(26.06.17 00:10)RedSunFX schrieb: Und dabei musste ich beschämend feststellen, dass ich es als unglaublich anstrengend empfinde, bereits gelernte Vokabeln in reiner Hiragana-Form zu lesen, während ich Kanji Wörter ohne Probleme lesen kann.
Mich würde nun interessieren, ob ihr das Problem auch kennt. Ist das etwas, was sich durch mehr Leseübung legen wird?
Ich glaube, das hab ich hier schon öfter geschrieben, aber man liest ja Wörter normalerweise nicht Buchstabe für Buchstabe, sondern erkennt eher die "äußere Form" und sieht das Wort quasi als Ganzes. So ist das auch mit Kanji-Wörtern. Die haben ein sehr markantes "Aussehen", weshalb man sie beim Überfliegen eines Textes sofort erkennt.
Wenn man jetzt ein Kanji-Wort plötzlich in Hiragana sieht, gibt es diesen Effekt nicht. Es bleibt also nichts anderes übrig, als das Wort Zeichen für Zeichen zu lesen, was anstrengender ist und länger dauert (man muss sich bereits gelesene Zeichen merken, denen eine Aussprache zuordnen und daraus eine Bedeutung erschließen).
Insofern ist es vollkommen normal, dass man für Hiragana-Wörter länger braucht.
Die Tatsache, dass man Kanji-Wörter schneller erkennt, trägt auch dazu bei, dass man im Japanischen keine Leerzeichen braucht. Durch die Kanji-Kana-Gemischtschreibweise ist oft klar, wo die Wortgrenzen sind. Es gibt eine Studie, die zeigt, dass Muttersprachler zum Lesen reiner Hiragana-Texte deutlich länger als bei den Kanji-Kana-Texten brauchen. Außerdem helfen Leerzeichen im Kanji-Kana-Text nicht, die Lesegeschwindigkeit zu erhöhen.
Im Koreanischen schreibt man ja quasi komplett mit einer Silbenschrift. Allerdings sind sich dort die einzelnen Zeichen zu ähnlich, so dass man Leerzeichen eingefügt hat, um einfacheres Lesen zu ermöglichen. Bei reinen Kana-Texten ist das ja so ähnlich.
Wenn man viele Kana-Texte lesen würde, könnte man sicherlich das Lesen von Kana-Wörtern trainieren; die Frage ist nur, ob sich das lohnt. Solange man nicht gerade Texte für Erstklässler liest, kommen solche Texte ja kaum in der Realität vor.
Gerade im Hinblick auf die höheren JLPTs (also die mit den niedrigeren Zahlen nach dem N
) ist es von Vorteil, schnell Vokabeln in ihrer Kanji-Schreibweise erfassen zu können (, da man in kurzer Zeit viel Text lesen muss).
Ich finde also keineswegs, dass du zu starken Fokus auf Kanji setzt. Du lernst die Wörter so, wie sie in der Realität vorkommen und bist nur langsamer, wenn sie in einer anderen Form erscheinen.