Hallo,
Zitat: 2) Chinesisch ist keine Sprache sondern eine Sprachfamilie [...]
Das ist strenggenommen zwar richtig, aber wir können wohl davon ausgehen "Ich" bezieht sich mit "Chinesisch" auf Putonghua, und das ist keine Sprachfamilie.
Zitat: Also wo liegen die Vorteile in der Japanischen und der Chinesischen Sprache?
Also was "Vorteile" betrifft, kann ich Hyoubyou nur zustimmen, und sagen, dass Chinesisch dir bei der Jobsuche mehr helfen dürfte. Was nicht heißt, dass Japanisch das nicht ggf. auch tun könnte, aber nicht in dem Ausmaße.
Davon mal abgesehen, finde ich es etwas schwer, bei Sprachen "Vorteile" zu finden...
Wenn du damit meinst, "Was ist für einen Deutschen leichter zu erlernen?", muss ich ehrlich sagen "keine Ahnung", da beide Sprachen in vielerlei Hinsicht sehr verschieden vom Deutschen sind.
Ich denke einiges dürfte dabei davon abhängen, wie man mit dem Tonsystem des Chinesischen klar kommt. Das Chinesische hat 4 bedeutungsunterscheidende Töne in denen eine Silbe ausgesprochen werden kann (zudem gibt es tonlose Silben und Silben in denen die Töne anders klingen als üblich, weil sie vom Ton der folgenden Silbe beeinflusst werden). D.h je nachdem mit welcher Tonkontur du eine Silbe wie z.B. "ming" aussprichst, verändert sich deren Bedeutung (meist grundlegend, wir sprechen hier im Großen und Ganzen nicht von etwas, das der Flexion von Wörtern im Deutschen entspricht).
Wenn du damit gut klar kommst, ist eine der wesentlichen Schwierigkeiten des Chinesischen aus dem Weg geräumt.
Als nächstes käme dann die Hürde der Schrift. Sowohl Japanisch als auch Chinesisch werden in Kanji (bzw. Hanzi) geschrieben, die (und ich vereinfache das hier jetzt sehr stark!) im großen und ganzen Bedeutungseinheiten (man beachte: nicht Wörter!) repräsentieren. Chinesisch wird ausschließlich in Hanzi geschrieben, Japanisch hat zusätzlich noch Kana genannte Silbenschriften, mit denen man theoretisch (d.h. als Anfänger oder Kleinkind) "vollwertige" japanische Texte verfassen kann. Lesen kann man Japanisch allerdings ohne Kanjikenntnisse (bzw. Zeichenlexikon) im Großen und Ganzen nicht wirklich. Es gibt zwar Bücher (für Kinder/Jugendliche geschrieben), die Lesehilfen in Form von Kana neben den Kanji haben (das nennt man dan Furigana, "schwebende Kana"), aber in "ernsthafter" Literatur, Zeitungen etc. sucht man das, außer bei seltenen Zeichen, vergeblich.
Chinesisch hat eine lateinische Umschrift (Pinyin), aber die findet außerhalb des Unterrichts oder in anderen Hilfsfunktionen (wie z.B. Ordnung von Lexika, Eingabe am PC) meines Wissens keine Verwendung.
Ursprünglich von gleicher Form (weil von den Japanern aus China übernommen), wurden die Kanji in beiden Sprachen inzwischen "vereinfacht" -leider auf jeweils unterschiedliche Art, weswegen das für einen Lerner beider Sprachen nicht wirklich eine Vereinfachung ist...
Chinesische Hanzi haben den ungemeinen Vorzug, i.d.R. nur eine Lesung zu haben (auch wenn sich der *Ton* wie oben erwähnt ändern kann), japanische haben meist mehrere. 2-3 geläufig verwendete Lesungen pro Zeichen sind hier die Regel, würde ich aus dem Bauch heraus sagen (wenn jemand exakte Daten hat, wäre das natürlich besser). In Extremfällen gibt es aber auch mehr...(ca. 12 gibt es bei manchen Zeichen locker)
Die Schrift ist in beiden Fällen eine beträchtliche Hürde. Sie zu erlernen ist zwar nicht im engeren Sinne "schwierig" (also intellektuell anspruchsvoll oder dergleichen), aber es ist eine unglaubliche Lernarbeit, die so schnell nicht endet und die dazu beiträgt, dem Lerner, bis er mal gut in der Mittelstufe ist, den Zugang zu Originaltexten, den man als Deutscher in Europäischen Sprachen vergleichsweise schnell erlangen kann, sehr stark einzuschränken/ zu verbauen.
Bliebe außerdem noch zu erwähnen, dass in beiden Sprachen das Vokabular, abgesehen von westlichen Lehnwörtern, gar nichts mit dem Deutschen/Englischen etc. gemein hat, was anfangs auch eine beträchliche Schwierigkeit beim Lernen darstellt. Das gibt sich aber irgendwann, wenn man mal ein Gefühl für die Morpheme beider Sprachen entwickelt hat (Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten einer Sprache, aus denen sich dann die Einheiten die wir als Wörter kennen, konstituieren).
Was gleichzeitiges/aufeinander folgendes Studieren beider Sprachen betrifft, kann ich nur sagen, dass man zwar eingeschränkt beim Lernen einer Sprache von Kenntnis der jeweils anderen profitiert, genauer gesagt was die Teile des Jap. Wortschatzes betrifft, der aus dem Chinesischen stammt, was gerade z.B. in der Zeitungssprache und allgemein wenn es fachlicher wird, nicht wenig ist. Was die Schriftzeichen betrifft, so sind sie aber, wie schon erwähnt, in beiden Ländern unterschiedlich vereinfacht worden (und auf Taiwan gar nicht), und Zeichen mit gleichem Ursprung werden auch teils anders verwendet, so dass man hier vielfach doppelt lernen muss. Teilweise hilft es aber auch, und sicherlich ist man nicht mehr so "geschockt", wenn man schon mal mit dem Grundprinzip aus einer andere Sprache vertraut ist.
Grammatisch und in der Aussprache unterscheiden sie sich aber grundlegend voneinander, so dass man hier keinen Vorteil hat.
Ich möchte übrigens eher davon abraten, beides *gleichzeitig* zu studieren. Ich tue eben dies, als Übersetzerstudent mit Japanisch als Erst-und Chinesisch als Zweitsprache, übrigens auch in Bonn (der Studiengang ist inzwischen allerdings nicht mehr für Neuimmatrikulation offen). Schon vor meinem Japanaufenthalt (bin jetzt seit ca. 4 Monaten hier) habe ich gemerkt, dass ich mich wesentlich mehr auf das Japanische konzentriert habe, und hier in Japan hat mein Chinesisch dann erstaunlich schnell erstaunlich stark abgebaut. Deswegen macht es wohl mehr Sinn, zuerst eine Sprache zu lernen, bis sie wirklich *stabil* ist, und dann erst mit der anderen anzufangen.
Den Punkten 5 und 6 von Hyoubyou (Lernaufwand und Einsatz) stimme ich übrigens rückhaltlos zu.
Noch ein bisschen was zum Studienort Bonn: Die Zahl der Studenten in beiden Fächern ist sehr groß. Die der Dozenten nicht. Die Räumlichkeiten sind begrenzt. Die Folge: Die Sprachkurse sind daher, ohne Verschulden der Dozenten, suboptimal, auch wenn es sich vielleicht durch die Zulassungsbeschränkung für BAs im Laufe des letzten Jahres gebessert haben mag. Auf jeden Fall war es katastrophal als ich im Grundstudium war (bis vorletztes Semester). Ich denke nicht, dass das an anderen Unis unbedingt besser sein wird, aber erkundigen könnte sich lohnen. Immerhin hängt von der Qualität der Sprachausbildung sehr viel ab, vor allem falls man kein begeisterter Selbstlerner ist (dann sollte man sich aber vielleicht ohnehin besser von Chin. oder Jap. fernhalten).
Achja, was Auslandssemester/-jahr betrifft, tut sich die Bonner Uni nicht gerade hervor (mag aber auch hier allgemein so sein - das es aber zumindest Ausnahmen gibt, weiß ich) - das muss man alles selbst anleiern. Es gibt zwar Direktaustauschplätze, aber nur wenige, hart umkämpfte (unter 10 jedes Semester oder Jahr, weiß ich nicht mehr genau - bei mehr als 100 Studenten in jedem Jahrgang).
Ich hatte außerdem immer das Gefühl, der Japanischunterricht in Bonn sei recht langsam - man kommt in 4 Semestern des (alten, vor BA) Grundstudiums ca. auf JLPT-3-und ein-paar-gequetschte Niveau und lernt nach Lehrplan lediglich ca. 800 Kanji, was ein Witz ist. Da empfiehlt sich also, viel außerhalb des Unterrichts zu tun. Auf der anderen Seite kann ich aber nicht sagen, ob das gelernte dadurch vielleicht besser hängenbleibt als an anderen Unis, bzw. wie schnell man überhaupt an anderen Unis vorangeht. Nur, dass ich es persönlich in Bonn als langsam empfand.
Zuletzt bliebe noch zu erwähnen, dass der weitaus beste Dozent, den ich je (nicht nur in Japanisch) erlebt habe, inzwischen weg ist (unterrichtet jetzt hier in Tôkyô Deutsch). Ohne ihn, der den Grammatik- und (für Übersetzer) Sprach- und Übersetzungswissenschaftsunterricht leitete, soll das Niveau des Sprachunterrichts angeblich nicht unbeträchtlich gesunken sein (ein Bekannter ist noch im Grundstudium und erzählt so manches in der Richtung).
Falls du noch irgendwelche weiteren Fragen zu Bonn hast, versuche ich gerne, die zu beantworten
(Allerdings weiß ich nicht allzuviel über die innere Organisation der BA/Regiostudiengänge.)
Valkhyr