Da ja nun auch hier in Deutschland der Sommer eingezogen ist -sicher auch dank eolb's "sonniger Grüße"
- heute ein Beitrag passend zur Jahreszeit, und das möglichst rasch, ehe morgen womöglich schon der Herbst seine zittrigen Finger nach uns ausstreckt...
Der Sommer ist die Jahreszeit, in der in Japan allmählich die runden
ume-Pflaumen 梅reifen. Aus den noch grünen Früchten wird dann in der Regel wird
ume-shu 梅酒 hergestellt, indem man Pflaumen in
shôchu 焼酎 einlegt, einen Süßkartoffelschnaps aus Kyûshû.
Wem der in Mitteleuropa verkaufte
ume-shu zu süß ist (so wie mir), sollte sich vielleicht mal daran heranwagen, es selbst einmal mit der Herstellung zu probieren, die Zubereitung von ist höchst einfach! Dafür benötigen wir die grünen, noch etwas harten Früchte aus. Reife Pflaumen lassen das Getränk trüb und minderwertig werden. Auch müssen sie frei von Maden und unverletzt sein. Zu dieser Zeit werden in Japan die grünen Früchte in rauhen Mengen in Supermärkten und Gemüsegeschäften verkauft, wahrscheinlich legen viele Familien auf diese Weise ihre Vorräte an!
Die Pflaumen waschen wir kurz in kaltem Wasser und trocknen sie gründlich mit einem Tuch ab, ehe wir sie in ebenfalls gut ausgewischte Gläser bzw. Flaschen füllen. Anschließend kommen auf 1,8 Kilogramm Pflaumen etwa 500 Gramm Kandiszucker und 1,8 Liter 35%iger
shôchu. Das Getränk sollte dann an einem kühlen, dunklen Ort aufgestellt werden, und wir müssen uns drei Monate gedulden, ehe wir davon probieren...
Sobald die Pflaumen gereift sind, Farbe angenommen haben und weich geworden sind, beginnt allmählich die Saison der
ume-boshi 梅干し, der gesalzen eingelegten Pflaumen , die lange Zeit haltbar sind. Dazu werden die Pflaumen in riesigen Bottichen schichtweise mit reichlich Salz eingelegt, der Vorgang kann, wenn ich mich recht erinnere, bis über ein Jahr dauern!
Wie auch
nattô werden
ume-boshi von manchen Japanern gern genutzt, um den nichtsahnenden Gaijin zu schocken, wenn er voller Appetit in die verlockend rote Frucht beißt, um schon im nächsten Augenblick -leicht irritiert vom unerwartet salzig-sauren Aroma- eine ähnliche Gesichtsfarbe anzunehmen.
Dagegen hilft, wie so oft, sich an den Geschmack zu gewöhnen und ihn lieben zu lernen. Ich empfehle dazu die berühmten
ume-boshi aus Wakayama (auch gelegentlich auch mit der alten Provinzbezeichnung Kishu bezeichnet). Die Pflaumen, die ich meine, sind groß, fleischig und von einer leuchtend orange-roten Färbung. Hinter ihrem zunächst kräftigen Salzgeschmack verbirgt sich ein angenehm süß-saures Aroma, nach einigen Momenten der Überwindung sollte es nicht schwerfallen, täglich etwa einmal an den Kühlschrank zu schleichen und sich genüßlich eine zu genehmigen, zumal ihr Genuß auch eine kreislaufanregende und was-weiß-ich gesundheitsfördernde Wirkung haben soll. (Doch Vorsicht: ich habe in Deutschland auch schon
Kishu-umeboshi gekauft, die den oben genannten weder im Aussehen noch im Geschmack gleichkamen, also sollte man beim ersten Versuch immer auf alles gefasst sein...)
Zu Zeit der Pflaumenernte sprießen auch die
shiso-Pflanzen 紫蘇, zu deutsch Perilla oder Schwarznessel, ein sommertypisches Gewürzkraut in verschiedenen Sorten. Seit alten Zeiten gilt diese Gewürzpflanze in Japan als sehr wertvoll, sie soll die Fähigkeit haben, leichte Erkältungen zu vertreiben und den Blutkreislauf anzuregen. Des weiteren besaß sie den Ruf, Gifte zu neutralisieren: Hatte man sich beim Verzehr von rohem Fisch oder Krabben einmal den Magen verdorben, trank man einen Tee, gekocht aus Shiso-Blättern. Auch heute ist es daher noch üblich, zu Sashimi junge frische Blätter, Triebe oder Knospen des "Grünen Shiso" (
ao-shiso 青紫蘇) zu reichen.
Die Blätter der roten Variante, des
aka-shiso 赤紫蘇 werden stattdessen seit der zweiten Hälfte der Edo-Zeit beim Einlegen der
ume-boshi als spezielle Zutat beigefügt, um deren schöne Farbe zu erhalten und die Pflaumen gleichzeitig vor Schimmelbefall zu bewahren: dem charakteristischen Duftstoff Perillaaldehyd verdankt das Gewürz auch eine konservierende Wirkung!
Der Geschmack von
shiso läßt sich nur schwer beschreiben, erinnert an Anis, leicht an Zimt und paßt bei etwas Phantasie zu den verschiedensten Zubereitungen, als Zutat in Salaten bis hin zu einer Creme-Suppe. Leider ist das Kraut in Deutschland nicht grad beim Gemüsehändler um die Ecke zu bekommen.
Wohl dem, der dann einen Garten hat!
gokiburi, der wieder erstmal gucken geht, was der Kühlschrank zu bieten hat.