(06.08.18 18:17)Yano schrieb: Gibt die phonetische Analyse auch was zu den Vokalen her?
Die Vokale waren zwar nicht gefragt von Pyrotoxis, wurden aber mitgeliefert und sind schön deutsch.
Na klar. Da man auf dem Spektrogramm quasi die Zungenposition ablesen kann, kann man wunderbar Vokale analysieren. Ich muss morgen früh aufstehen, daher mache ich das morgen abend mal.
Zitat:Ist die Meinung wissenschaftlich haltbar, daß es phonetisch ärmere und reichere Sprachen gibt, wobei eine phonetisch reiche Muttersprache beim Erwerb einer Fremdsprache hinsichtlich deren Phonetik günstig sei?
Also, dass es phonetisch arme und reiche Sprache gibt, sollte offensichtlich sein. Man vergleiche zum Beispiel das Vokalinventar von Deutsch und Japanisch.
Man sagt, dass sich Kinder ab einem Alter von ca. 6 Monaten an das Lautsystem der Muttersprache gewöhnt haben. Es fällt ihnen dann schwer, nicht-native Laute zu unterscheiden. Es gibt Experimente, die zeigen, dass japanische Kinder jünger als 6 Monate noch [r] und [l] unterscheiden können, später aber nicht mehr.
Dazu ein Zitat aus "Psycholinguistik" (Höhle et al) (du wolltest es ja wissenschaftlich haben
)
Höhle et al schrieb:Auch auf der Segmentebene [= einzelne Laute; nicht etwas die Betonung] finden sich während des ersten Lebensjahres Anpassungen an die Gegebenheiten der Muttersprache. Dies zeigt sich zuerst für die Klasse der Vokale. Bereits im Alter von sechs Monaten reagieren Kinder auf für ihre Muttersprache typische Realisierungen von Vokalen anders als auf weniger typische Realisierungen. Dies deutet darauf hin, dass sich in diesem Alter zielsprachspezifische Vokalkategorien zu etablieren beginnen. [...] Die kanadische Spracherwerbsforscherin Janet Werker fand heraus, dass sich bei Kindern gegen Ende des ersten Lebensjahres Effekte der Zielsprache auf die Lautdiskriminierungsfähigkeit zeigen: es beginnt Kindern in diesem Alter - genau wie Erwachsenen - schwer zu fallen, bestimmte nicht-native Lautkontraste zu unterscheiden. Zur Erklärung dieses Effekts hat Best ein Modell der perzeptuellen Assimilation vorgeschlagen, nach dem die Aneignung des spezifischen phonologischen Systems der Muttersprache dazu führt, dass nicht-native Laute auf dieses System assimiliert werden [siehe カタカナ英語]. Wenn die nicht-nativen Laute einer einzigen phonologischen Kategorie der Muttersprache zugeordnet werden [la, ra → ら], können sie nur noch schlecht diskriminiert werden.
Der Theorie der perzeptuellen Assimilation folgend, kann man also sagen, dass bei einer Muttersprache mit großen Lautinventar die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass es Überschneidungen mit dem Lautinventar der Fremdsprache gibt. Insofern ist eine Muttersprache mit großem Lautinventar von Vorteil.
Meiner Meinung nach müssen die Laute der Muttersprache und Zielsprache dann aber auch identisch bzw. sich sehr ähnlich sein. Obwohl wir im Deutschen zwei "u"- und zwei "ü"-Laute haben, ist das japanische う nochmal was anderes, das wir uns erstmal aneignen müssen.
Nach der Theorie neigen wir natürlich auch dazu, einfach das uns bekannte deutsche "u" zu sprechen, da wir den Unterschied vllt. gar nicht so genau wahrnehmen...
PS: Hier gibt's eine Karte, auf der man sieht, welche Sprachen ein wie großes Lautinventar haben:
http://wals.info/combinations/1A_2A#2/19.5/152.8
@Pytroxis
Input ist gut; zu viel Input ist schlecht. Etwas langsamer voranzugehen ist also genau die richtige Entscheidung, denke ich.