RE: jahrtausendalte Geschichte
Niemand bestreitet, daß es vorher dort nichts gegeben hätte. Es ging mir lediglich darum, nicht von einem Staat zu sprechen, bevor dieser überhaupt als solcher existierte. Die Königreiche und Stammesgesellschaften früherer Zeiten hatten ganz klar andere Namen. Abgesehen von der Geschichtsschreibung der Neo-Konservativen wirst du nur noch in wenigen neuen jp. Geschichtsbüchern die Bezeichnung "nihonjin" für die Bewohner vor 700 finden. Die werden dann "wa-jin" etc. genannt (z.B. in 日本の歴史 1-26 Bde, Kôdansha).
Darüberhinaus haben wir es generell mit dem Unfug zu tun, von Nationen schon vor dem 18.Jhd. zu sprechen. Wenn man mal von den gängigen Definitionen von „Nation“ (Smith, Gellner, Robertson, Giddens) ausgeht und dem Webers „Kulturelle Erinnerungsgemeinschaft“ zu Grunde legt, haben wir selbst noch in der Meiji-Zeit Probleme überhaupt von „Japan“ zu sprechen. Der kleine Bauer aus Tohoku wußte wohl nichts von einer Oligarchen-Restauration, der Errichtung einer Hauptstadt in einem ehemaligen Provinznest namens Yedo und den bedrohlichen Schwarzen Schiffen. Hätte man ihn um 1870 nach dem Land „Japan“ gefragt, so hätte man wohl nur ein „wakaraneebe“ geerntet. Welche Traditionen Inoue Testujirô & Co für „Japan“ erfanden, davon hatten die Menschen in der Peripherie keinen blassen Schimmer. Von gemeinsamen Werten einer GEMEINSCHAFT kann also gar nicht die Rede sein, folglich auch nicht von einer Nation.
Daß sich heutzutage sich diese Konstrukte wie ontologische Tatsachen darstellen, beruht auf einer zwei Jahrtausende überdauernden Semantik, deren Destruktion ebenso unmöglich erscheint wie die von anthropologischen „Tatsachen“. Zudem besteht das Problem des Mangels einer Ersatzsemantik.
Was das „nihongi“ betrifft, so würde ich mit kategorischen Aussagen vorsichtig sein. Es ist weder ein „Märchenbuch“ noch ein wirkliches Geschichtsbuch. Inwieweit es tatsächliche geschichtliche Ereignisse widerspiegelt, darüber ist sich die Forschung uneins. Fest steht, daß sich die Frage mangels Materials wohl nie klären läßt. Allein das „Lesen“ dieses Werks tuts dann doch nicht, zumal es in diesem Forum keiner im Original gelesen haben wird und die Übersetzung wohl noch mehr Raum für Interpretation offenläßt, trotz der zahlreichen Annotationen der Ashton-Übersetzung, die die Masse an Text bei weitem übersteigen.
Ach ja, wenn man schon ein Wort rezitiert, sollte man es richtig tun! „nihonshiki“ gibts nicht.
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