RE: Lebensgewohnheiten
Das habe ich mir selbst ausgedacht, ist so eine cum-hoc-ergo-propter-hoc-Geschichte. Ich dachte, der Blutdruck ist verantwortlich auch für die Durchblutung der peripheren Kapillaren, und wenn er schwächer wird, wird diese entsprechend schwächer.
Beim Bubi berichtet das Labor, es ist kein Zeck gewesen. Jetzt nennt kein Arzt mehr eine Vermutung, was das ist. Das einzige, was bekannt ist, Antibiose lindert deutlich. Aber man kann nicht über die Jahrzehnte hinweg solche Tabletten fressen, weil nach dem Absetzen kommt es nach einiger Zeit zurück. Meine jetzige Vermutung ist eine ungünstige Formation der Nasenscheidewand und der Stirn- und Nebenhöhlen (von mir geerbt), aber selbst wenn sich das als zutreffend erweisen sollte, ist man keinen Schritt weiter. Die Behandlung mit Hammer und Meißel habe ich zeitlebens gescheut und will ich ihm nicht zumuten, solange er selber noch nicht genug urteilsfähig ist.
Zurück zum Thema (es ist mir noch was eingefallen):
Zu meiner Jugendzeit mahnten in D in den öffentlich Straßen in der Umgebung des Krankenhauses Verkehrsschilder dazu, nicht zu lärmen. Zur gleichen Zeit gab es in J auf dem Hof des Krankenhauses Hosokawa in Takuma einen großen Ofen für die Müllverbrennung, und es gab damals schon reichlich Plastikmüll, meiner Seel.
Das ist Symptom eines kulturellen Unterschieds, wo mir schon früh und dann immer wieder in J aufgefallen ist. Dem Krankenhaus in D wurde eine über seine eigene Immobilie hinausgreifende Einflußsphäre zugebilligt, während das Krankenhaus in J schon dann kein Krankenhaus mehr war, wenn man sich außerhalb seiner Mauern auf dessen eigenem Hof befand.
Das Verhältnis zwischen Innen und Außen wird in beiden Ländern auf eine schwer zu verstehende Art unterschiedlich gehandhabt. Der Japaner sagt, wenn ich auf dem Feld C3 auf dem Schachbrett stehe, dann stehe ich nicht auf C2. Als Deutscher würde man eher sagen, wenn ich auf C3 stehe, dann stehe ich auf dem Schachbrett. Ich wüßte auch drastischere Beispiele.
Es gibt aber Widersprüchlichkeiten. Da kann z.B. jeder Passant meinen Stromzähler ablesen, weil der außen an die Hütte geschraubt ist. "Na, Herr Yano, haben wir mal wieder an einem Tag drei Kilowattstunden verbraucht? Ist wohl schon Heizdecke, gell, aber jetzt ist doch noch nicht so kalt."
In Karuizawa hatten wir keinen Gartenzaun und waren nicht sehr oft da. Warum hatten wir keinen Gartenzaun? Irgendwelche Rowdys sind eingedrungen und haben den Garten-Wasserhahn aufgedreht. Kein Nachbar hat sich darum gekümmert, da läuft Tag und Nacht das Wasser, geht mich nichts an. Ich wage mal die Vermutung, John Lennon wenn da vorbeigeradelt wäre (der hat in Karuizawa gewohnt und war viel mit dem Fahrrad unterwegs), der wäre vielleicht abgestiegen, die kleine Anhöhe hinaufgegangen, um den Wasserhahn zuzudrehen. Aber es war Minami-Karuizawa, gleich bevor es den Usui-Toge runtergeht, hinter dem Golfplatz.
Das waren dann letztlich was über 200 Man fürs Wasserwerk. Mei Liaba da glang i glei.
:
Und Usui-Toge, da war ja Schneekettenpflicht, nicht ohne Grund. Ich hatte aber für meinen Lkw keine Ketten und habe mich die Nebenstrecke runtergeschlichen. Auf Glatteis. Niemand, der einigermaßen bei Trost ist, macht sowas. Der Laster war auf den Steilstrecken nicht mehr richtig zu bremsen, ich hätte nicht stehenbleiben können, aber ich war ja in der Nacht der einzige Doofi auf dieser Straße (Fußgänger gibts da nicht, die fallen ja auf Schnauze) und konnte irgendwie durch die Kehren schlittern, talwärts wird es ja wärmer, dann gehts wieder.
Ich habe überhaupt immer wieder beobachtet, Japaner können nicht so gut autofahren, besonders nicht auf Schnee und Eis - wie da immer wieder mal jemand umschmeißt. Einmal hat einer lobend angemerkt, daß ich auf gerader Strecke ruhig geradeaus fahren kann. Ich dachte, was soll das?, aber dann habe ich meinen Schwiegervater kennengelernt, der hat auch nach Jahrzehnten nicht gelernt, wie man ruhig und vorausschauend lenkt, und er traut sich schon seit Jahrzehnten nicht mehr zwischen die Reisfelder, weil er kein gutes Augenmaß hat, und wenn du da runterkippst ist es blöde. Meine Schwiegermutter bekommt übrigens regelmäßig eine amtliche Belobigung für deliktloses und unfallfreies Autofahren. Ihre lebenslange Fahrleistung außerhalb der (eingefriedeten) Fahrschule würde ich grob als null einschätzen, null Zentimeter.
:
Mehrmals war ich im Winter in Gorakukan, das ist der weltberühmte Onsen, wo auch die Affen baden. Da ist ein bißchen unten ein großer Parkplatz, eigentlich sind die beiden Straßen rauf gesperrt, aber am lustigsten und sehr romantisch ist es dort im tiefsten Winter, und das Ryokan hat auch auf, wenn die Straßen gesperrt sind. Ist mir doch wurscht, ich fahr mit meinen Sommerreifen da rauf, ging ja auch, so steil ist es da nicht, aber ich fuhr an ein paar umgekippten Autos vorbei. War niemand verletzt, hab ich gefragt, bin dann weiter rauf ins Hotel und das Telefon funktionierte. Ich hab vorher gesagt, komm, drei, vier Leute kann ich bis rauf mitnehmen, aber die hatten die Schnauze voll von der Bergstrecke.
:
Mein größter Sohn hat den Führerschein in D gemacht, ist aber eigentlich Japaner. Danach hat er bis zum ersten Unfall eine Fahrstrecke von schätzungsweise 8 gebraucht - also 8 Meter. Meine große Tochter hat einen sehr teuren Blechschaden verursacht, immerhin aber erst 20 km nach Erteilung des Führerscheins. Beide fahren nicht mehr.
Es ist nicht so, daß die anderen aggressiv fahren würden (wie etwa in der Türkei), sondern es mangelt an Fahrzeugbeherrschung. Ich glaube nicht, daß das in D groß anders ist als in J. Selten aber doch manchmal bin ich in J an einen Taxi- oder Busfahrer geraten, der fuhr wie ein junger Gott, sei es extreme Bergstrecke oder das ganze Gewusel in Osaka Stadtmitte.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05.01.15 04:28 von Yano.)
|