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Strukturelle Ambiguität im Japanischen
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vdrummer


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Beitrag #11
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
(25.06.17 15:49)Dorrit schrieb:  Hmm... aber sie ergibt sich doch trotzdem aus der Struktur? Da in der vorhandenen Struktur die Informationen fehlen, die es eindeutig machen würden?

"Struktur" bezieht sich hier auf die Konstituentenstruktur des Satzes, also die Bäume rechts von den Zeichnungen. Wenn du anstatt dem Katzenkopf eine ganze Katze als Kopf hättest, wäre die Struktur aber immer noch die selbe.
Anders gesagt: Strukturelle Ambiguität hat eigentlich gar nichts mit der Bedeutung der Wörter zu tun. Die könnte man komplett weglassen. Wichtig ist nur, dass die Bäume anders sind.
25.06.17 16:08
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Nia


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Beitrag #12
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
Ok, habe mal kurz die pdf aufgemacht und mir das Beispiel mit der kleinen Nachtmusik angesehen.
Also merke:
Hat man eine no-Konstruktion mit einem Adjektiv+Nomen vor dem no vor sich und wie man es sich zurechtlegt, will nicht passen ... dann könnte Mehrdeutigkeit vorliegen und man sollte dann mal ausklammern und prüfen, ob es dann nicht Sinn ergibt. grins
Danke. grins

“A poet is a musician who can't sing.”
― Patrick Rothfuss, The Name of the Wind
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.06.17 16:17 von Nia.)
25.06.17 16:17
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vdrummer


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Beitrag #13
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
(25.06.17 16:17)Nia schrieb:  Hat man eine no-Konstruktion mit einem Adjektiv+Nomen vor dem no vor sich und wie man es sich zurechtlegt, will nicht passen ... dann könnte Mehrdeutigkeit vorliegen und man sollte dann mal ausklammern und prüfen, ob es dann nicht Sinn ergibt. grins

Genau. Und weiter hinten im PDF zeige ich noch, dass es auch mit NomenのAdjektiv+Nomen Mehrdeutige Interpretationen geben kann.
25.06.17 16:53
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Dorrit


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Beitrag #14
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
vdrummer schrieb:Anders gesagt: Strukturelle Ambiguität hat eigentlich gar nichts mit der Bedeutung der Wörter zu tun. Die könnte man komplett weglassen.

Nochmal hmm... hoho

Und nochmal zu den Sätzen 4 und 5.
Wenn man sich da 頭が猫 als der Kopf ist der einer Katze denkt, ist ja eigentlich etwas weggelassen worden, oder?
Zumindest aus deutschsprachiger Sicht.
頭が猫の頭 wäre eindeutiger.
Wobei 頭が赤い魚を食べた猫の頭 sich dann auch komisch anhört...

Wie würdest du denn die Ambiguität an der Stelle nennen?
Ist das die japanische "Wir lassen so viel wie möglich weg, es wird sich schon irgendwie aus dem Kontext ergeben, und falls nicht, Pech gehabt" - Ambiguität?

P.S. Hier gibts übrigens das passende Accessoire zum Thema → https://suzuri.jp/nanaya_sac/products
Da ist der Kopf dann auch die ganze Katze. grins
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.06.17 17:37 von Dorrit.)
25.06.17 17:12
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vdrummer


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Beitrag #15
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
(25.06.17 17:12)Dorrit schrieb:  Wie würdest du denn die Ambiguität an der Stelle nennen?

Soweit ich mich erinnere gibt es
  • Strukturelle Ambiguität (Innere Struktur ist anders)
  • Lexikalische Ambiguität (Ein Wort hat mehrere Bedeutungen)
  • Kontextuelle Ambiguität (Mehrdeutigkeit entsteht durch fehlenden Kontext)

Ich würde die Sache mit dem Katzenkopf am ehesten der kontextuellen Ambiguität zuordnen.

Zitat:Ist das die japanische "Wir lassen so viel wie möglich weg, es wird sich schon irgendwie aus dem Kontext ergeben, und falls nicht, Pech gehabt" - Ambiguität?

Die gibt's natürlich auch noch hoho
25.06.17 17:22
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Nia


Beiträge: 3.793
Beitrag #16
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
Ah gut. N no A N geht auch. Prima. grins

“A poet is a musician who can't sing.”
― Patrick Rothfuss, The Name of the Wind
25.06.17 17:39
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torquato


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Beitrag #17
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
(25.06.17 10:01)vdrummer schrieb:  
Zitat:Interessant. Dein PDF liest sich ja fast so wie der erste Draft, um Mittel für ein Forschungsprojekt einzuwerben. zwinker

Vielleicht hätte ich besser noch meine Bankverbindung angeben sollen... zwinker Der letzte Satz ist eine Motivation für mich selbst, endlich mal das japansiche Korpus zu erstellen, das ich schon seit Monaten erstellen will hoho

Ja, besonders beim letzten Satz kam mir der Gedanke.^^
Was soll das denn für ein Korpus werden?

Vielleicht doch noch ein paar Gedanken inhaltlich zum Thema. Ich denke jetzt einfach nur mal etwas laut und unausgegoren vor mich hin…

(23.06.17 14:58)vdrummer schrieb:  Der Klassiker ist "Die Frau sah den Mann mit dem Fernglas". Hier ist nicht klar, wer von den beiden das Fernglas hat.

Wir können im Deutschen ja bis zu einem gewissen Grad Satzglieder umstellen. Die Bedeutung des Satzes muß sich dabei nicht zwangsläufig ändern. Manchmal verschieben sich dabei leicht Konnotationen oder die Stilebene ändert sich. Manche Sprachen sind da noch freier (z.B. Latein) oder restriktiver (Beispiel?).

Obigen Satz kan man umstellen zu: "Mit dem Fernglas sah die Frau den Mann." Die Bedeutung ändert sich 'nur' insoweit, daß durch die Umstellung die Ambiguität verschwindet. In dem Satz ist jetzt klar, daß die Frau das Fernglas hat.

Es geht auch eine Umstellung, bei der das Fernglas eindeutig dem Mann zuzuordnen ist: "Den Mann mit dem Fernglas sah die Frau." Auch hier ist klar, wer das Fernglas hat. In dieser Wortstellung hat sich m.M.n. allerdings die Stilebene etwas verändert. Das klingt etwas altbacken oder poetisch.

Komisch irgendwie. Es gibt mehrere mögliche und von der Bedeutung her eindeutige Satzstellungen, aber die mehrdeutige scheint die Normalstellung zu sein.

Fragen:
1.) Ist so eine Umstellung im Japanischen auch möglich? Und wenn ja, welche Auswirkung hat das auf Ambiguität?
2.) vdrummer hast Du an diesen Aspekt schon gedacht? Und bringt der überhaupt etwas?

Wie gesagt. Das ist jetzt nur lautes Denken…

(25.06.17 17:22)vdrummer schrieb:  
  • Kontextuelle Ambiguität (Mehrdeutigkeit entsteht durch fehlenden Kontext)

Besonders bei CAT natürlich ein besonderes Problem. Kleines Anektörtchen dazu:

In einem Fußballforum hat mal ein Engländer via Google Translate mit der deutschen Gegenseite versucht zu kommunizieren. Heraus kam dabei: "Unsere Ventilatoren werden eine Menge Lärm machen!" hoho

Das B in Rassismus steht für Bildung.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.06.17 07:07 von torquato.)
26.06.17 06:46
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vdrummer


Beiträge: 1.445
Beitrag #18
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
(26.06.17 06:46)torquato schrieb:  Was soll das denn für ein Korpus werden?

Ein (mit POS-Tags) annotiertes Korpus auf Basis der J-Dramas der letzten 5-6 Jahre. Damit hat man dann gesprochenes Japanisch in Schriftform und kann solche Sachen wie "A N の N" suchen.
Wenn das gut funktioniert, wären auch Zeitungsartikel spannend, denke ich. Da kommt man ja leicht dran.

Zitat:Wir können im Deutschen ja bis zu einem gewissen Grad Satzglieder umstellen. Die Bedeutung des Satzes muß sich dabei nicht zwangsläufig ändern. Manchmal verschieben sich dabei leicht Konnotationen oder die Stilebene ändert sich. Manche Sprachen sind da noch freier (z.B. Latein) oder restriktiver (Beispiel?).

Chinesisch. Das ist eine ganz klare SVO-Sprache. Wenn man die Wörter an Subjekt- und Objekt-Position vertauscht, ändert sich auch die Bedeutung des Satzes:
我认识你。
wǒ rènshi nǐ
Ich kenne dich

你认识我。
nǐ rènshi wǒ
Du kennst mich

Je mehr Information in den einzelnen Satzgliedern steckt, desto flexibler ist eine Sprache in der Wortstellung. Im Deutschen haben wir die Kasus-Informationen in den Substantiven kodiert und können daher auch "Mich kennst du" oder "Dich kenne ich" sagen ohne, dass die intendierte Bedeutung verloren geht.
Im Chinesischen, was eine sog. isolierende Sprache ist, gibt es keine Flexion wie im Deutschen und keine Partikel, die den Kasus ausdrücken wie im Japanischen. Die obigen Sätze übersetzen sich also zu "ich kennen du" und "du kennen ich". Vertauschung von S und O führt somit zwangsläufig zu einer Bedeutungsänderung.

Zitat:Mit dem Fernglas sah die Frau den Mann.
[...]
Den Mann mit dem Fernglas sah die Frau."

Komisch irgendwie. Es gibt mehrere mögliche und von der Bedeutung her eindeutige Satzstellungen, aber die mehrdeutige scheint die Normalstellung zu sein.

Ich vermute mal, dass
a) SVO-Satzstellung
und
b) PP hinter der NP, auf die sie sich bezieht (hier bezieht sich die PP ja aber auf das Verb (Fernglas als Instrument des Sehens)...; Vllt. hinter NP oder VP?)
am natürlichsten sind.

Für den Fall, dass die Frau das Fernglas hat, wäre eine nicht-ambige Möglichkeit noch
Die Frau sah mit dem Fernglas den Mann

Zitat:Fragen:
1.) Ist so eine Umstellung im Japanischen auch möglich? Und wenn ja, welche Auswirkung hat das auf Ambiguität?

Bei den Adjektiv-Konstruktionen in Nominalphrasen mit の ist so eine Umstellung nicht möglich. Ich hatte das ja versucht.
Bei der Katze geht das aber:
猫が頭の赤い魚を食べた
頭の赤い猫が魚を食べた
Dadurch wird aus der Nominalphrase natürlich ein ganzer Satz.

Zitat:2.) vdrummer hast Du an diesen Aspekt schon gedacht? Und bringt der überhaupt etwas?

Mir ging es erstmal nur darum, auf die Ambiguitäten aufmerksam zu machen. Über Strategien zur Vermeidung habe ich mir noch nicht wirklich Gedanken gemacht...

Zitat:Besonders bei CAT natürlich ein besonderes Problem. Kleines Anektörtchen dazu:

In einem Fußballforum hat mal ein Engländer via Google Translate mit der deutschen Gegenseite versucht zu kommunizieren. Heraus kam dabei: "Unsere Ventilatoren werden eine Menge Lärm machen!" hoho

War das Spiel vllt. im Sommer? zwinker
Das ist ein schönes Beispiel von Ambiguität in der Praxis der Sprachtechnologie grins



Noch ein paar Zitate aus "Computerlinguistik und Sprachtechnologie" (Carstensen et al) zum Thema:

Zitat:Die Anzahl der syntaktischen Lesarten von ganz gewöhnlichen Sätzen, die von größeren Parsing-Systemen geliefert wird, ist zumeist erheblich höher als der Ambiguitätsgrad, den selbst geschulte Syntaktiker auf den ersten Blick erkennen. Als klassisches Beispiel für diesen Effekt wird in der Literatur gerne der Satz
(3.43) Time flies like an arrow.
angeführt, dessen Lesarten wie
(3.44) Zeitfliegen mögen einen Pfeil.
(3.45) Bestimme die Geschwindigkeit von Fliegen so, wie es ein Pfeil tut!
zwar (ohne einen entsprechenden Kontext) völlig abwegig, nichtsdestotrotz aber grammatisch sind und deshalb von einem syntaktischen Parser auch erkannt werden.

Zitat:Zudem gibt es Fälle, bei denen eine Disambiguierung schlicht nicht möglich ist.
Für die Eingabekette
(3.47) Es klappte gut weil Maria die Freundin von Anna aus Osnabrück mit dem Auto von Petra aus Bielefeld abgeholt hat.
produziert der Gepard-Parser (vgl. Langer 2001) insgesamt 1732 Strukturbeschreibungen.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.06.17 09:52 von vdrummer.)
26.06.17 09:22
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torquato


Beiträge: 2.823
Beitrag #19
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
(26.06.17 09:22)vdrummer schrieb:  Im Deutschen haben wir die Kasus-Informationen in den Substantiven kodiert und können daher auch "Mich kennst du" oder "Dich kenne ich" sagen ohne, dass die intendierte Bedeutung verloren geht.

Du meinst sicherlich "Du kennst mich." vs. "Mich kennst Du.", oder? zwinker

Danke insgesamt für Deine ausführliche Antwort. Das heißt wohl, daß mein 'lautes Denken' nicht ganz so abwegig war… Ich werde auf einzelne Punkte noch antworten. Bis dahin erstmal:

Danke für den Erklärung zum restriktiven chinesischen Satzbau. Genau das hatte ich mir mit dem kurzen "(Beispiel?)" erfhofft!^^ Als Dank eine Gretchenfrage: Wie sieht das bei Dir mit dem Latein aus? Früher war das ja mal _die_ Referenzsprache in den Philologien…

"Bestimme die Geschwindigkeit von Fliegen so, wie es ein Pfeil tut!" huch Großartig! \o/ Vollkommen richtig, aber man muß erstmal drauf kommen. zwinker

Interessanter Gedanke, daß maschinelle Übersetzer die Jahreszeit (Uhrzeit, Temperatur, oder was auch immer) als Kontext zur Hilfe nehmen könnten. Wäre ich gar nicht drauf gekommen. Ich weiß nicht mehr genau welches Fußballspiel das war mit dem Übersetzer-Ventilator… Es war ein reguläres internationales Pflichtspiel. Bei der Vita 'meines' Vereins kommt da nur Spätherbst bis ca. März in Frage. Also eher unwahrscheinlich, daß der heiße Sommer für den Ventilator gesorgt hat.

Das B in Rassismus steht für Bildung.
26.06.17 11:07
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Nia


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Beitrag #20
RE: Strukturelle Ambiguität im Japanischen
Was waere denn da statt 'Ventilator' richtig gewesen?
Manchmal ist dass ja so eine Sache mit dem uebersetzen... findet man ja auch ulkiges in Büchern.
Ein extremes Beispiel von verlesen und dann falsch uebersetzen, ist und bleibt für mich folgendes:
Im englischen Original zog der Held mit zig tausend 'Kriegsmaennern' los um den uebermaechtigen Feind entgegenzutreten.
In der deutschen Übersetzung nimmt er stattdessen zig tausend Frauen mit auf den Feldzug. ^^

“A poet is a musician who can't sing.”
― Patrick Rothfuss, The Name of the Wind
26.06.17 11:38
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Strukturelle Ambiguität im Japanischen
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