sich eben auch bemüht, mit "sinnfreien Silben zu operieren, um die Fehler, die sich aus Erfahrungen und Inhalten ergeben, zu minimieren", also alles auszuschließen, was beim Lernen hilft. (
http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Ebbinghaus)
Im Zusammenhang mit Vokabeln bekommen Lesungen allerdings wieder einen Sinn, also wollte ich sie so lernen. Am liebsten hätte ich auch interessante Texte gelesen, in denen die Vokabeln vorkommen, weil ich mir auch davon eine Lernerleichterung erhofft habe. Vokabeln, die z.B. in einem Manga vorkommen, das einen interessiert, kann man sich einfacher leichter merken.
Da stellt sich dann natürlich auch die Frage, ob man den Weg nicht umgekehrt gehen kann: man nehme einen Text, der einen interessiert und ziehe alle Vokabeln, die darin vorkommenden Kanji und Grafeme heraus. Man schmeiße raus, was man schon kann und lerne den Rest vom Bestandteil zur Kombination, also vom Grafem zum Kanji zur Vokabel zum Text.
Das Analysieren von Texten auf Bestandteile und das Heraussuchen von Vokabeln und Texten zu vorhandenen Kanji ist per Hand Recht mühsam, aber für einen Computer kein Problem. Ein Informatik Student aus meinem Wohnheim wollte die Software dazu schreiben. Ich sollte mir Gedanken über die Benutzeroberfläche machen. Wir haben also angefangen, mein Ideal-Programm zu entwickeln. Nebenher habe ich mit anderen Softwareprogrammen experimentiert.
Von diesen Experimenten möchte ich ein das nächste Mal berichten, weil es schon spät ist und der Beitrag schon ziemlich lang.