Nimm es mir nicht übel, aber beim Lesen deines Beitrags hatte ich ein wenig das Gefühl, dass du auch sonntags früh in die nächstbeste Kirche stürmst, um "Gott ist tot!" reinzukrakeelen.
Heisig alleine bringt dich sicherlich nicht ans Ziel. Ich persönlich würde auch nicht unbedingt erst
Heisig machen wollen, um dann mit dem Japanisch-Lernen anzufangen.
Aber ich finde es schon komisch, dass du den Leuten, die damit arbeiten, "planloses Lernen" unterstellst.
Hast du den goldenen Weg, wenigstens die Jōyō-Kanji zu lernen und zu behalten? Die Zahl der Zeichen und ihrer Komposita, die du in Büchern vermittelt bekommst dürfte in den meisten Fällen nur einen Bruchteil der notwendigen Zeichen abdecken. Und von diesem Anteil werden dann nicht alle Zeichen als Aktiv-Kanji vermittelt und abgefragt. Dann hast du die Situation, dass du einige hundert Zeichen mehr oder weniger gut lesen und schreiben kannst, und du hast sicherlich auch ein echtes Vokabular zur Verfügung (was dir
Heisig so nicht bietet), aber du stehst immer noch vor der Herausforderung, einen großen Teil an Zeichen noch lernen zu müssen. Und dann gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Du schreibst jeden Tag eine Seite aus einem Kanji-Wörterbuch ab (wurde hier echt vorgeschlagen). Da stellt sich dem Lernenden ohne photographisches Gedächtnis sofort die Frage, wie man sich denn nach einer Woche, oder gar nach einem Jahr noch an Bedeutung und Lesungen erinnern soll.
Du hast Zugriff auf einen attraktiven Text-Korpus und lernst Zeichen on-demand. Sobald du ein unbekanntes Kanji findest, lernst du die Lesungen und Bedeutungen und hast zugleich ein paar Vokabeln mehr. Auch hier sehe ich vor allem das Problem, daraus ein Aktiv-Zeichen zu machen, und das Problem der Abdeckung ist auch nicht gelöst.
Gibt's sonst noch Möglichkeiten?
Ich glaube, dass die meisten Leute, die
Heisig einsetzen, durchaus eine Vorstellung haben, wie sie lernen wollen. Und du darfst ihnen ruhig die Möglichkeit zugestehen, sie auszuprobieren und ggf. zu scheitern, was dir bei anderen Methoden auch passieren kann. Auch mit
Heisig sind Kanji und ihre Lesungen ein heftiger Brocken, und man muss auf jeden Fall am Ball bleiben, wenn man das Gelernte auch behalten will. Nur: das gilt für wirklich jede Methode.
Die seeligmachende Methode gibt es einfach nicht. Der Reiz an der
Heisig-Methode sollte doch offensichtlich sein. Sie ist systematisch, nutzt die Fähigkeit, Primitive in komplexen Zeichen zu erkennen, versieht diese Primitive mit Bedeutungen und nutzt die Eigenschaft des menschlichen Hirns, sich Geschichten auszudenken und diese zu behalten.
Heisig ist keine Abkürzung des Weges, sondern lediglich eine Abzweigung.