Ma-kun
Thronregent
Beiträge: 2.021
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RE: Selbstmord in Japan
Das wäre der Aokigahara (青木ヶ原) am Fuße des Fuji. Ein naturbelassener Wald, der relativ wenig Orientierungsmöglichkeiten bietet, so daß man sich leicht verirrt. Weiterhin ist der Boden recht tückisch, rutschig mit vielen Wurzeln und kleinen Dulinen, so daß man sich leicht den Fuß brechen oder verstauchen kann. Man muß also nicht unbedingt Selbstmord begehen wollen um dort nicht mehr rauszukommen.
Es stimmt aber, der Wald ist sher beliebt bei Selbstmördern, spätestens seit Erscheinen des Romans kuroi jukai (黒い樹海). Es gibt daher Warnschilder mit der Bitte, es sich noch mal zu überlegen.
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09.06.07 12:05 |
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Jake E. Lee
Beiträge: 58
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RE: Selbstmord in Japan
(09.06.07 12:05)Ma-kun schrieb:Es gibt daher Warnschilder mit der Bitte, es sich noch mal zu überlegen.
hehe , wieder typisch, bestimmt auch lustig illustriert wie hier:
danke für die ergänzungen und den literaturverweis!
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.06.07 12:26 von Jake E. Lee.)
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09.06.07 12:24 |
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Bitfresser
Beiträge: 1.702
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RE: Selbstmord in Japan
Ich krame diesen Thread noch mal aus, weil ich heute einen Beitrag ueber Selbstmord im Radio gehoert habe. Darin wird eingehend davor gewarnt, Selbstmord am Shinkansen zum machen, denn das ist sehr teuer.
Nach einigen Ruecksprachen mit den Japanern meines Vertrauens haben mir alle gesagt, dass diese Warnung fuer den Selbstmoerder ist, seine Nachkommen nicht zu sehr zu belasten.
Das hat mich an diesen Thread erinnert und ich habe mal ein bischen nachgefragt, ob es wirklich so eine Art Gesetz fuer den Schadenersatz gibt. Und die Antword war immer:"aru n chau".
Ich habe dann mal das japanische Buergerliche Gesetzbuch gewaelzt, also das Gesetz, in dem der Schadenersatzanspruch geregelt ist. Aber wie im Deutschen Gesetz gibt es nur 5 Anspruchskategorien, die alle eine direkte Beziehung zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner vorraussetzen. Mit anderen Worten, ein voellig anungsloser Dritter kommt auch in Japan als Anspruchsgegner nicht in Betracht.
Nun stellt sich natuerlich die Frage, was so ein Beitrag im Radio zu suchen hat und was er dort soll. Ich habe nur eine Erklaerung dafuer. Der Selbstmoerder hinterlaesst ja ein Erbe. Das kann (wie hoffentlich bekannt) positiv oder negativ sein. Wenn ein Selbstmoerder fuer den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden kann, dann wird das natuerlich vom Erbe abgezogen. Dem Hinterbliebenen, der das Erbe antritt, ist natuerlich selbst ueberlassen, ob er das tut. Aber eine Hausfrau wird sehr belastet, wenn das gesamte Vermoegen des Mannes auf einmal weg ist.
Wer hat hier tiefer gehende Informationen? Das Thema zum Schadenersatz beim Selbstmord beschaeftigt mich schon ein bischen.
If you have further questions ...
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26.03.08 11:32 |
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Zelli
Beiträge: 382
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RE: Selbstmord in Japan
(26.03.08 11:32)Bitfresser schrieb:Darin wird eingehend davor gewarnt, Selbstmord am Shinkansen zum machen, denn das ist sehr teuer.
Für die Bahn bestimmt.
Als juristischer Laie würde ich vermuten, dass für das Belangen eines Selbstmörders dessen Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt festgestellt werden müsste. Wenn nicht gerade ein Abschiedsbrief hinterlassen wurde in welchem explizit darauf hingewiesen wird, mit seiner letzten Aktion absichtlich der Bahngesellschaft schaden zu wollen dürfte das sehr schwierig werden, da ein Selbstmörder sich ja für gewöhnlich in einem emotionalen Ausnahmezustand befindet und somit nicht zurechnungs- (und damit schuld-)fähig sein dürfte.
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26.03.08 13:30 |
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icelinx
Beiträge: 716
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RE: Selbstmord in Japan
Wie ist das eigentlich in Deutschland ..... ? Bei uns hüpft ja auch ab und an der eine oder andere vor die Bahn.
Welche Kosten entstehen da? Mal abgesehen vom "Saubermachen" (makaber gesagt) sehe ich da spontan nix.... Rotkreuz ist gemeinnützig, der Polizei dürfte (außer den Spritkosten und ein paar Cent für die Formulare) auch nichts anfallen.... Dass der Bahn große Kosten entstehen, bezweifle ich auch mal ..... Bzgl. der Fahrkarten gibt es ja die "höhere Gewalt"-Regelung.
Aber vielleicht kann man ja wieder mal die "theoretischen Kosten" ansetzen: So wie beim jugendliche Raubkopierer, der 2000 Videos auf dem PC hat und mit je 30 Euro verknackt wird...... (weil er sich ja ohne die Kopien auch bestimmt alle 2000 Videos beim Mediamarkt gekauft hätte..... ).
Vielleicht sollte mal einer bei der deutschen / japanischen Bahn anrufen und nach dem "Preis" fragen ..............
Apropos Selbstmord: Was ist eigentlich aus dem "guten" alten Seppuku geworden? Kommt das gelegentlich noch vor?
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26.03.08 14:28 |
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Joefish
Beiträge: 175
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RE: Selbstmord in Japan
Zitat: die "japanische Stiftung Warentest für Selbstmörder" hat dem Seppuku nur 2 von 5 Totenköpfen verteilt, da durch die heutigen Möglichkeiten der Medizin der Selbsthinzurichtende rechtzeitig gefunden und zugenäht werden kann; hingegen wird dem "vor den Zug springen" die Höchstpunktezahl vergeben
Quelle: http://www.***japan.de/forum/harakiri-t1191-s90.html
Hört sich für mich logisch an ^^
Der Suizid ist in Deutschland als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts straffrei, zumal eine Bestrafung wegen vollendeter Selbsttötung nie möglich wäre.
Somit sind auch der Versuch und die Teilnahme (Beihilfe, Anstiftung) straffrei.
Zitat: Relevant, gerade bei Suizidversuchen, kann auch die Frage der Haftung für entstandene Schäden sein. Ein Suizid kann unter Umständen erhebliche Sachschäden verursachen, aber auch seelische Schäden bei unbeteiligten Dritten, die zur Durchführung der Tat missbraucht wurden (z. B. Fahrpersonal der Bahn). Allerdings kann auch ein verhinderter Suizid erhebliche Kostenfolgen für den Betroffenen, für Versicherungen und den Staat haben (z. B. wegen Invalidität).
Umstritten ist die Frage, inwieweit einem Suizidant der Schaden zugerechnet werden kann: Einige Autoren nehmen an, dass er sich in einem „geistig umnachteten“ Zustand befände, wodurch sich eine Schuldfähigkeit nicht ergebe. Allerdings ist diese Annahme sicherlich nicht immer gerechtfertigt und muss im Einzelfall durch Gutachten geprüft werden.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Suizid#Haftungsrecht
Das heißt, solang eine Unzurechnugsfähigkeit des Selbstmörders nachgewiesen werden kann, tragen Versicherung und Staat die durch den Selbstmord entstehenden Kosten.
千里の道も一歩から
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26.03.08 15:40 |
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shakkuri
Beiträge: 1.387
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RE: Selbstmord in Japan
接吻万歳
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26.03.08 16:36 |
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yamaneko
Beiträge: 3.745
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RE: Selbstmord in Japan
Ich möchte noch auf den Link des atomu hinweisen, den ich heute erst beim Durchlesen des ganzen Threads gefunden habe.
http://dailynews.yahoo.co.jp/fc/domestic/suicide/
http://www004.upp.so-net.ne.jp/kuhiwo/dazai/index.html
Mich hat das Thema interessiert, weil in der Schule der Heldenmut der Japaner so gepriesen wurde (im zweiten Weltkrieg) und ich später in der Ägyptologie gelernt habe, daß Selbstmord "in allen Religionen verurteilt wird". (Lektüre des Lebensmüden, der mit seinem BA spricht und Vorwürfe bekommt.)
Ich wiederhole die Frage des Icelinx Zitat:Was ist eigentlich aus dem "guten" alten Seppuku geworden? Kommt das gelegentlich noch vor?
Und was meinen die Religionen in Japan dazu?
Zu den Kosten:
Der Schaden für die Erben ist sicher größer, wenn alles Ersparte für jahrelange Unterbringung in einem Pflegeheim verbraucht wird. Da kommt der Ersatz für Störungen im Zugsverkehr vermutlich billiger.
Bei uns war dieser Tage der Bericht im Radioprogramm oe1 über eine Untersuchung zur Selbstmordhäufung nach aktuellen Pressemeldungen. Angeblich wurde Zurückhaltung bei der Berichterstattung vereinbart.
Japan ist da anders. Erst heute war im JSTV etwas zum Thema zu sehen.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.03.08 17:04 von yamaneko.)
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26.03.08 17:02 |
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Bitfresser
Beiträge: 1.702
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RE: Selbstmord in Japan
(26.03.08 21:30)Zelli schrieb:(...) , da ein Selbstmörder sich ja für gewöhnlich in einem emotionalen Ausnahmezustand befindet und somit nicht zurechnungs- (und damit schuld-)fähig sein dürfte.
Das ist mir schon klar, aber man kann trotzdem nur den Selbstmoerder selbst drankriegen uynd nicht irgendeinen beliebigen Dritten.
Mich interessiert vor allem die Frage, inwieweit man die Familie in Japan drankriegen kann.
Neusten Erkenntnissen aus der gestrigen Saufrunde zufolge zahlen viele Familien freiwillig den Schaden aus einem gesellschaftlichen Druck heraus. Aber mit Sicherheit konnte mir das keiner sagen.
PS: eine sehr stoeranfaellige Strecke wegen Selbstmord ist die des Thunderbirds (Osaka-Fukui). Aber anders als in Deutschland zahlt JR einem das Taxi zur Endstation, wenn man darauf pocht. Und das geht manchmal richtig ins Geld.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.03.08 23:35 von Bitfresser.)
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26.03.08 23:32 |
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Bitfresser
Beiträge: 1.702
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RE: Selbstmord in Japan
Zitat:Neusten Erkenntnissen aus der gestrigen Saufrunde zufolge zahlen viele Familien freiwillig den Schaden aus einem gesellschaftlichen Druck heraus. Aber mit Sicherheit konnte mir das keiner sagen.
Nachdem unserer Saufrunde ein japanischer Jurist beigetreten ist, gibt es nun eine sehr fundierte Antwort.
In Japan gibt es keine Rechtsgrundlage für die Forderung des Schadensersatzes. Es gibt aber auch kein Gesetz, das es verbietet. Das machen sich die Firmen zunutze.
Eine Familie könnte freilich vor Gericht ziehen und die Forderung anfechten, aber da greift der o.g. gesellschaftliche Druck, so dass die Familien lieber zahlen als klagen.
Ein schönes Beispiel für diese Art gesellschaftlichen Druckes ist die Behandlung der zwei überlebenden japanischen Geisel aus dem Irak:
http://www.tagesschau.de/ausland/meldung238208.html
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05.05.08 07:25 |
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