Man kann allerdings über diese Dinge nicht ernsthaft diskutieren, ohne ein einigermaßen objektives Bewertungskriterium heranzuziehen, da sonst sämtliche Aussagen subjektiv bleiben. Allgemeine Aussagen wie "fortgeschritten" oder "Anfänger" sind dafür aufgrund ihrer unklaren Bedeutungen hierfür denkbar ungeeignet.
Außerdem muss man persönliche, außerordentliche Leistungen außen vor lassen, um Vergleichsmöglichkeiten zu haben. Das bedeutet, dass die Fähigkeiten von jemandem, der sich z. B. zwischen den Stufen 3 und 2 befindet, möglicherweise schon viel weiter sein können, als für die Prüfungen gefordert wird, weil er sich links und rechts von seinem eigentlichen Lehrstoff weiteres Lehrmaterial sucht und bearbeitet.
Wenn jemand sagt, dass er sich noch nicht mal auf dem JLPT 3 Niveau befindet und sich trotzdem
einigermaßen gut unterhalten kann, dann würde ich entgegenhalten, dass diese Unterhaltungen wahrscheinlich recht einfacher Natur sein werden. Im Übrigen ist auch der Terminus "einigermaßen gut" keineswegs klar umrissen und beinhaltet für jeden eine subjektiv andere Wertung.
Um darüber diskutieren zu können, müssten wir uns erst einmal auf eine gemeinsame Grundlage, wie z. B. die
6 Niveaustufen zum Erwerb europäischer Sprachen einigen.
Und wenn ich z. B. diese Niveau-Stufen zugrunde lege, dann würde ich jemanden, der sich auf dem Niveau des JLPT 3 befindet, gerade mal auf dem Niveau A2 ansiedeln, denn er kann mit Sicherheit nicht "
über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben." (welches Teilinhalte des B1-Niveaus wären).
Das Vokabular des JLPT 3 ist wirklich nur als grundlegend zu bezeichnen und jedes Lehrwerk, welches einen auf dieses Niveau gebracht hat, ist im Anfänger-Bereich angesiedelt (z. B. Japanisch für Schüler, die beiden Assimil-Bände, alle 初級 'shokyuu'-Minna no Nihongo - hier sagt´s schon die japanische Bezeichnung).
Das bedeutet alles nicht, dass es nicht einiges an Arbeit und Eifer benötigt, diese Stufe zu erreichen und dass man nicht stolz darauf sein darf, so weit gekommen zu sein (ich weiß, das sehen einige hier anders). Aber man darf auch nicht die Augen davor verschließen, dass es bis zum völligen Beherrschen dieser Sprache noch ein sehr weiter Weg ist und man sich gerade mal am Anfang dieses Weges befindet.
Ob man nun das A2-Niveau als fortgeschritten bezeichnen möchte oder nicht, das liegt wieder im Bewertungssystem eines jeden einzelnen. Für mich jedenfalls zählt der JLPT3 in den Anfängerbereich, eher noch würde ich das Niveau des JLPT2 als fortgeschritten bezeichnen. Immerhin besteht noch ein großer Unterschied zwischen dem Lernstoff der 3. und der 2. Stufe des JLPT: Allein die Grammatik-Vorbereitungsbücher zählen um die 170 zusätzliche Grammatikfälle für den JLPT2 auf (beim JLPT3 sind es ca. 80) und bis zum JLPT2 müssen mehr als 5000 Vokabeln sowie ca. 800 Kanji zusätzlich gelernt werden (für den JLPT 3 sind es "nur" 1500 Vokabeln und 300 Kanji oder so). Schaut man dann noch weiter, dann sind es noch weitere mehrere tausend Vokabeln, noch einmal über 1000 Kanji, schwierigere Grammatikfälle und zusätzlich Redewendungen und noch einiges mehr bis zum JLPT1. Allein diese Zahlen belegen meiner Meinung nach, dass das Niveau des JLPT3 nicht als fortgeschritten bezeichnet werden
kann.