:l0a_d1v: Beitrag von:"Hiro"
Zitat: Kulturelle Änderungen „haben nicht stattgefunden“? Warum sollte man dann sonst von einer zweiten tabula rasa Japans sprechen? Die Niederlage im 2.WK hat das Selbstbild der Japaner, i.e. der „Kultur“, zutiefst erschüttert. Ein Blick in die Nachkriegsliteratur und in die Werke der „Kulturkritiker“ (Sakaguchi, Kawashima etc.) verschafft einen Überblick. Die japanische „Kultur“ an sich wurde negiert.
Diese „kulturellen Änderungen, bzw. Änderungsversuche“ sind zwar nicht durch US-Besatzung durchgeführt worden, aber wurden von ihnen initiiert worden.
Es ist interessant, deine Meinung darüber zu lesen, aber diesen Abschnitt finde ich "ein wenig überspannt". Also, natürlich hat die Niederlage das japanische Selbstbild verzerrt, aber Krieg auf diese Weise zu sehen...
Wenn man einen Krieg führt, muss man damit rechnen, dass man ihn verliert. Für die
Niederlage im Krieg Japans kann man weder die Alliierten noch sonst irgendjemanden
verantwortlich machen. Sie war eine Konsequenz aus den Übergriffen Japans auf Nachbarländer, auch wenn der Angriff auf Pearl Harbor eine Farce der US-Regierung war.
Nach der Niederlage im 2. Weltkrieg, gab es keine Aufforderung an die Bevölkerung, einen rituellen Selbstmord zu vollziehen, welches die einzig letzte Möglichkeit gewesen wäre
"die Ehre zu bewahren", obwohl dies keineswegs abwegig gewesen wäre. Hätte es eine solche Forderung gegeben, wären ihr wahrscheinlich so gut wie alle Japaner gefolgt.
Nein, es wurde damals die Entscheidung auf japanischer Seite getroffen, dem Volk eine Zukunft geben.
Und mal ehrlich: Ich finde, das war eine richtige Entscheidung. Die Vorstellungen in bezug auf Scham (hauptsächlich gegenüber sich selbst), Ehre usw. wurden von den Japanern eigenmächtig errichtet. Wenn ein Japaner sagt, der Sieg der Alliierten und ihre Besatzung hätten Japan seiner Ehre beraubt, so könnte die chinesische und koreanische Bevölkerung der durch Japan besetzten Gebiete exakt den gleichen Vorwurf gegen die Besatzungsmacht erheben.
Nur mal nebenbei: Genau das wird auch heute noch getan.
Zitat: Das ist so nicht richtig. Träger der Restauration war nicht der tennô, denn die Wiederherstellung seiner Macht war gerade ein Ziel der meiji ishin.
Das stimmt, dafür muss ich mich entschuldigen. Da habe ich Schwachsinn geschrieben. Gemeint habe ich, dass der (junge) Kaiser als Leitfigur (sicherlich im passiven Sinne) der Restauration eingesetzt wurde. Jedoch muss man die Durchführung bzw. zumindest den Anstoß für die Revolution mehr oder weniger mit der Unterzeichnung des "Restaurationsdekretes" verbinden, sofern ich nicht völlig daneben liege.
Bevor die kaiserliche Macht durch Schaffung eines neuen Regierungssystems wiederhergestellt wurde, lag die effektive Macht und der Verlauf der Revolution natürlich hauptsächlich in den Händen Adliger.
Zitat: Zitat: Tatsächlich handelt es sich dabei um die einzige Revolution "von oben", die jemals in der Menschheitsgeschichte erfolgreich war (!).
Das ist ebenfalls, milde ausgedrückt, inkorrekt, und deutlich gesagt vollkommen falsch. „Revolution von oben“ ist sogar ein fester Ausdruck (Schlegel). Es ist Definitionssache, was man genau darunter versteht und wer „oben“ ist. Allerdings „Revolutionen von oben“ - man kann z.B. auch das Bürgertum als „oben“ beschreiben – gab es in der Geschichte zuhauf. Nach der „Mutter aller Revolutionen“ in Frankreich, gab es doch eine im selben (!) Land durch Napoleon, um nur ein Beispiel zu nennen.
Hier muss ich auch zugeben, dass ich ziemlich auf dem Schlauch gestanden habe.
Ehrlich gesagt habe ich - selbst bei mehrmaligem Durchlesen - keine Ahnung, weshalb ich das überhaupt geschrieben habe...
Ich leide doch hoffentlich nicht unter Schlafmangel...
Zum Glück gibt es ja Leute hier, die aufmerksam nachlesen und berichtigen.
{persönliches 'Danke' an "bikkuri"}
Zitat: Jetzt muß ich kleinlich werden. „Dynastie“ kann man es nicht nennen, da nach der Mythologie alle tennô von einer ewigen Blutlinie – mit zwei zugedrückten Augen – sind.
Über japanische Mythologie wollte ich eigentlich nicht sprechen.
Ich persönlich sehe in der Geschichte der japanischen Kaiser eine Dynastienfolge wie in allen anderen Kaiser- oder Königreichen auch.
Würde man die Entstehungsgeschichte von "Blutlinien" oder "Rassen" diskutieren und dabei möglichst sachlich bleiben, würde man irgendwann auf den Schluss kommen, dass sämtliche Lebewesen dieser Welt biologisch evolutionär miteinander verwandt sind (wenn man nicht gerade aus streng religiösen Gründen die Evolutionstheorien infrage stellt), daher mache ich solche Unterschiede eigentlich nicht.
Trotzdem spricht man auf der ganzen Welt von Königshäusern und Dynastien. Um mich der Kommunikation der Welt anzupassen, drücke ich mich deshalb so aus.
Abgesehen davon, vertrete ich die Meinung, dass man schon einen Schnitt in den Dynastien vornehmen muss, denn die Meiji-Restauration war ein Neubeginn auch für die Kaisertradition, nachdem die Unterdrückung der kaiserlichen Macht durch die sieben (glaube ich) Jahrhunderte währende Herrschaft der Shogun beendet worden war.
Entschuldigung, aber das ist mein Standpunkt. Ich erwarte ja gar nicht, dass man dies versteht.
P.S.: Ich habe häufiger das Problem, dass ich mich falsch oder umständlich ausdrücke. Danke an jeden, der sich die Mühe macht, Informationen zu korrigieren oder Kommentare abzugeben!
Hiro