Zunächst mal: Natürlich sind einsprachige Wörterbücher nützlich, und natürlich sollte man als fortgeschrittener Lerner sich so viel wie möglich in der zu erlernenden Sprache aneignen (Vokabeln, Grammatik, ...).
ABER:
Zitat:Wie da das einzelnde Wort innerhalb eines Satzes zu uebersetzen ist interessiert mich da eher wenig.
Was "Dich eher wenig interessiert", ist DEIN Problem. Japanologie-Studenten haben ein anderes! Natürlich hast Du in gewisser Weise recht, wenn Du sagst, "Eine Uebersetzung ist doch kein Vokabeltest", aber Da legst Du einen anderen Begriff von "Übersetzung" zugrunde als die Prüfer in Sprachklausuren. Eine Sprachklausur soll nicht beweisen, daß Du es "verstanden" hast und in der Lage bist, einen geschmeidigen deutschen Text zu erstellen, sondern sie dient in erster Linie zum Nachweis, daß Du die Wörter "kennst" und die grammatische Konstruktion "durchschaut" hast. Als Folge davon hast Du da einen 'deutschen Text' abzuliefern, aus dem der Prüfer Rückschlüsse darauf ziehen kann, daß Du richtig erkannt hast, daß z. B. "suru you ni natta" 'es kam dazu, daß' »heißt«, auch wenn Du tausendmal der Meinung bist, daß "Und es kam dazu, daß man Rindfleisch aß" nicht sehr schön ist. Daß das nicht so toll ist, ist wahr, aber das darfst Du nicht MIR vorwerfen, sondern das ist eben ein Reglement, das aus der spezifischen Zielsetzung so einer Übersetzungsklausur resultiert.
Zitat:"Woerterbuchuebersetzungen" klingen furchtbar und kriegen eine 5 von mir.
Und "geschmeidige", "wohlklingende", oder gar "freie" Übersetzungen kriegen ein "durchgefallen" vom Prüfer. Ich denke, es erübrigt sich die Frage, welcher Standpunkt für den geprüften Studenten wohl relevanter ist: Deiner oder der seines Prüfers. Der Prüfer will ja nicht vom Prüfling wissen, was in dem Text drinsteht (den versteht er ja selber!), sondern er will wissen, ob der Prüfling die Grammatik durchschaut und auch keine Vokabel "übersehen" hat. (Das ist nunmal so, und das kann weder ICH ändern, selbst wenn ich es wollte, noch wird sich das ändern, nur weil es DIR nicht gefällt. Es ist und bleibt einfach EINE (!) Form von Übersetzungsrealität - und zwar eine, die man als Student - auch wenn man sie "unsinnig" finden mag - dennoch einfach nicht als "unsinnig" abtun kann, weil der eigene Abschluß davon abhängt. Dagegen aufzubegehren, ist schlichtweg realitätsfremd.)
Zitat:Auch sie uebersetzen also keine einzelnden Woerter sondern immer ganze Saetze/Wortgruppen.
Das ist einfach falsch; und zwar insbesondere Dein pauschalisierendes "immer". Was ist z. B. mit der Übersetzung von Stücklisten? Kein Satz/keine Wortgruppe weit und breit. Ähnliches gilt für tabellarische Lebensläufe, Gesundheits- und diverse andere Zeugnisse und Urkunden, Indizes, Statistiken usw.
In der Übersetzer- und Dolmetscherausbildung nimmt die Wortschatzarbeit einen wichtigen Platz ein. Das Erstellen von Glossaren ist absolut notwendig. Im Deutschen sagen wir "Schraube", der Engländer hat "screw" und "bolt". Wann sage ich also "screw", wann sage ich "bolt", wenn der deutsche Gesprächspartner von einer "Schraube" spricht? Das ist nicht etwa egal. Gerade beim Übersetzen (aber auch beim Dolmetschen) ist es SEHR wichtig, die jeweils genormte Terminologie zu verwenden.
Ich muß eben wissen, daß "blackbird" 'Amsel' oder "robin" 'Rotkehlchen' heißt. Wie willst Du das aus dem Kontext oder der Satzgruppe erschließen, wenn Du es nicht als Vokabel gelernt hast? "Und dann sah Mr. Baker auf dem einen Ast einen XXX(Vogel) und auf dem anderen Ast einen XXX(Vogel)." (Im übrigen: Da helfen Dir auch einsprachige Wörterbücher in der Regel SEHR wenig weiter. Die beschreiben Dir irgend so ein japanisches Tier oder eine japanische Pflanze, und dann? Dann weißt Du meist trotzdem nicht, wie Du das Viech in Deiner deutschen Übersetzung zu nennen hast. Im Übrigen: Das Beispiel mit den Vögeln ist sogar ein Extrembeispiel der anderen Art: Hier muß der Dolmetscher noch nichtmal wissen, was eine Amsel oder ein Rotkehlchen ist! Er muß einfach nur wissen, wie die entsprechende Vokabel in der anderen Sprache lautet. Zu "verstehen" ist hier also nichtmal nötig. Aber - wie gesagt - das ist natürlich nicht die Regel.)
Übersetzen/Dolmetschen ist eine TRANSFERleistung. Und zum Transfer gehört eben auch (nicht nur! aber eben auch!), daß ich nicht nur "verstehe", was gesagt wird, sondern daß ich in der Lage bin, "in den Worten und Konventionen der anderen Sprache", diese Information auszudrücken. Dazu ist es nötig (nicht nur! aber eben auch!), daß ich weiß, welcher Terminus in der Zielsprache diesem oder jenem Terminus in der Ausgangssprache entspricht.
Gute Dolmetscher bereiten sich auf jeden Einsatz vor, indem sie Vokabellisten mit den, im kommenden Auftrag vermutlich relevant werdenden Vokabeln pauken. Wenn ich auf einer Messe zwischen Betonbauern dolmetschen muß, dann schaue ich mir vorher nochmal an, was "Estrich", "Spritzguß" usw. heißen. Denn sowas kommt vermutlich vor, und wenn ich's dann nicht weiß, bin ich aufgeschmissen. (Natürlich kann ich's auch "umschreiben", aber das erweckt - gerade, wenn es um einigermaßen 'übliche' Ausdrücke geht - keineswegs einen professionellen Eindruck. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen... und die Zahl der Dolmetscher, die wieder angefordert werden, von der, die man nicht wieder ruft...)
Wenn ich eine Reisegruppe bei einer Vogelexkursion begleiten soll, dann sollte ich mir vorher "Amsel", "Rotkehlchen" und "Eisvogel" nochmal anschauen..., sonst kann ich stets nur "und wieder ein anderer Vogel" sagen...
Fazit: Ich weiß nicht, welche Art von Übersetzen/Dolmetschen Du meinst, aber ich kann aus meiner Erfahrung als Sprachlehrer und aus der meiner besseren Hälfte als Übersetzungswissenschaftler Deinen Ausführungen seriöserweise nicht zustimmen.
EDIT: Bikku war schneller... aber egal: Trotzdem gut, daß wir mal drüber gesprochen haben