(28.07.13 19:34)Hellstorm schrieb: Was mich ja mal interessieren würde, ob man irgendwann ein Level erreicht hat, bei dem man sich halbwegs bequem zurücklehnen kann, das ganze Wissen allerdings nicht irgendwann restlos wieder verschwindet.
Also sagen wir mal, ich kann irgendwann bequem Bücher zum Vergnügen lesen, Fernsehsendungen und Filme verstehen und mache dann nur noch wenig für Japanisch (weil ich andere Hobbys oder keine Zeit mehr habe). Also mein Japanisch„lernen“ ist dann im Grunde nur noch das Lesen und Hören an sich, aber nicht mehr aktives Lernen.
Kann ich da mein Wissen auch möglicherweise über Jahrzehnte halbwegs konstant halten, oder verschwindet das sofort ins Bodenlose?
Ich kann das derzeit nur aus der Perspektive vom Englischen beurteilen.
Nach 9 Jahren relativ nutzlosem Schulenglisch habe ich in den darauffolgenden 10 Jahren mein Umfeld zunehmend vollständig auf Englisch umgestellt. Gut, viel aktiv gelernt habe ich nicht, aber zumindest immer unbekanntes Material nachgeschlagen und auseinandergenommen. Kein sonderlich hohes Tempo, aber über 10 Jahre kommt da gut was zusammen.
Ich müsste mich irgendwo zwischen C1 (aktiv)/C2 (passiv) aufhalten, da mein aktives Englisch etwas schwächer ist, auch wenn ich viel schreibe.
Vokabeln nachschlagen passiert nur noch sehr selten und dann meist nur zur Vergewisserung. Für mich ist der Lernprozess quasi beendet, da ich keinen Sinn mehr sehe extrem fachspezifisches Vokabular zu lernen, das ich nie benutzen werde und mir auch nie begegnen wird.
Da mein Alltag zu ~75% aus Englisch besteht (abnehmend, da Japanisch mehr einnimmt) ist es für mich kein Problem durch bloßen Konsum die Sprachfähigkeit zu erhalten.
Hier kommt jetzt allerdings der Knackpunkt: Mein Deutsch lässt nach, obwohl es meine Muttersprache ist. Nicht so sehr, dass ich nicht mehr kommunizieren kann, aber hier und da ertappe ich mich, dass mir einige Ausdrücke nicht direkt einfallen oder ich Englische Redewendungen verwende, die nicht verstanden werden. Wobei das zugegeben extrem selten passiert, aber es fällt einem durchaus auf wenn die Muttersprache schwächelt.
Würde ich meinen Englischkonsum vollständig einstellen, wäre die Sprache sicher irgendwann weg, aber ich muss mich nicht ums aktive Lernen bemühen um plötzlich keine Romane mehr lesen zu können ohne irgendwas nachzuschlagen. Die Sprache macht allerdings einen beträchtlichen Teil meines Alltags aus. Wäre dem nicht so, würde die Sache wieder anders aussehen. Man schaue sich nur einmal an wie schnell Menschen ihr Englisch vergessen wenn sie mit der Schule fertig sind...und das Schulenglisch ist ja bereits keine sonderlich solide Grundlage.
Beim Japanischen wird es nicht anders sein. Durch die Kanji ist der Aufwand zur Erhaltung eventuell etwas höher, wobei sich das vermutlich primär auf den aktiven Spracheinsatz bezieht, wenn selbst die Japaner klagen, dass sie durch eMails schreiben verlernen Kanji zu schreiben.
Das Problem ist zum einen erstmal auf ein müheloses Niveau (ähnlich eines Muttersprachlers) zu gelangen. Dort angekommen ist es nicht so schwierig sich auf dem Level zu halten, vorausgesetzt man beschäftigt sich regelmäßig mit der Sprache.
Das andere Problem sehe ich darin, dass es schwer sein dürfte mehrere Sprachen auf einem gleichen, sehr hohen Level, zu halten.
Ich denke nicht dass es ein Problem sein wird mein Japanisch auf dasselbe Level wie mein Englisch zu bringen, wohl aber halte ich es für schwer alle drei Sprachen hochzuhalten. Das dürfte die eigentliche Herausforderung sein, den In- und Output so zu managen, dass keine Sprache wirklich abbaut. Da mir das selbst jetzt nicht mehr 100%ig gelingt, bin ich gespannt wie es in ein paar Jahren aussieht. Vermutlich mir dann nix mehr Deutsch
Um jetzt aber von nur einer Fremdsprache zu reden: Solange man die Sprache regelmäßig einsetzt, dürfte es keine Probleme geben. Der Punkt "andere Hobbys" ist auch relevant: Wieviele Hobbys lassen sich auch in der Fremdsprache ausüben? Anderssprachige Internetforen zum Thema besuchen, Japanische Bücher darüber lesen und auch sonstige Freizeitgestaltung in anderer Sprache ausüben. Beherrscht man L2 (Japanisch) ähnlich gut wie L1 (Deutsch), ist es vollkommen irrelevant in welcher Sprache das Material vorliegt.
Solange L2 aber nicht etwa L1 Niveau erreicht hat, tendiert man zum Konsum von Material in L1. Das meine ich mit dem "mühelosen Niveau" welches erst erreicht werden muss, bevor man die Sprachfähigkeit problemlos ohne weiteres aktives Lernen erhalten kann und sich auch nicht zu irgendwas überwinden muss.
Auweia, jetzt hätte ich in der Zeit auch einen Satz Vokabeln lernen können. Naja, ich hoffe mein Gesülze hat einigermaßen Sinn ergeben oder war eventuell sogar informativ.