(18.05.14 08:27)Woa de Lodela schrieb: Das glaube ich nicht, wie soll denn z.B. Empathie möglich sein, wenn man kein Ich-Bewusstsein hat?
Empathie könnte auch als mechanische Handlung ablaufen, falls sie evolutionär nützlich ist. Es würde effektiv keinen Unterschied machen. Es ist wie wenn ein Kind seine automatische Puppe kuschelt, und die programmierte Puppe antwortet darauf "Ich hab dich lieb, ich hab dich lieb", weil sie so programmiert ist.
Selbst scheinbar intelligente Handlungen können ja ohne Bewusstsein ablaufen.
Hoimar von Dithfurth gibt in seinem Buch "Am Anfang war der Wasserstoff" ein schönes Beispiel mit einer bestimmten indischen Raupe. Um sich während der Erstarrungsphase vor Freßfeinden zu schützen, spinnt sie sich ein und hüllt sich in ein Blatt. Allerdings ist eine Raupe zu schwach um ein Blatt um sich zu wickeln. Was tut sie? Sie beisst den Stiel des Blattes an, welches daraufhin zu welken beginnt und sich um die Raupe wölbt, die anschliessend eine recht gute Tarnung hat. Schon das alleine sieht für einen Aussenstehenden wie eine zielgerichtete, auf Grund von Überlegungen angestellte Handlungsweise aus.
Dennoch ist auch das nicht ausreichend. Es besteht eine gute Wahrscheinlichkeit, das ein Vogel zufällig mal an dem welken Blatt herumstöbert und dadurch die Raupe entdeckt. Da Vögel schnell lernen, würde er von nun an verstärkt auf welke Blätter, die scheinbar zufällig zwischen grünen Blättern herumhängen achten. Das würde die Überlebenschancen der Raupenart schnell drastisch reduzieren.
Stellen wir uns vor, die Raupe würde uns Menschen fragen, was sie in dieser Situation tun könnte um ihre Überlebenschancen weiter zu verbessern, so würden die meisten von uns wahrscheinlich erstmal ins Grübeln kommen. Was macht jedoch die Raupe nun? Statt nur das Blatt, in welches sie sich hüllen möchte anzubeissen, beisst sie 7 oder 8 Blätter an, die nun ebenfalls zu welken anfangen, aber lediglich die Funktion haben, als Attrappen zu dienen. Die Chance das ein Vogel der zufällig an einem welken Blatt stöbert, nun gleich die Raupe findet, besteht nun etwa 1:7 und es besteht eine gute Wahrscheinlichkeit das der neugierige Vogel das Interesse an welken Blättern verliert, bevor er die Raupe findet.
Siehst du worauf ich hinaus will? Die Handlungsweise der Raupe wirkt auf einen Aussenstehenden durchaus intelligent und als wäre sie das Resultat einer bewussten, vorausschauenden und planenden Handlungsweise. Man kann aber wohl ausschliessen das die Raupe über Intelligenz und Bewusstsein verfügt. Was spielt es aber in der Evolution für eine Rolle ob eine Handlungsweise auf Grund von Voraussicht und bewusster Erkenntnis erfolgt, oder ob es sich einfach um einen automatisierten Reflex handelt? Der Effekt ist der gleiche.