(04.04.13 09:49)Hellstorm schrieb: Ich kann das für Japanisch natürlich nicht so gut beurteilen, aber für Englisch habe ich praktisch genau das gemacht, was du meintest: durch lesen und hören alles wiederholen. Und ich lese/höre wirklich viel auf Englisch.
Ich habe gemerkt, es kommt auf die Ebene an, auf der man das Ganze aufnimmt. Beim normalen, schnellen Lesen überspringe ich gerne viel (beim Hören
muss ich es sogar, weil ich natürlich sonst nicht mehr mitkomme), aber wenn ich intensiv lese, behalte ich mehr. Dazu drucke ich mir gerne Texte mit zweifachem Zeilenabstand aus und schreibe unbekannte Wörter darüber und mache mir Notizen am Rand. Dann merkt man z.B. auch sehr schön, wie die Notizen immer weniger werden, weil der Wortschatz sich eben vergrößert. Und man erinnert sich auch einfach daran, dass man ein Wort schon mal in einem anderen Text hatte. Ob einem dann die Bedeutung einfällt oder nicht, ist egal. Bei Anki muss man auch viele Karten 100 mal sehen und merkt sie sich doch nicht. Andere merkt man sich sofort.
Aber in der Zeit, wo ich das noch alles in Anki eingebe, mache ich lieber etwas anderes... dieser Aufwand ist einfach ein Problem. Wenn man zeitlich eingespannt ist, macht man (so meine Erfahrung) hinterher nur noch Anki-Sessions und sonst auch alles für Anki (weil man eben häufig auch gar nichts anderes macht und dann ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn man eine Zeitlang keine Einträge für die einzige "Lernquelle" macht).
Zitat:Ich muss echt sagen, dass das nicht so gut geklappt hat, wie seitdem ich jetzt Anki für Englisch benutze.
Ich sage ja nicht, dass es nichts bringt. Ich würde auch sagen, wenn es einem hilft und man es gerne macht, soll man es auch weitermachen. Vielleicht zwingt man sich durch Anki auch nur zum aufmerksamen Analysieren der Sprache? Die Frage, die sich mir immer wieder stellte, ist auch, was man dort überhaupt eingeben soll. Nehmen wir zum Beispiel einen Ausdruck aus
Huckleberry Finn, der mir gestern über den Weg gelaufen ist:
Here she was a-bothering about Moses, which was no kin to her, and no use to anybody, being gone, you see, yet finding a power of fault with me for doing a thing that had some good in it.
Hier ist
a power of als
(chiefly dialect) a large number or amount of something zu verstehen. Und das Buch stammt aus dem 19. Jahrhundert. Wie soll ich das jetzt in Anki eingeben: Als a) passive Lernkarte (einfach wiedererkennen, nur
was muss ich dann erkennen; nur was es heißt, oder sinnvollerweise auch, in welchem zeitlichen und regionalen Kontext es benutzt wurde?), oder als b) aktive Lernkarte (ich muss das Wort aus dem Gedächtnis widergeben können); aber welche Informationen müssen dann auf die Fragenseite, und vor allem: warum muss ich diesen Ausdruck aktiv beherrschen?
Deshalb finde ich das mit den Karteikarten gar nicht so einfach. Es geht mir ja auch immer um ein tieferes Verständnis der Sprache, nicht nur um das Austauschen von einzelnen Begriffen.
Zitat: Ganz ohne Vokabeln lernen geht es ja sowieso nicht, und selbst als ich Vokabeln aktiv gelernt habe (mit einem Vokabelheft), habe ich sie später wieder vergessen, einfach weil ich irgendwann nicht mehr ins Vokabelheft geschaut habe. Die Gelegenheiten, das Wort im „Real Life“ zu treffen waren auch eher selten.
Also, ich würde nicht sagen, dass es nicht ohne Vokabeln zu lernen geht. Für Englisch habe ich zum Beispiel nie Vokabelhefte angelegt, auch wenn wir das eigentlich sollten.
Zitat:Jetzt mit Anki merke ich aber, dass ich die Vokabeln dann beim nächsten Mal, wenn sie mir über den Weg laufen, besser kenne als mit anderen Methoden. Wir reden doch gerade über nicht so häufige Vokabeln. Also nicht „eat“, sondern „ascertain“. Obwohl das jetzt auch kein unwichtiges Wort ist.
Klar, für nicht so häufige oder auch seltene Vokabeln ist das aufmerksame Lesen von guter Literatur sehr zu empfehlen! Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, manche Wörter überhaupt "bewusst" zu lernen. "ascertain" ist allerdings wirklich ein normales Alltagswort...
Was mir noch bei Anki auffällt: Man hat natürlich immer ein gewisses Erfolgserlebnis, wenn man in einer Sitzung viel wusste. Nur bin ich mir da nicht so sicher, ob das überhaupt irgendetwas aussagt... man hat dann ein paar Wörter ganz gut gewusst. Aber vielleicht steigert sich dadurch auch einfach nur die Aufmerksamkeit, was das Sprachliche angeht. Und das geht natürlich auch ohne. Der Sprachenguru Alexander Arguelles hat z.B. nie Vokabelkarten benutzt, sagt aber auch, dass man es ruhig tun sollte, wenn es einem gefällt.