Beitrag #4
RE: Rosetta Stone
Hallo Haijin,
probiere es doch einfach mal bei der academy-now aus. Und selbst wenn du dich bei academy-now einschreibst, füllst du dein Guthaben nur soweit auf, wie du lernen willst/kannst, keine automatischen Zahlungsverpflichtungen, wenn dein Konto leer und dein Zeitraum abgelaufen ist, kannst du halt nicht mehr lernen, bis du wieder eingezahlt hast.
Allgemein (leider finde ich den recht guten, deutschen, wissenschaftlichen Text zur Dynamic Immersion-Methode nicht mehr, den ich letztens noch gelesen hatte) kann man sagen, dass die Methode von Rosetta Stone davon ausgeht, dass Kinder ihre Sprache vor allem durch Hören, Bezug zum Gehörten und Nachmachen lernen.
Kinder hören ihre Sprache oft und können nach einiger Zeit den Lauten Gegenstände zuordnen. Nach einigen Try-and-Error-Versuchen, die ja dann von den Eltern oder anderen Personen meist auch sofort berichtigt werden, wenn sie falsch waren, lernen sie, welchen Laut bzw. welche Lautfolge sie für einen Gegenstand, eine Situation oder eine Handlung verwenden müssen. Genauso verhält es sich mit der Grammatik, die auch vollständig ohne ein Lehrbuch richtig (je nach Umfeld) gelernt wird.
Genau hier setzt die Dynamic-Immersion-Sprachlernmethode an. Zunächst wird das Hörverständnis geschult. Man muss die Sprache oft hören, um die Laute erkennen zu können. Im Unterschied zu einem normalen Unterricht, wo ein Wort nur abstrakt gelernt wird, werden bei Rosetta Stone die Laute mit entsprechenden, meist recht einfach zu erkennenden Bildern kombiniert. Hier werden oft in einer Lektion nur ein oder zwei Gegensätze behandelt, so dass man nach einer Lektion die Laute für den jeweiligen Lernstoff (z. B. klein/groß, lang/kurz, stehen/sitzen etc.) gelernt hat. Auch lernt man nicht nur die jeweiligen Vokabeln, sondern hört und sieht sie immer in einem Zusammenhang von Bildern, Schrift und ganzen Sätzen. So bekommen die einzelnen Vokabeln immer mehrere Bezugspunkte.
Jede Lektion ist in 10 weitere Einheiten unterteilt, die verschiedene Themen behandeln. Die Einheiten wiederum schulen in jeweils 5 Lernabschnitten den zu lernenden Stoff auf verschiedenen Ebenen. Die erste ist kombiniertes Lesen und Hören, die zweite nur Hören, die dritte nur Lesen, die vierte ist ein Vergleich eigener Sprachaufnahmen mit jenen der Software und die fünfte ist das Schreiben der gesprochenen Texte.
Vorschlag für das Durcharbeiten ist ähnlich wie bei Assimil: Zuerst 2 Lektionen in den ersten drei Fähigkeiten (Hören/Lesen, Hören, Lesen) durcharbeiten. Dann soll man zeitgleich mit dem Beginn der 3. Lektion die vierte Fähigkeit "Sprechen" von vorne beginnen (Lektion 1). Nach weiteren 2 Lektionen beginnt man mit der fünften Fähigkeit "Schreiben" nochmals von vorne. So hat man den Stoff am Ende insgesamt 3x durchgearbeitet.
Alles wird von Muttersprachlern anscheinend sehr gut gesprochen. Auf allzu langsames Gestammel (Assimil: ha...........ya...........ku......., i......ki......ma.........schoooooo ;-) ) wird verzichtet. Die Texte werden von japanischen Frauen und Männern gesprochen und in der Lernfähigkeit "Sprechen" kann man sogar die Geschwindigkeit der gesprochenen Texte einstellen und erhält nach der Aufnahme eine Beurteilung.
Der Lerneffekt insgesamt ist sehr hoch - und das, ohne pauken zu müssen. Kein Grammatik- oder Vokabellernen. Der Kurs ist komplett in der jeweiligen Sprache - keine Übersetzungen, nur Bilder, gesprochene und geschriebene Texte (ich habe gehört, dass es auch Videos geben soll, habe ich aber noch nicht gesehen). Man bleibt einfach so lange bei einer Einheit, bis man die jeweiligen Themen mit den Bildern und den Bedeutungen verknüpft hat und sie in den verschiedenen Lernbereichen beherrscht. Jede falsche Angabe wird sofort quittiert und muss verbessert werden (das gehört zur Theorie). Die Bilder tauchen später teilweise immer wieder auf und werden immer genauer beschrieben. ("Ein Mann und ein Junge", "Ein Mann sitzt, und ein Junge steht", "Der sitzende Mann hat einen blauen Pulli, der stehende Junge ein rotes Hemd an" etc.), Vokabeln in späteren Lektionen immer wieder aufgegriffen und wiederholt.
Diese Sprachlernmethode richtet sich vor allem an jene, die sich akustisch verständigen wollen. Sie schult die Hör- und Sprechfähigkeiten in besonderem Maße. Meiner Erfahrung nach muss man zunächst versuchen, den "normalen" Sprachunterricht zu vergessen - sonst kommt man mit der Methode nicht klar. Wer immer genau wissen will, welche grammatikalische Form er dort verwendet und wie die Grundformen sind etc. wird schnell das Handtuch werfen. Wer eher ein Bauchmensch ist und sich gerne auf den Klang einer Sprache einlässt und sie nachahmt, der wird seine Freude an dem Programm haben.
Ich hatte auch erst Schwierigkeiten mit dieser Methode. Aber ich habe mich darauf eingelassen und meine Fragen bezüglich der Grammatik zunächst zurückgestellt. Und ich bin erstaunt, wie leicht es dann geht. Zunächst wird die Welt beschrieben - auch dies tun Kinder zunächst. Ich ertappe mich inzwischen schon dabei, dass ich auf der Straße einfach nur auf japanisch die Dinge beschreibe, die ich gelernt habe. Der Vorteil ist, wie ich finde, dass man
lernt, die Texte nicht erst auf Deutsch vorzuformulieren und dann zu übersetzen, sondern Sprache direkt zu verwenden. Dies empfinde ich eigentlich bei allen Sprachen, aber besonders bei Japanisch als großen Vorteil.
Das kennt wohl jeder: Warte mal..."Ein Mann steht auf dem Haus"...hmm, also auf Japanisch ja irgendwie umgekehrt...hmm, das Verb an das Ende....also "....stehen"...und dann....hmm...."Mann [Thema] Haus [Beziehung] auf [Ort] stehen"...hmm, oder? ;-).
Ob ich am Ende wirklich fähig sein werde, frei zu formulieren bleibt allerdings abzuwarten. Ein großer Nachteil des Programmes ist die Schrift. Man kann zwar zu jedem Zeitpunkt die angezeigten Texte auf Kana, Kanji oder romanji umschalten, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass jemand, der weder Kana noch irgendwelche Kanji lesen kann, mit den japanischen Texten zurecht kommt. Allerdings geht es in diesem Kurs eigentlich nur um das Sprechen und das Festigen der jeweiligen Sätze. Also sind die Kanji/Kana in dem Programm eigentlich nur ein Beiwerk für jene, die noch mehr wollen. Und so kann man während der letzten Sprachfähigkeit "Schreiben" auch nur romanji schreiben (ähnlich wie die hier im Forum geforderte - und für mein Gefühl eher ungeschickte Umschrift).
Für jene allerdings, die sich mit den Kanji/Kana schon beschäftigt haben, scheint es auch einen Nebeneffekt zu geben: Mein passiver Kanji-Vorrat ist dramatisch gestiegen. Ich kann inzwischen die oft gesehenen Kanji aus Rosetta Stone auch anderswo erkennen und lesen ohne sie wirklich geübt zu haben. Ich denke, dass es mir leichter fallen wird, sie komplett zu lernen, wenn sie dann während meiner getrennten Kanji-Studien dann einmal "dran" sind.
Alles in Allem würde ich sagen, ist dieser Sprachkurs wohl nicht für jeden das Gelbe vom Ei, besonders wohl nicht für Japanologie-Studenten, aber er ist es durchaus wert, ausprobiert zu werden. Diese Möglichkeit gibt es z. B. bei academy-now oder anderen Anbietern recht günstig.
Gruß
Shino
人生に迷うときもあるけど笑っていれば大丈夫
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