Beitrag #21

oder zur Polizei, oder zum Roten Kreuz oder du arbeitest im Krankenhaus oder du arbeitest bei einem Arzt oder du arbeitest in einem Restaurant ...........

Beitrag #22

Hallo, Mika.

Ich werde Dich überhaupt nicht auslachen. Wieso sollte ich?
Ich habe mit keinem Wort gesagt, daß ich Deinen Wunsch nach einer Uniform lächerlich finde. (Und für alle, die gern wieder irgend etwas "zwischen die Zeilen" hineininterpretieren möchten: Nein, ich habe das nicht nur NICHT GESAGT, ich habe es auch NICHT GEMEINT.)

Wie ich schon schrieb: Solange ich dachte, Du wolltest eine Uniform, weil Du das eben "cool" oder sonstwie aus ästhetischen Gründen anziehend fändest, habe ich mich dazu nicht geäußert - hätte ich auch nie getan. Anziehen soll doch jeder, was ihm gefällt. Und wenn nunmal jemandem Schuluniformen gefallen, warum sollte er dann keine tragen. Bitteschön, jedem wie's beliebt.

Stutzig wurde ich erst, als ich aus Deinen Postings allmählich den Eindruck bekam, Du würdest die Uniform eben nicht aus ästhetischen Gründen tragen wollen, sondern z. B. um Dich damit stärker einer Gruppe zugehörig zu fühlen - noch dazu einer, die dieses Mittel der Vermittlung eines "Wir-Gefühls" selbst gar nicht verwendet.

Das ist doch ähnlich, als wenn ein - sagen wir - schwarzhäutiger kenianischer Austauschschüler für ein Jahr an eine Dorfschule nach Mecklenburg kommt (ich nehme dieses Beispiel, um deutlich zu machen, daß er dort auf jeden Fall der bunte Hund ist), und es bedauern würde, daß seine Mitschüler keine Uniformen tragen. Und daß er - wenn man ihn fragte, wieso er das bedauerte - antworten würde, daß er sich das sehr wünschen würde, um sich besser in seine Gast-Klasse integrieren zu können. Du mußt zugeben: So eine Ansicht ist schon etwas irritierend, oder?

Wie gesagt: Ich wollte und werde Dich nicht auslachen. Es hat mich nur stutzig gemacht, und ich wollte gern erfahren, was die Gründe für diesen - aus meiner Sicht verwirrenden - Wunsch sind.

Aus Deinem letzten Posting lese ich zwei Gründe heraus:

1. Du möchtest, daß Dich Passanten auf dem Schulweg nicht für einen Touristen halten.
2. Du findest es spannend, einmal auszuprobieren, wie es ist, eine Uniform zu tragen - zumal Du in Deutschland nicht so leicht die Gelegenheit dazu hast.

Habe ich das richtig erkannt?

zu 1.: Ich glaube, wenn Dich die Passanten mit einer Schuluniform sehen würden, wärest Du in den Augen der meisten einfach bloß ein etwas schräg gekleideter Tourist. Dem, daß Du als "dazugehörig" oder "eine von uns" betrachtet würdest, steht schon Dein vermutlich europides Äußeres entgegen. Bestenfalls würde man Dich vielleicht für eine Gastschülerin halten (die Du ja auch bist), aber ich glaube nicht, daß die meisten Japaner einen großen Unterschied zwischen "Gastschüler" und "Tourist" machen - weder in ihren Ansichten noch in ihrem Verhalten. Du bist und bleibst in allererster Linie ein Gaijin - so wie der Kenianer im mecklenburgischen Dorf - da nützt alles Verkleiden nichts.
zu 2.: Vermutlich bin ich durch mein eigenes Leben zum Thema Uniformen voreingenommen - auf jeden Fall vorbelastet. Ich mußte schon diverse Dinge anziehen, die Uniformcharakter hatten, und ich habe das stets negativ gesehen. Zum einen, weil die Ästhetik meist sehr auf der Strecke blieb, zum anderen aber auch, weil man mich dadurch nötigte, vor aller Welt die Zugehörigkeit zu einer Gruppe auszudrücken, die ich mir nicht ausgesucht hatte. Steckt man in so einer Uniform, so ist man "einer von denen". Und man wird unwillkürlich mit allem Schönen, aber auch mit allem weniger Schönen, was diese Gruppe betrifft, identifiziert. Das ist eine "Good or bad - my country"-Geschichte. Ich habe mich stets sehr unwohl dabei gefühlt, als Mitglied einer Organisation betrachtet zu werden, die vermittels der Uniform in die Köpfe ihrer Mitglieder den Irrglauben einpflanzen will, sie seien alle Freunde oder Kameraden. Das ist nämlich Blödsinn. Bloß, weil ich in derselben Uniform stecke wie tausend andere, deswegen stehe ich diesen Leuten dennoch keinen Millimeter näher. Ob sie eine Uniform anhaben oder nicht: Das sind immer noch dieselben Freunde oder auch dieselben Schweine wie vorher. Da soll ein "Wir sind eine Gemeinschaft, verstehen uns gut und ziehen alle am selben Strang"-Gefühl geweckt werden, hinter dem in Wirklichkeit keine Substanz steckt. Das ist eine Seifenblase. Und trotzdem wird man in einer Uniform zu allererst einmal als "Armeesoldat" oder "FDJler" oder sonst etwas betrachtet - erst in nachgeordneter Linie ist man "Mika" oder "Botchan". Das heißt, man wird über seine "Rolle" definiert, nicht über seine "Person". Ich gebe zu, daß das eine interessante Erfahrung sein kann ("fascinating" im Spock'schen Sinne), aber eine schöne Erfahrung war es zumindest für mich nie.

Ich hoffe, ich konnte Dir etwas begreiflicher machen, was mich an Deinem Wunsch nach einer Uniform irritiert. Und noch einmal: Ich halte Dich weder für durchgeknallt noch für hysterisch, und ich werde auch sicher nicht über Dich lachen.

Viele Grüße,
Botchan.

Beitrag #23

In dem Artikel gehts zwar nicht um Schuluniformen, könnte aber trotzdem ganz aufschlußreich sein:
http://basic1.easily.co.uk/04F022/036051...ation.html

Beitrag #24

Zitat:Doch, wenn du zum Bund gehst!

Da sollte man aber dringend Marine oder Luftwaffe empfehlen, die Heeresuniformen finde ich nicht gerade präsentierbar.

Zitat:Und trotzdem wird man in einer Uniform zu allererst einmal als "Armeesoldat" oder "FDJler" oder sonst etwas betrachtet ...

Aber nur von oberflächlichen Mitmenschen. Wenn man früher jemanden im FDJ-Hemd sah, dachte man eher: Noch so eine arme Sau, die zum Fahnenappell oder sonstigem Unsinn antreten muß. Erzwungene Uniformierung erzeugt sehr starken Zusammenhalt - genau andersherum, aber immerhin. Außerdem weiß man, das Gegenüber steckt auch nicht freiwillig in der Kluft und schert denjenigen über einen Kamm mit allen anderen.

Beitrag #25

Zu dem Thema des Modestatements durch selbstkreirte Uniformen gibt es diesen guten Artikel:
http://www.japantimes.co.jp/cgi-bin/geta...0824f2.htm

Beitrag #26

Und insgesamt kann ich Mika gut verstehen. Als ich vor 3 Jahren bei meiner HS war, die keine Uniform hatte, war ich auch etwas enttäuscht.
Ich glaube aber eher, dass es an den Erwartungen liegt. Ich meine, man liest immer über die Uniformen und die strengen Regeln etc, und man bereitet sich innerlich auf diese Umstellung vor. Es gehört mit zum "Packet". Und wenn das dann feht, findet man es schade.

Wenn man jetzt mal die Großstädte nimmt, kennen Schüler, und vor allem Eltern, die Uniformen der jeweiligen "Eliteschulen", die besonders hoch angesehen sind. Dementsprechend wird eine Mutter, wenn sie jemanden in der jeweiligen Uniform sieht, sagen "Sie/ Er muss klug sein". Sollte sie zufälliger Weise noch ein junges Kind haben "Streng dich wie sie/er an, dass du es auch schaffst". (Okay, totales 教育ママ Stereotyp).
Das hat dann auch Auswirkungen auf das eigene "Ansehen" in der Gesellschaft, selbst wenn man Gastschüler ist.

Da ich bei meiner alten HS keine Uniform hatte, konnten die Leute mich nicht direkt zu etwas zuordnen. So wurde ich schon des öfteren gefragt, welche Schule ich denn besuchen würde. Und bei der Antwort 千里高校 gab es dann ooohs aaaahs und uuuhs, du bzw. deine Gastschwester muss aber klug sein! Da hätte eine Uniform manch einen armen Passanten aufgeklärt.

Beitrag #27

Zitat:du bzw. deine Gastschwester muss aber klug sein! Da hätte eine Uniform manch einen armen Passanten aufgeklärt.

Aufgeklärt? Wohl eher illusioniert!
Schließlich mußt DU ja nicht besonders klug sein, um an dieser Schule Gastschüler zu sein.
Ich kenne das auch, von wegen "Oh, Du bist an der Tôdai! Respekt!", wobei das doch überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Man kann ja schwerlich etwas dafür, daß die eigene Uni nunmal eben mit der Tôdai einen Austauschvertrag hat. Den richtigen Tôdai-Aufnahmetest hätte man nie im Leben bestanden.
Eine Uniform der jeweiligen Schule zu tragen und dann STOLZ darauf zu sein, daß die Leute glauben, man habe sie sich verdient, heißt also doch nichts anderes, als sich gleichsam mit einer Medaille zu brüsten, ohne die Leistung erbracht zu haben, die man eigentlich dafür erbringen müßte.
Wenn es an der Schule eine Uniformpflicht gibt, wird man sich logischerweise fügen und die Uniform ebenfalls anziehen müssen, aber sich darüber zu freuen, daß die Leute einen für etwas halten, was man gar nicht ist...

Aber - sofern ich Mika richtig verstanden habe - wünscht sie sich die Uniform ja gar nicht in erster Linie aus narzistischen Gründen.

Beitrag #28

@Botchan
*lol*, in dem Videoladen, wo ich meinen nichtvibrierenden Baibu gekauft habe, hatten sie auch Schuluniformen ...

Beitrag #29

Ich habe ja auch nicht gemeint, dass ich mir hierbei Lorbeeren, die nicht mir gelten, eingeheimst hatte. Als Austauschschüler hat man ja keinen Einfluss darüber, an was für eine Schule man im Endeffekt kommt.
Ich habe ja auch geschrieben

Zitat:du bzw. deine Gastschwester muss aber klug sein!

Da mein Japanisch damals nicht so geglänzt hat, wurde oft meine Gastschwester angesprochen. Und eben diese hat ja die Leistung erbracht, die Aufnahmeprüfung zu dieser Schule zu bestehen.

Beitrag #30

@kiwichan

Gomen, aber Deine Logik ist fehlerhaft.

Ein Passant, der Dich in einer Uniform gesehen hätte, wüßte zunächst einmal vermutlich kaum, wer Deine Gastfamilie ist, also ob es da überhaupt eine "Gastschwester" gibt. Und selbst wenn er das wüßte (also die Familie kennen würde), woher soll er dann wissen, daß Du auf dieselbe Schule gehst wie die Tochter? Und wenn er die Tochter ohnehin kennt, dann weiß er sicher sowieso schon, auf welche Schule sie geht. Und wenn er das nicht wissen sollte, kann er doch die Tochter direkt fragen - um herauszufinden, auf welche Schule sie geht, braucht er doch nicht den Umweg über die Information, auf welche Schule DU gehst.

Des weiteren hätte Deine Gastschwester - sofern es an ihrer (= Deiner) Schule Uniformen gegeben hätte - ja wohl selber so eine Uniform. Um für ihre eigene "Klugheit" bewundert zu werden, wäre sie also nicht darauf angewiesen, daß DU eine Uniform ihrer Schule trägst.

Es wäre somit wohl kaum der Gedanke eines Passanten gewesen: "Oh, da läuft eine Gaijin in der Uniform der Schule XY. Also muß wohl die Tochter der Familie, bei der sie wohnt, ein kluges Mädchen sein." - Du mußt zugeben, daß das ein sehr weit hergeholter Gedanke wäre, den wohl kaum jemand denken würde. Und wie gesagt: Um auf ihre eigene Leistung hinzuweisen, würde Deiner Gastschwester wohl ihre eigene Uniform genügt haben.

Es ist doch eher wirklich so, daß die meisten Japaner keine Ahnung davon haben, wie Gaijins an die jeweiligen Schulen/Universitäten kommen, und daß sie schon denken, daß auch die Gaijins viel dafür getan haben müssen. Ich brachte ja auch selbst ein Beispiel. Der Durchschnittsjapaner denkt sehr wohl "Tôdai = Super-Student"; daß das im Falle der Gaijin nicht stimmen muß, ist ihm nicht klar. Wie gesagt: Das kann man kaum ändern, das ist nunmal so, aber sich darüber zu freuen, sich darauf etwas einzubilden, stolz darauf zu sein oder es sogar schmerzlich zu vermissen...

Und zu guter Letzt: Vielleicht habe ich Dich völlig falsch verstanden, aber Dein Posting kam für mich schon so herüber, als hättest Du die 'angenehmen' Auswirkungen einer Uniform auf Dein "'Ansehen' in der Gesellschaft" vermißt (kyôikumama, die ihr Kind auf den Träger der Uniform - nicht etwa auf dessen Gastschwester! - hinweist; ooohs aaaahs und uuuhs etc.).

@X7Hell:

DAS ist mir klar.
Aber damit verbundene Motive unterstelle ich Mika nun schon gleich gar nicht...
Ich glaube, sie sprach doch eher von Integration oder Identifikation als von Kopulation...
ODER???