Zitat:Das schmälert allerdings wiederum meinen Beweis für das "echte" Adjektiv!
Hm. Wie gesagt: Die japanischen Wortarten, die man gewöhnlich mit "Adjektiv" bezeichnet, sind mit dem, was wir im Deutschen ein Adjektiv nennen, nicht gleichzusetzen. Es gibt gewisse Ähnlichkeiten (z. B. daß sie in beiden Sprachen sowohl prädikativ als auch attributiv verwendet werden können), aber es gibt auch ganz klare Unterschiede (z. B. daß man japanische Adjektive konjugieren kann, deutsche aber nicht).
Was die i-Adjektive angeht, so haben sie einen starken Verbcharakter. Um das deutlich zu machen, sagen manche Grammatiker (z. B. auch Bruno Lewin), daß z. B. "kuroi" nicht "schwarz" bedeutet, sondern "schwarz sein". Wenn man diese Interpretation zugrunde legt, dann wird etwas deutlicher, wie die i-Adjektive im Japanischen wirklich funktionieren.
Ein Satz mit prädikativem Gebrauch dieses "Adjektivs" wäre z. B.: Kono kami ha
kuroi. - (wörtl.
Dieses Papier
ist schwarz.
Ein Satz mit attributivem Gebrauch dieses "Adjektivs" wäre z. B. Watashi ha
kuroi kami wo kau. - (wörtl.
Ich kaufe
schwarz seiendes Papier. bzw. Ich kaufe Papier, das
schwarz ist.
Wenn man diese Hilfsübertragung der i-Adjektive zugrunde legt, erkennt man leichter, daß ein i-Adjektiv im Grunde genauso funktioniert wie ein Verb: Es kann - ganz für sich allein - ein vollständiges Prädikat bilden, und es kann vor einem Nomen (also als Attribut dieses Nomens) stehen und dieses Nomen in der Art eines Attributsatzes näher erläutern.
Wie gesagt: Die japanischen i-Adjektive haben sehr, sehr viele Gemeinsamkeiten mit japanischen Verben. Und wenn man das möchte, kann man sicher mit einigem Recht davon sprechen, daß i-Adjektive im Grunde eine gewisse Art von Verben sind...
Genauso könnte man auch die na-Adjektive aufgrund ihrer großen Ähnlichkeiten (in Formenbildung und Verwendung im Satz) mit den Nomina als eine spezielle Form von Nomina ansehen. (Ein weiteres Indiz ist z. B., daß es ja auch etliche gibt, die sowohl mit "na" als auch mit "no" attributiv angeschlossen werden können - bei diesen ist es also ganz offensichtlich, daß man sich nicht darüber einig ist, ob sie nun "echte" na-Adjektive oder vielleicht doch eher Nomina sind.) Ganz so abwegig ist der Gedanke "Im Japanischen gibt es keine Adjektive, sondern nur Verben und Nomina, die als Adjektive fungieren" also durchaus nicht.
Wo man die Grenzen zwischen Wortarten zieht, ist letztlich eine ziemlich willkürliche Sache. Und es ist natürlich sehr problematisch, die japanische Sprache ausgehend von der Terminologie und Kategorisierung beschreiben zu wollen, die für die Beschreibung der lateinischen Sprache entwickelt wurde. Es gibt ja bereits genügend Streitpunkte bei der Anwendung dieser Terminologie und Kategorisierung auf die deutsche Sprache - jeder Germanist kann davon Lieder trällern, wie wenig sinnvoll das lateinische Modell manchmal ist, wenn man versucht, damit die deutsche Sprache zu beschreiben.
Noch viel schwieriger ist das natürlich, wenn man versucht, auf der Grundlage dieses Modells das Japanische zu erklären. Man sollte besser akzeptieren, daß die japanische Sprache SO anders ist, daß es wenig Sinn hat, mit UNSEREN Vorstellungen von "Adjektiven", "Nomina", "Verben" usw. an die Sache heranzugehen.
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EDIT (21.09.)
Damit man sich nicht wundert: Johannes' folgender Beitrag bezieht sich nicht auf diesen hier, sondern auf einen, der zwischen diesem hier und seinem stand, aber nachträglich gelöscht wurde.
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