Gerade heute habe ich mich mit einem Sinologen unterhalten, der vor seinem Studium zwei Jahre in China Chinesisch studiert hat und erst nach seiner Rückkehr mit dem Studium in Deutschland begonnen hat. Dies berge sehr viele Vorteile. Durch das Lernen "vor Ort" habe man einen rascheren Start in die Sprache. Schon binnen eines halben Jahres wäre man auf dem Level eines 3-4. Semesters. Die Lerngeschwindigkeit ist enorm. Innerhalb eines Jahres werden dem Studierenden, bei regulärer Stufenfolge, ca, 2500 Zeichen eingetrichtert. Da sollten sich die Japanisch-Studierenden mal eine Scheibe von abschneiden und nicht immer wegen der ach so viele kanji lamentieren. ^^
Nach Abschluss des zweiten Jahres wäre es dann möglich schon recht flüssig Zeitung und einfache Literatur zu lesen.
Akademisch gesehen sei es auch ein Vorteil, da man nach zwei Jahren einen Abschluss, i.e. A.A. - den gibt’s übrigens auch in Japan! - machen könne. Er konnte danach sein Studium in D unbeschwert beginnen. Es war ihm möglich, die gesamte Zeit dem Grundstudium zu widmen, ohne sich Gedanken über Sprachkurse und deren Implementierung in den ohnehin schon wild durcheinander geworfenen Stundenplan machen zu müssen. Auch mit den Nebenfächer konnte gleich begonnen werden, ohne in Zeitnöte zu geraten. Größter Vorteil, so sagte er mir, sei der nahtlose Übergang zum Hauptstudium. Ich selbst hatte nach meiner Rückkehr aus Japan damals das Gefühl irgendwie außerhalb des Universitätsbetriebs zu stehen. Ich benötigte fast ein Semester mich wieder ‘einzustudieren’. Zudem ist viel Wissen, das ich mir während des Grundstudiums angeeignet hatte, der Vergessenheit anheim gefallen. Meine Japanzeit war für mich zwar eine willkommene ‘Auszeit’ (nicht vom Lernen, sondern vom deutschen Uni-Alltag!), aber sinnvoller wäre wohl ein Aufenthalt, danach, oder noch besser, davor gewesen. Die Studienberatung wird dir wohl etwas von den Forschungen erzählen, die du in Japan durchführen wirst und dem Sammeln von Material für deine Abschlussarbeit. ‘Großes’ stünde dir bevor. Das ist Quatsch! Ich habe in über 9 Jahren noch _keinen_ Studenten kennen gelernt, der wirklich etwas geforscht hätte (na ja, außer der schon idiomatischen gewordenen ‘Höhlenforschung’ ^^). Die Profs bilden da nach eigenen Aussagen natürlich die Ausnahme. Die hatten die fertige Habilitation wohl schon im Koffer.
Kurz gesagt, wenn ich nochmal die Wahl hätte, ich würde einen Aufenthalt davor (und danach) machen. Allerdings ist das natürlich eine finanzielle Frage. Ein Sprachstudium vor dem eigentlichen Studium müsste man aus eigenen Mitteln bestreiten.
Noch was zum Studium an der VHS o.ä. Das ist m.E. reine Zeit- et Geldverschwendung. Vielleicht mal ganz nett, wenn gerade nichts im Fernsehen läuft oder zur Zerstreuung, wenn einem seine Freundin wieder mal Saures gegeben hat, aber zum ernsthaften Sprachstudium ist dies nur eine Sackgasse. Dann doch lieber einen Yoga- oder Kochkurs. Letzterer versöhnt dann auch wieder die Freundin (s.o.). Im Ernst, ich denke, ein paar Stunden Japanisch in der Woche geben einem zwar ein gewissen Eindruck der Sprache, suggerieren aber gleichzeitig die Erlernbarkeit des Japanischen, wenn man nur genug Kurse besucht hat. Dem ist nicht so! Du kannst 100 Jahre (sic!) auf die VHS gehen und trotzdem wirst du nichts reißen.
Was die berufliche Zukunft eines Japanologen betrifft; schwer zu sagen. Kultur-Attaché im Auswärtigen Amt, Leiter einer Theater-Gruppe, Spezialist für japanische Lackwaren, Mitarbeiter der internationalen Abteilung einer koreanischen Anwaltskanzlei, Redakteur, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Schriftsteller, Sachbearbeiter, Übersetzer. Hier eine kleine Auswahl meiner Ex-Kommilitonen. Könnte nicht bunter gemischt sein. In welches Berufsfeld du gerätst, hängt von deinem Engagement, deinen Interessen, deinen Fähig- und Fertigkeiten etc. ab. Ich sagte ‘gerätst’, da der bestimmende Faktor (welch Paradox!) in den meisten Fällen der Zufall ist.
Zitat: Um dabei ein ungefähres Ziel vor Augen zu haben wollte ich mal fragen ob mir mal jemand überschlagen kann wie viele Dinge ich wirklich zu lernen habe. Ich meine damit, vorrausgesetzt man kennt die gesamte Grammatik, wie viele Formen es gibt.
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Schreckt dich das ab? Dann lass es lieber!