(13.03.15 14:21)Hachiko schrieb: Bei diesem Lied, besser gesagt Totentanz, graut es mir.
Und diesen Film kenne ich in seiner vollen Länge, da graut es einem ebenso.
Ist es denn eine Art Totentanz, oder war das nur eine Assoziation im historischen Kontext mit den Ereignissen, die im Film angeprochen werden? Der kulturelle Hintergrund dieses Liedes würde mich sehr interessieren. Also wie ob und wie der Tanz traditionell eingesetzt wurde.
(13.03.15 14:21)Hachiko schrieb: Diese politisch engagierte Frau ist auch eine hervorragende Brecht-Interpretin, gesungen in deutscher Sprache.
Und ihr Stil ist ganz ihr eigener und lässt keinen türkischen Einfluss erkennen.
Hör mal hier:
https://www.youtube.com/watch?v=qw03_CEVifc
Ja, so kenne ich Milva. Klassisch italienisch. Auch wenn Brecht der Mann war, der kein Wort der Kritik für die DDR gefunden hat und mit Eisler seine Propaganda als "Neue deutsche Volksmusik" verkaufte... ältere Werke Brechts sind natürlich zurecht Klassiker.
Aber du musst mein Kompliment an Milva nicht so energisch zurückweisen. Ich weiß nicht, was du unter "türkischen Einfluss" verstehst. Viele Deutsche denken beim zum Reizwort verkommenen Schlagwort "türkisch" an Arabesk oder gar an Bauchtanzmusik, aber ich habe mit "Stil erinnert mich an die besseren Vertreter der türkischen Sanat-Musik, die sich durch künstlerisch ernste Epik aus dem Schlagerkitsch der Zeit erhoben" auf einen jüngeren Sanatstil angespielt, also eine musikalisch durchaus anspruchsvolle Richtung der Massenmusik aus der Zeit der kemalistischen Republik. Die ernsthafte Beschäftigung mit den traditionellen Wurzeln der Musik und moderne Anwendung steht in keinem Vergleich zum deutschen Schlager und anderer europäischer Formen der muskalischen Abflachung.
Aber ich nehme deinen Hinweis als Anregung für die Bemerkung auf, dass man sich auch bei vermeintlich "abendländischer" Musik hüten sollte "türkischen" Einfluss aufzuschließen. Weder das Oktoberfest in Müchen noch die Schützenaufmärsche in Norddeutschland wären ohne "türkischen" Einfluss heute so denkbar. Jede Marschkapelle verwendet heute noch nicht nur originär osmanische Musikinstrumente, sondern auch Musik- und Rhythmuselemente. Ohne Alaturca wäre Mozarts Musik ärmer gewesen. Und dass Milva nicht spätestens von Theodorakis mit der türkischen Musik in Berührung gebracht wurde, möchte ich arg bezweifeln. Zu eng hat Theodorakis mit der auf hohem Niveau stehenden Widerstandsmusik in der Türkei jener Zeit zusammengearbeitet, als dass man dem in seiner Arbeit entgehen könnte.
Ich weiß wohl, dass Manchem heute das Morgenländische in der Nase kitzelt wie den alten Heiden der Weihrauch, doch was einmal als Kirchenchoral wie im Serbisch-Orthodoxen anmutet (das ist wohl nur in Sarajevo möglich), kommt an anderer Stelle im Gewand des Naschid daher - und an dritter Stelle kann sich auch ein Natur- oder Nichtgläubiger wohl damit anfreunden. Und doch ist es immer Dasselbe, Universelle, Humanistische. Weltlich-biologisch-ästhetische...
...finde ich.
Die Unterschiede sind geringer als die Gemeinsamkeiten. Man muss sich allerdings darauf besinnen.