(19.02.10 00:23)Koorineko schrieb: Du kannst dich dann als Fortgeschrittener bezeichnen wenn du Gefuehl hast kein Anfaenger mehr zu sein. Da es offenbar weder einen Standard gibt noch etwas Messbares was einen Fortgeschrittenen auszeichnet ist das der einzige Anhaltspunkt.
Das eigene Gefühl kann einen gehörig täuschen, daher ist es auch kein Garant für die richtige Einschätzung seiner selbst. Anhand welcher Kriterien schätzt sich ein Anfänger denn ein? Aufgrund welcher Grundlage seiner Kenntnisse kann er überhaupt selbst einschätzen, wie weit er schon ist? Um das zu können, müsste er über ein Wissen verfügen, welches er noch zu lernen hat...
Interessant hierbei ist tatsächlich, dass Anfänger eher dazu neigen, ihre Fähigkeiten zu überschätzen (dies betrifft scheinbar nahezu sämtliche Bereiche unseres Lebens), während wirklich Fortgeschrittene oder Könner entweder demütig werden und ihre Fähigkeiten herunterspielen oder zumindest gelernt haben, sich gut einzuschätzen und sich somit auf Grundlage ihrer Erfahrungen und ihres Wissens sehr differenziert zu dieser Frage äußern können.
Das Problem liegt hier, denke ich, im Gebrauch des Wortes "fortgeschritten" bzw. was man darunter versteht. Natürlich kann sich jemand, der schon ein paar Wörter gelernt hat und einige Sätze bilden kann auch schon als "fort-geschritten" bezeichnen - eben als "fort-geschrittenen Anfänger". Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass er ein Anfänger ist.
Doch scheint es für einige schwierig zu sein zugeben zu müssen, dass sie in etwas (noch) nicht so gut sind.
In diesem Thread wurden schon mehrere Hinweise auf Definitionen der verschiedenen Einstufungen gegeben (z. B. Beiträge
#9,
#16,
#25) und so unterschiedlich sie sein mögen, haben sie doch eines gemeinsam: Als "Fortgeschritten" oder "Advanced" werden diejenigen bezeichnet, die die Grundlagen der verschiedenen Bereiche schon lange beherrschen und mit dem Material (also der Sprache) kreativ und relativ frei umgehen können (z. B. fähig sind, ihre Gefühle und Emotionen auszudrücken oder Gesprächen bzw. Inhalten mit komplexen Sachverhalten folgen und an ihnen teilnehmen können). Ich wüsste eigentlich nicht, was danach noch kommen mag...doch: Muttersprachler
Aber im Ernst: Ist man in diesem Stadium des Spracherwerbs angekommen, geht es eigentlich "nur" noch um den Feinschliff, es wird immer etwas neues zu lernen geben - besonders bei einer Sprache aus einer so fremden Kultur. So gesehen gibt es schon einigermaßen standardisierte Maßgaben für die Beurteilung einer Sprachfähigkeit und jemand auf dem Niveau der 3. Stufe im JLPT ist definitiv kein Fortgeschrittener - egal, was er von sich denken oder wie er sich fühlen mag.
Nehmen wir mal ein Beispiel aus einem anderen Bereich, z. B. einer gefährlichen Sportart oder Freizeitbeschäftigung...wie wäre es mit
Frei-Klettern oder
Parkour. Kein vernünftiger Mensch würde sich dort als "fortgeschritten" bezeichnen, wenn er gerade mal die Grundzüge dieser Sportarten verstanden hätte. Gerade bei diesen Beispielen wäre es sogar höchst gefährlich, denn diese Überschätzung kann einem im Ernstfall das Leben kosten. Das ist auch der Grund, weswegen Anfängern in solchen Sportarten immer ein erfahrener ("fortgeschrittener") Betreuer oder Lehrer an die Seite gestellt wird, der im Ernstfall die jeweiligen Situationen und die Fähigkeiten des Schülers bzw. Anfängers sicherer beurteilen kann, als dieser selbst.
Im Vergleich dazu - und das war ja das Eingangsstatement, wenn ich mich recht entsinne - sind die Stufen 4 und 3 des alten bzw. die Stufen 5-3 im neuen JLPT sowie die damit verbundenen Fähigkeiten bestenfalls Anfänger bis Mittelstufen-Niveau. Das ist keine Wertung in der Art "Anfänger ist schlecht, Mittelstufe ist besser, Fortgeschritten ist gut", wie es manche vielleicht verstehen mögen, sondern einfach nur eine Möglichkeit, einen Teil der eigenen Fähigkeiten in einem Test abzugleichen.