(14.03.11 19:16)BonsaiNooB schrieb: Und diese Typen von Tepco erscheinen mir sehr kriminell mit ihren Vertuschungsversuchen.
Sehe ich insgesamt auch so, bis auf den zitierten Satz. Wollen wir mal die Kirche im Dorf lassen: die müssen da einen Spagat zwischen Information und Verhinderung einer Massenhysterie fertig bringen. Stell dir mal vor, 30 - 40 Millionen Menschen versuchen sich in Panik-artiger Flucht in Sicherheit zu bringen...
Und so einfach ist die Entscheidung, das Land zu verlassen oder sich in Sicherheit zu bringen gar nicht: Für Japaner und Ausländer, die z. B. in Tokio leben und arbeiten, stellt sich noch ein weiteres Problem. Glücklich können sich diejenigen schätzen, die im Ausland arbeiten und von ihren Mutterfirmen zurück beordert werden. Aber in Tokio geht das Leben (noch) trotz widriger Umstände weiter, das heißt, Menschen gehen nach wie vor ihrer Arbeit nach und stecken in einem Dilemma: Fliehen und Freunde, Familie, Verwandte, Bekannte, Kollegen und den Job "im Stich" lassen oder "seinen Mann stehen"?
Wenn ich darüber nachdenke, dann versuche ich es immer, auf meine Situation hier umzumünzen: Würde ich tatsächlich alles stehen und liegen lassen, um aus einer solchen Gefahrenzone zu fliehen? Wann kann man die Entscheidung treffen, die Arbeit hinzuschmeißen und sich in Sicherheit zu bringen? Und gesetzt den Fall, man tut dies und der Gau bleibt aus bzw. die Wolke zieht gen Küste und Meer und nicht über meine Wohn- und Arbeitsstätte und ich komme dann zurück: Habe ich dann noch einen Job? Wie sehen mich Kollegen, Freunde etc. an? Werden die Zurückgebliebenen tatsächlich Verständnis haben oder nicht?
Was geschieht in der Zeit meiner Abwesenheit mit meinem Hab und Gut, mit meiner Wohnung oder meinem Haus? Im Erdbebenfall: Kann ich meine Alarmanlage eingeschaltet lassen oder muss ich sie ausschalten, da sie aufgrund der Erdstöße ausgelöst werden kann? Wird die Situation vielleicht von irgendwelchen Existenzen am Rande der Gesellschaft zu ihrem Gunsten ausgenutzt werden, also wird es vielleicht Plünderungen geben etc.?
Und was ist, wenn das Geld nicht reicht, um die ganze Familie mitnehmen zu können? Wer entscheidet, wer in Sicherheit fliegen darf und wer nicht?
Ja, ich weiß, hier in Sicherheit lassen sich solche Fragen theoretisch leicht beantworten: "Sieh zu, dass du Land gewinnst, dein Leben ist wichtiger!" Aber für die Menschen, die in dieser Situation stecken, stellt sich das Ganze doch schwieriger dar. Chouchajins Hilf- und Ratlosigkeit (so empfinde ich es, Entschuldigung) spricht Bände...
Und hier kommt wieder die Informationspolitik ins Spiel: Menschen hoffen, dass es vielleicht doch nicht so schlimm wird. Natürlich würde eine klare, reelle und den aktuellen Tatsachen entsprechende Aussage der offiziellen Stellen hilfreich für die Entscheidung: Wenn vorausgesagt wird, dass es auf jeden Fall zu einer Verseuchung kommen wird, dann würden sich viele schnell entscheiden können...aber dann ist da noch das Problem mit der Massenhysterie...und da beißt sich die Katze wieder in den Schwanz...
Ich denke, eine endgültige Antwort auf diese Fragen bzw. Lösung für diese Probleme wird es wahrscheinlich nicht geben.