(21.06.09 07:47)irgendwer schrieb: ...Also ich hoffe, mitlesende Japaner fühlen sich nicht beleidigt oder so, aber aus deutscher Sicht sind japanische Häuser teuer und wirklich sehr schlecht:
...
Können mich mitlesende Japaner mit Insiderinformationen versorgen? ;-)
Hallo,
Deine Anfrage stammt schon aus der Vorzeit, aber vielleicht ließt Du noch Deine Chatseite.
Mich hat die Frage auch nicht in Ruhe gelassen, die Antworten sind aber Klimmer- Geographisch bedingt.
1.Wie schon geschrieben sind die Erdbeben ein sehr wichtiger Faktor. Auch wenn die Häuser zusammenbrechen sind viele Bestandteile der Gebäuden immer noch gut zu verwerten. Das heißt man kann die Trümmer noch immer zum wiederaufbau sehr gut verwenden. Was bei Beton/Ziegelbauten schlecht möglich ist. Da bleibt mehr Schutt.
2.Japan ist von Gewässern umgeben. Das führt auf fast allen Inseln zu feuchten heißen Sommern. Diese Kombination ist unerträglich, wie in der Karibik im Sommer. Die Japanisch Weißheit besagt: „wenn es zu kalt ist, kann man sich wärmer anziehen. Wenn aber zu warm kann man nicht mehr ausziehen“. Daher diese leicht, zügige Bauweiße auf Sommer ausgerichtet. Die Japanische Häuser besitzen noch Fensterläden um sich vor Kälte und Taifunen zu schützen. Man baut sie vor den Papierfenstern, wenn es notwendig ist. Gegen Durchzug besitzen diese Häuser Paravans, die den Luftzug bei Kälte verhindern.
In modernen Japanischen Bauweiße spielen diese Häuser keine Rolle mehr. Sie sind out. Zu kalt, zu umständlich im Unterhalt. Beton hält den Siegeszug schon seit Jahren.
Ich lebe seit 1981 in Japan und habe ein Haus dieser Art auf dem Lande –übrigens von einem Deutschen Unternehmer in Japan in stand gebracht. Ich habe Freunde, die auch nur in solchen Häusern leben, oder ein Sommerhaus dieser Art besitzen. Ich kann es nur eins sagen. Im Sommer kann man dort ohne Klimaanlage auskommen, in den Betonbunkern nicht! Fürs Winter habe ich mein Haus unauffällig umgerüstet, z.B. Fenster aus Glas.
Nicht zu trotz sind die Holzhäuser phantastisch gut und den damaligen Möglichkeiten der Japaner angepasst. Außerdem sind die Räume freier und durch verbautes Holz ansprechender. Meine Japanische Frau, ein Stadtkind ist absolut gegen alles Japanische gewesen. Sie lehnte, wie die meisten modernen Japaner, Kimonos, Tatamimatten, alte Häuser, hiesige Religionen, Traditionen etc. ab. Erst durch meine Begeisterung der Japanischen Kultur gegenüber ist ihr klar geworden, dass die alten nicht dumm, oder primitiv waren – sie beugten sich einfach der Natur. Kimonos sind trotzdem unbequem!
Heute besuchen wir nach Möglichkeit alle sechs Sumo-Turniere im Jahr, nehmen wir an Bogenschießen (Kyudo) teil, bei Feiertagen ziehen wir Kimonos an – eine Art von Weihnachten, protestieren gegen Walfang und Abschlachtung von Delfinen. Nicht alles ist Gold was glänzt.
Die Ablehnung den Ausländern (Gaijin) gegenüber hat sich auch gemildert. So wie nur manche alte Franzusen immer noch unfreundlich dem Deutschen gegenüber sind. Meine Schwiegereltern, eine ältere Samurai, in Traditionen aufgewachsene Familie, lehnte mich als gleichwertig ab. Ich war auch nie bestrebt dessen Achtung zu erlangen. Aber erst als ich meine Schwiegervater in seinen Lieblingssport – Kendo besiegt habe und andere Dan meine nennen konnte sprechen sie mit mir ungewöhnlich, fast Europäisch, offen.
Das schreibe ich nur um zu sagen, dass das alte Japan am sterben ist und das neue nicht immer besser ist.
von Miller
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