Zitat:Dein Punkt ist, dass der "Wort[bestandteil] 'ba' [mit Bedeutung 'Platz'] erst viele Jahrhunderte später Verwendung findet" als die Lesung taba belegt ist. Aus diesem Grund lehnst Du die Herleitung von einem taba mit der Bedeutung 'Ort der Reisfelder' ab.
Tatsächlich ist eine der mehreren Theorien für die Herleitung von ba die Kontraktion des niha > nba > ba. Diese Entwicklung dürfte zutreffen. So viele Jahrhunderte können es jedoch nicht gewesen sein, dass sich 'ba' für 'Ort' etabliert hat, denn bereits im 1275 entstandenen 名語記, einem ethymologischen Wörterbuch (also keinem Verzeichnis von Neologismen), wird genau dieses ba mit entsprechender Bedeutung angeführt.
Nun, wenn man keine Entwicklung Tama > Taba > Tama annimmt, düfte die genannte Schreibweise im Nihon ryôiki also auch Taba zu lesen sein. Damit sind wir bei ca. 800 angelangt, also gaaanz am Anfang der Heian-Zeit.
Kanns im Moment nicht im Nihon kokugo daijiten oder so checken, aber so weit ich weiß und soweit ich es mit den Sachen, die ich hier hab, nachvollziehen kann, ist ba 'Ort' für die Heian-Zeit nicht belegt. Das Myôgoki (übrigens nicht 1275 entstanden, das war schon länger in der Mache; 1275 ist nur das Jahr, in dem die 10-bändige Ausgabe fertiggestellt worden sein soll) ist dann erst gegen Ende des 13. Jh., so daß ein Abstand von bereits fast einem halben Jahrtausend vorliegt.
Allerdings ist es gerade das Myôgoki, das deswegen wertvoll ist, weil es viel Umgangssprache der damaligen Zeit enthält. Etymologisierungsversuche ändern nichts daran, daß in vielen Fällen gerade NEUES Wortgut Beachtung findet --- gerade hier liegt der Grund des Interesses vieler an selbigem Werk. Auch hieraus läßt sich schon vermuten, daß ba zu der Zeit noch nicht alt gewesen sein kann.
Ferner ist es egal, ob ba < nifa (< nipa) zutrifft, da dies nichts an der Beleglage ändert. Erst nach dem Klassischjapanischen taucht ba überhaupt in nennenswertem Umfang auf und in bezweifle stark, daß gerade in offiziellen Ortsnamen schon Jahrhunderte vorher diese nicht belegte Form auftauchen soll.
(Und auch wenn ba < ... nipa nicht zutreffen sollte, so ist die Entwicklung nipa > nifa > ... > ba ohne Probleme zu belegen in der Heian-Zeit, wie gesagt auch in vielen Namen. -- Zutreffen dürfte die Herleitung aber mit großer Sicherheit. Erstens gibts ne semantische Übereinstimmung, die zeitliche Entwicklung paßt, das Kontraktionsverhalten ist reichlich für die gleiche Zeit in anderen Sachen belegt, ferner gibts auch Anhaltspunkte wie Glossierungen von Zeichen wie 場 als nifa in Lexika wie dem Myôgishô [immerhin noch späte Heian-Zeit].)
Mal ganz davon abgesehen, daß du mit "niha > nba > ba" schon den nächsten eklatanten Anachronismus einbaust. Mit einer Aussprache [h] für die ハ行 ist erst in der Edo-Zeit zu rechnen. Das ba ist also garantiert nicht aus niHa entstanden.
Zitat:Die chronologisierende Argumentation auf Basis von Belegen lässt unberücksichtigt, dass Sprache sich entwickelt, bevor sie sich in "klassischen" Texten widerspiegelt.
Sprache, aber wir reden hier von Ortsnamen. Ortsnamen, die sich selbst in ihrer ältesten Form i.d.R. nicht mittels japanischer Klamotten erklären lassen, der Ursprung von einem Großteil dieser Ortsnamen ist also nicht einmal direkt im J. zu suchen. Zudem sollte man bedenken, daß sich selbst eine riesige Menge an HEUTIGEN Ortsnamen ohne weiteres in die vorklassische Zeit zurückverfolgen lassen, teils sogar ohne großartige Veränderungen. (Änderungen sind dann nicht selten das Ergebnis von "korrigierenden" Fehllesungen, siehe etwa "Gunma" 群馬 < Kuruma.)
Ein Teil der Namen --i.d.R. die, die sich halbwegs aus dem J. erklären lassen-- zeigt zur Normalsprache parallele Lautentwicklung, aber nicht alle. Ortsnamen _grundsätzlich_ mit lebendiger Sprache gleichzusetzen ist nicht gerade ungewagt, zumal hier oft auch konventionalisierte (oft offizielle) Schreibweisen noch einen Rahmen abgeben.
Zu Tama ~ Taba weiß ichs nicht, kann sein, daß es da wirklich nichts gibt, was großartig eher als ~800 ist. Ka, zu faul, um da jetzt zu suchen.