RE: Was hast du heute/gerade neu gelernt?
Im "Wörterbuch der Umgangssprache Japanisch-Deutsch" von Hayakawa, das hier vor kurzem vorgestellt wurde, bin ich auf das geflügelte Wort bancha mo debana 番茶も出花 gestoßen. Hayakawa hat dafür "jede Pflanze ist schön, wenn sie blüht" als Entsprechung gefunden, ein wohl in Deutschland wenig bekannter und auch nicht ganz richtig zitierter Aphorismus eines evangelischen, von der Romantik geprägten Theologieprofessors im 19. Jhd.
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Frisch aufgegossener Tee ist auch dann ein Genuß, wenn man den billigsten Tee nimmt. Selbst Hartz-IV--Bier schmeckt, wenn es schön frisch und kühl ist. Hayakawa läßt die Frage, was 番茶 auf Deutsch heiße, stehen, verortet den ganzen Gedanken lieber doch nicht bei besagtem Richard Rothe, sondern bei Hermann Hesse, von dem er nur einen Titel "Schön ist die Jugend" nennt.
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Er wird das wohl um das Jahr 1980 herum geschrieben haben, und da sei es "bedauerlich, daß Hermann Hesse in Deutschland nicht so populär ist wie in Japan".
Wie kommt er wohl auf diese gewagte Behauptung?
Er ist ja Anfang der 1960er-Jahre als Student in Deutschland gewesen und später womöglich nicht mehr. Doch ein paar Jahre später war Hesse in Deutschland dermaßen sowas von in Mode gekommen. In der Entstehungszeit des Lexikons war ich in Japan; zuvor hatte ich, wie alle meines Alters, viel Hesse gelesen, ich hatte schließlich die Faszination überwunden und in der Schülerzeitung bescheidenen Erfolg mit Hesse-Parodien erzielt.
In Japan hat mich (als ich mich dort bei Akademikern herumtrieb) nie jemand auf Hesse angesprochen, wenn, dann eher auf Nietzsche, Hegel, Wagner, wo ich kein kompetenter Gesprächspartner sein konnte, auf Japanisch schon überhaupts gar nicht.
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