Nachdem wir hier letztens diverse Diskussionen über dieses Thema hatten, war ich natürlich sehr interessiert an diesem Stern-Bericht.
Ja, und was soll ich sagen, ich finde schon sehr viel aus den Diskussionen auch in diesem Bericht wieder, natürlich mit vielen Bildern und - ganz klar - Statistiken. Interessant ist, dass ausgerechnet ein Ehepaar aus Liebe als Rahmen gewählt wurde - um die 'normale' japanische Ehe dagegen abzugrenzen. Aber natürlich beschränkt sich der Artikel nicht auf die Ehe, sondern beschreibt auch Pornoindustrie, Prostititution, Otakus, Gokon-Abende zum Kennenlernen, Grapschen in der U-Bahn, Schuluniformen, Nampa usw. Und, ja, auch auf die 'Treue' von Mann und Frau wird eingegangen.
Insgesamt ein sehr interessanter Artikel, der auch 1 1/2 Seiten Statistik enthält (z. B. Wie lernt man sich kennen? Welche Rolle spielt die Prostitution? Wie wird verhütet?). Manches wird etwas kurz abgehandelt, aber bei immerhin 17 Seiten kann man sich trotzdem nicht beklagen.
Die meisten der berichteten Dinge waren mir schon bekannt (wenn auch manchmal nicht so krass - siehe Wettbewerbe der männlichen Otakus ^^), aber neu war mir, dass es 70 Puppenpuffs in Japan gibt. Jawohl, dort stehen keine lebenden Prostituierte zur Verfügung, sondern lebensechte Puppen. Sachen gibts. Auch unbekannt war mir, dass fast jeden Monat Mädchen oder junge Frauen von Otakus entführt und quasi als Sklavinnen bei diesen zu Hause gehalten werden.
Bleibender Eindruck bei mir aber ist eigentlich nicht das Krasse, sondern das Gefühl, dass es einen hohen Leidensdruck in Sachen Liebe gibt. Ich meine damit, dass der Artikel (und auch die Diskussionen hier im Forum) bei mir so ankommt, als ob viele Japaner im Grunde sehr unzufrieden mit dem Wechsel zwischen festgefahrenen Konventionen und den krassen Extremen sind. Vielleicht die Folge davon, dass auch in Japan der Individualismus zunimmt? Einiges jedenfalls kam mir sehr bekannt vor, z. B. die Angst des Mannes vor einer emanzipierteren Frau oder die Ablehnung der Begrenzung auf Ehe und Familie von karrierebewussten Frauen.
Ich finde den Artikel jedenfalls empfehlenswert.