(08.01.12 04:50)L4D schrieb: freut mich zu lesen, dass du von Deiner ursprünglichen Position, dass man als Germanist nichts Brauchbares lernt, abgerückt bist.
Nein, ich bin nicht davon abgerückt, denn ich habe das so nie behauptet. Nicht ohne Absicht habe ich betont, dass ich das Fach
nicht als solches abwerten möchte. Es ging mir lediglich um die *spezifischen* Inhalte des Germanistikstudiums, genauer gesagt um die Frage, ob man eben diese spezifischen Inhalte später im Berufsleben anwenden kann.
Zitat:Ich gehe jetzt noch einen Schritt weiter und behaupte, dass die Unterscheidung zwischen allgemeinem und spezifischem Wissen willkürlich und wenig hilfreich ist. (Ich hab übrigens auch noch einige Nachschlagewerke aus der Studi-Zeit auf meinem Schreibtisch in der Firma.)
Wie begründest du diese Aussage? Wieso kann man allgemeines Wissen nicht von spezifischem Wissen unterscheiden?
Also hast du auch Germanistik studiert? Da könntest du doch jetzt mal sagen, was genau du aus dem Germanistikstudium heute in deinem Beruf anwendest, welche Nachschlagewerke du benutzt, welchen Beruf du hast, wie du diesen bekommen hast etc. Das wäre informativer, als wenn du weiterhin lediglich Andeutungen machst.
Zitat:Ich habe übrigens den Eindruck, dass hier vergessen wird, dass man als BWLer wiederum andere Probleme hat. Man muss schon besonders gute Noten und Uni-Namen oder besonders herausragende Praktika vorweisen, um sich unter all den anderen Absolventen interessant zu machen.
Na ja, es ist nicht mehr so einfach wie früher, dennoch bekommen BWL-Absolventen auch mit mittelmäßigen Noten in aller Regel früher oder später eine feste Stelle... es sind natürlich nicht immer tolle Stellen, aber es sind immerhin Arbeitsplätze mit regelmäßigem Einkommen. Denn es gibt einfach nach wie vor unheimlich viele Stellen für BWL-Absolventen, und das wird auch so bleiben. Dieses Glück haben viele Geisteswissenschaftler leider nicht, viele wissen ja gegen Ende ihres Studiums nicht einmal, was sie machen sollen/wollen/können. Und hier eben zu behaupten, das stimme nicht, es wäre alles gar kein Problem, halte ich vor dem Hintergrund der Eingangsfrage (Unterrichten in Japan) für fahrlässig. Wenn es bei dir anders war, ist das super, aber das ist nun einmal nicht die Regel...
Zitat:Ich kann Horus nur zustimmen, dass man das studieren sollte, was einem gefällt, da einen als mittelmäßiger BWLer auch nicht gerade eine goldene Zukunft erwartet. Da ist man doch lieber ein guter Germanist oder was auch immer.
Nein, so einfach ist das nicht, auch wenn du anscheinend viel Glück hattest. Für einen mittelmäßigen BWLer (warum eigentlich immer BWL? Es gibt auch andere Studiengänge mit noch besseren Berufsperspektiven) ist es immer noch viel einfacher und klarer als für einen guten Germanisten. Der Germanist braucht in aller Regel Zusatzqualifikationen, die aber auch nicht immer ausreichen (Nebenfach?). Der BWLer hat vieles gelernt, was er direkt in der Praxis anwenden kann.
(Ich meine hier mit Berufsperspektiven wirklich die Sicherung der Existenz durch einen angemessenen Job, nicht die "Traumstelle", ich rede auch nicht vom Ausleben der eigenen Interessen durch ein Studium.)
Und zu dem "was auch immer": Ich wage mal zu behaupten, dass man als guter Tibetologe ziemliches Pech auf dem deutschen Arbeitsmarkt haben wird, um mal ein Extrembeispiel zu nennen. Die meisten wissen ja nicht einmal, was das ist...
Noch einmal, auch wenn ich eigentlich nicht die ganze Zeit auf der persönlichen Ebene diskutieren möchte: Wenn es dir in deinem Studium und hinterher immer gut ging, ist das super. Aber ich kenne viele, die ziemliche Sinnkrisen durchlaufen, weil sie in einem "brotlosen" Studium stecken und einfach nicht herausbekommen, wie sie ihr Berufsleben gestalten sollen, weil sie nicht einmal wissen, was sie überhaupt wirklich können. Die sich überlegen, ob sie - nach dem Master - noch eine normale Berufsausbildung anhängen sollen. Das ist nicht gerade selten... Und ich rede von teilweise sehr guten Studenten.
In anderen Studiengängen gibt es so etwas kaum, da ist alles ganz klar.
Es geht doch überhaupt nicht darum, Germanisten oder sonstige in irgendeiner Form anzugreifen oder schlecht zu machen. Aber nicht umsonst gilt gerade die Germanistik als "brotloses" Studium. Das kann man doch nicht einfach verleugnen... das hilft keinem. Bitte objektiv bleiben!