Beitrag #1
Wenn nichts so richtig klappt..
Hallo,
das hier ist mein erster Beitrag in einem Forum seit langem, da ich ohne Bild oder Ton einfach schnell das Interesse an dem Medium verliere.
Ich weiss nicht so recht, ob mein Beitrag hier anzulegen ist oder woanders oder auch am besten wieder gelöscht gehört, aber ich wollte einfach nur mal wissen, was hierbei herauskommt.
Zur Sache:
Ich bin ein Deutscher in Tokyo. Bereits seit 3 Jahren bin ich hier (1 Jahr Working Holiday, 2 Jahre Sprachschulvisum) und arbeite baito bei McDonald’s und Matsuya. Eine Ausbildung hab ich nicht; war nie an der Uni, besitze aber zumindest das deutsche Abi. Mittlerweile bin ich 29 und wollte nächstes Jahr auf eine Uni hier oder zumindest eine Senmongakkou.
Japanisch hatte ich angefangen vor 10 Jahren: ein Buch, ein paar Zeichen, irgendwas im Internet.. man lernt es, man vergisst es wieder.. Schließlich einmal in Bochum einen Kurs über 3 Wochen mitgemacht. Dann nach dem (nachgeholten) Abi nach Japan und gleich auf die (billigste) Sprachschule..TCJ. Tolle Sache: nur Chinesen und Koreaner um einen, die bereits in China und Korea den 2 kyuu bestanden haben.. witzlos. Der Dank is Rumgelaber während dem Unterricht und lachen über meine Unkenntnis.
Die Lehrer grinsen in die Runde und gehen wie eine Walze mit ihrem Unterrichtsstoff über die Klasse. Wer nix versteht hat Pech gehabt.
Ich dachte ehrlich gesagt, ich könnte es schaffen. Kanji, Grammatik und Hörverständnis.. Ich hab es versucht,aber mittlerweile hab ich nur noch 6 Monate um mich für eine Uni zu qualifizieren. Und beim letzten 2 kyuu bin ich mit 228punkte durchgefallen (nötig: 240). Das ganze Abenteuer hier hab noch nicht mal ich selber finanziert, obwohl ich nebenher arbeite. Und ich rede hier nicht von Stipendien etc. .. ja, es ist alles von Papa. Bin nicht stolz drauf.
Mittlerweile gebe ich Unsummen für Miete und Essen aus (letzten Monat für alles: 146.000Yen) und ich weiß nicht, wie ich das auf die Reihe bekommen soll.. ich fühle mich wie ein Vollbehinderter, der nich weiß, was los ist, was sich um ihn herum abspielt und was sein Ziel ist. Wenn ich nicht meine Gaijin-freunde hätte, würde ich wohl vor lauter Isolation den nächsten Yamanote-zug nehmen. Plane schon die ganze Zeit irgendwo hinzugehen, ein Ausflug oder so.. aber immer keine Zeit (Job) oder kein Geld.. und siehe da.. ich war noch nie außerhalb von Tokyo (Kamakura, Fuji als Ausnahme).
Irgendwie denk ich, dass ich verdumme oder so. Ich kann mir nichts merken. Von den Namen meiner Mitschüler oder meiner Lehrer ganz zu schweigen.
Mein Japanisch ist löchrig wie Käse (Artikel, Wortschatz, Flexion, Aussprache, Grammatikverständnis ) und verstehen ist reine Glückssache (an guten Tagen 35%).
Meine Stimmung drückt sich in finsteren Mienen aus, die wohl schon einige Leute in der U-bahn um den dort wohlverdienten Schlaf gebracht haben. Freunde in Japan gibt es keine..nunja sind ja auch alle vielzusehr beschäftigt.
Das ganze Konsumgezerre hier geht mir tierisch auf die Nerven.
Die aktuelle Hitparade:
3. Ah, sou nan desu ka.
2. Sugooooooi! / Oishiiiiiii! / Kawaiiiiii!
1. Hai? ( von dem Combini-mitarbeiter, wenn ich trotz aller Anstrengungen versuche, beim ersten Kontakt mit klarer Aussprache und lauter Stimme einen Pizzaman zu kaufen und JEDESMAL der verunsicherte Blick mit der damit zusammenhängenden Panik - "Ach du Scheiße, ein Ausländer! Am besten höre ich nicht hin, was er sagt, er kann es ja eh nicht!" kommt ))
Ich weiß auch nicht, was zum Geier die Japaner für Probleme haben.
Wenn ich mit einem Oesterreicher, einem Schweizer, einem Kölner oder einem Berliner rede, dann versteh ich nicht alles, aber ich hab soviel Hirn mir zusammenzureimen, was er sagt. Himmel ich kann sogar verstehen was ein Franzose mir auf Englisch zu sagen hat. Man analysiert die Situation und nimmt die nächstliegende Lösung. Ist das so schwer?
Wenn man dann mit einem einzelnen Jukugo kommt und es nur einen Halbton tiefer ausspricht, weiß auf einmal kein Japaner mehr, von was die Rede war - selbst wenn von diesem Wort nur 2 Variationen existieren.
Wenn man einem Deutschen ein Wort wie "Verifikation" vorsetzt, kann dieser zumindest mal feststellen, dass es sich um ein SUBSTANTIV handelt (bei humanistisch Geprägten ist auch der Sinn des Wortes ausmachbar). Aber genau hier ist doch genau das, was japanisch sooo chaotisch macht. Es ist das reinste sprachliche Irrenhaus. Einige Formen werden wahlos aus irgendwelchen Zusammenhängen gerissen, neu zusammengefügt und morgen benutzen es auf einmal alle, als ob es schon seit 30 Jahren Tradition wäre. Und selbst die ganz Alten wissen das dann.
Und dann dieser Humor.. was soll denn das bitte sein? 50 Prozent der Lacher sind bescheuerte Schläge auf den Kopf des Kabarettpartners, die anderen sind Posen, Schreie und diverse Lautmalereien - die meisten selbst gestrickt und ohne Zusammenhang mit dem Gag. Ich habe bisher nur einen einzigen Witz verstanden, den ich auch witzig fand und über den ich auch lachen konnte.
Es ist alles sehr, sehr, sehr schwierig. Die Deutschen, die ich bis jetz hier getroffen habe sind alles "nur" Auslandsdeutsche (d.h. von deutschen Unternehmen ins Ausland versetze Spezis, die hier dank finanzieller Sicherheit keine größeren Probleme haben). Von sowas wollte ich eigentlich nicht viel wissen, denn es beschränkt mich in meinen Möglichkeiten und hilft mir recht wenig.
Ich kam hierher mit der Liebe zu Japan. Sie ist auch noch da.. aber mittlerweile ist sie zu einem großen Teil der Resignation, Selbstenttäuschung und Wut gewichen.
Keine Ahnung, wie das weitergehen soll. Bin schon total phlegmatisch und melancholisch geworden. Ohne Internet würde man am Rad drehen.
Aber das hilft leider nichts.. denn am Ende ist der Bud Spencer-film vorbei und man hat über den letzten Witz gelacht. Dann muss man wieder hinaus .. und keiner versteht dich.
Ich hoffe mal, dass ich das hier posten darf. Wenn nicht - na dann löscht es halt. Dachte nur es wäre mal was Neues.
Grüße
Ashi
Geh jetz mal den neuen Eva gucken. - puh, war der mal wieder blutig.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04.07.09 14:37 von Ashitaka.)
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