Da sind wir wieder.
"Japanisch ist auch schon ordentlich dokumentiert." Drum hatte ich mir ja das unauffällige Hintertürchen "- für den Ausländer" offengelassen : ) . Dass der Japaner sich selbst seine Sprache darlegt, setze ich mal dreist voraus, aber "erschlossen" heißt ja durchaus "geöffnet für das Außen", nicht nur "transparent gemacht für das Innen". Pons und Langenscheidt sind ja sowieso immer schlecht : ), leider ist ihr Ruf besser. Ich wäre mit jeder sauberen Nachschlagemöglichkeit für Japanisch zufrieden. Denke da an die Äquivalente aus der Latinistik, den Georges, den Menge und Ähnliche, die ja nicht umsonst diesen ostentativen Artikel bei sich führen; sie waren Epoche machend und führen immer noch im deutschsprachigen Raum, 100 Jahre alt oder nicht. So ein Standardwerk des Japanischen für den Ausländer vermiss ich sehr. Hat denn jemand einen Tipp für mich, was man hernehmen kann (abseits von Monolingualem; das kann ja erst später fruchtbar werden)? Eben ein einigermaßen erschöpfendes Wörterbuch, bei dessen Gebrauch man nicht ewig rumraten muss. Wenn ich mal zitieren darf (um die Beispielsätze gekürzt):
"1. in-sero, sevi, situm, ere, einsäen, einpflanzen, einpfropfen, I) eig.: A ) einsäen, [Bsp.e] – B) einpfropfen, pfropfen, a) im allg.: [Bsp.e] – Partiz. subst., insitum, i, n., das Gepfropfte, das Pfropfreis [Stellen] – b) prägn., mit Pfropfreisern versehen, pfropfen, [Bsp.e] – II) übtr.: A) gleichs. einpfropfen, [Bsp.e] – in Calatinos Atilios insitus, einverleibt, Cic. Sest. 72 [= übersetztes Beispiel] [noch ein übersetztes Beispiel] B) einpflanzen, [Bsp.e] – Partiz. insitus, a, um, eingepflanzt, angeboren, angestammt, von Natur od. durch Erziehung [man beachte die Präzision] usw. eigen, [Bsp.e, teils mit Übersetzung] – C) vereinigen, [Bsp.]"
[Lateinisch-deutsches Handwörterbuch: 1. insero. Georges: Lateinisch-Deutsch / Deutsch-Lateinisch, S. 29847 (vgl. Georges-LDHW Bd. 2, S. 305-306)
http://www.digitale-bibliothek.de/band69.htm]
Nun, tät ich sagen: saubere Arbeit. Ist hier natürlich der Einfachheit des Wortes wegen etwas viel, aber es spricht für die Gründlichkeit, mit der das ganze Werk angelegt ist. Solche Nuancierungen samt Beispielen können ja lebensrettend sein, wenn es um die Wurst geht - von Volltextsuche durch den ganzen Salat durch mal ganz zu schweigen; muss ich nich mal wissen, unter welchem Lemma ein bestimmter Ausdruck, den ich such, verschlagwortet ist. So was leistet keines dieser mageren Onlinewörterbücher, und ich wette, auch Pons und Langenscheidt nicht. Natürlich ist ne lebende Sprache nie im selben Maße abgeschlossen wie ne tote, aber regelmäßige Phänomene verdienen jeweils eigene Erwähnungen, und zwar alle regelmäßigen Phänomene. Finde ich.
Abseits dieses Nebenthemas wenden wir uns mal wieder unserem Text zu. Wieder zwei Sätze. Im ersten nur eine Kleinigkeit. Der zweite etwas unübersichtlicher (freilich nur für mich). (Falls jemand genau mitzählen sollte, wird ihm auffallen, dass ein Satz dazwischen fehlt; den hab ich allein hinbekommen, yay : ) .)
からすの大監督は、もうずゐぶんの年老りです。眼が灰いろになつてしまつてゐますし、啼くとまるで悪い人形のやうにギイギイ云ひます。 (Oder in der neuen Orthografie: からすの大監督は、もうずいぶんの年老りです。眼が灰いろになってしまっていますし、啼くとまるで悪い人形のようにギイギイ云います。)
Wie immer dazu die gammliche Übersetzung: "The crow admiral himself remained motionless the whole while [das scheint noch auf den Satz davor zu gehen], not even batting an eyelid in spite of his advanced age. His eyes were now ash-grey and whenever he cawed, his voice would grate and squeak like a battered old doll."
Nu frag ich mich natürlich, was ich mit den leidigen Hiraganastrings anfangen soll. Die Wörterbücher spucken für もうずゐ das Mark aus, und ぶん kann natürlich nen Arschvoll meinen - w e n n die Wörter überhaupt auf diese Weise zu trennen sind. Es könnte vielleicht eine Bewegung des Marks gemeint sein, wenn ich vom Englischen her komme, aber das ist blinde Konjektur und ebenso blinde Suche nach "ぶん"s : ), in dem Fall dem "紊"-ぶん.
Der zweite Bestandteil 年老り irritiert wegen des り - ist es noch Funktionspartikelchen für irgendwas, ist es schon ent-kanji-te Schreibweise eines リ gelesenen Kanji? Und wenn ja (beide "ja"s sogar), jeweils welches nun genau? Es gäb offenbar ein "吏"-リ, aber wieder ist das nur Konjektur.
Und das Spannende: Woher nimmt der Übersetzer die Konzessivität? Steckt sie in der Verbindung mittels の? Oder liegt am Ende gar keine Beiordnung durch の vor?
Nun, auf zum nächsten Satz:
Es klemmt an der Form / den Formen / dem undurchdringlichen "なつてしまつてゐますし" - wenn ich überhaupt die Trennung nach dem vorhergehenden に richtig gemacht habe, heißt das. Hatte erst gedacht, es sei die ver-て-formte て-Form von なる (鳴る), aber a) kommt das Tönemachen des Vogels gleich noch mal, und diesmal ausdrücklich mit einem Verbum, das für Vögel und Viechzeug reserviert ist, und b) fehlt selbst dann immer noch das し am Schluss (ist es das "und"?) sowie natürlich c) die Idee hinter so einer て-Form-Reihe, wenn es sie überhaupt gibt. Jedenfalls muss das recht komplexe "whenever" sich irgendwo verstecken, meine ich.
Der Rest ist bis darauf, wie genau 啼く gerade als Infinitiv eingebaut ist, wieder reichlich klar.
Mal sehen, wie die diesmalige Ausbeute ist : ) , danke fürs Lesen bis hierher.
Nemeaeus.
Ah, jetzt hab ich die Frage nachm Schineserisch vergessen: Das letzte Moment bei der Auswahl der nun zu lernenden Sprache war die reichlich banale Frage, ob ich in der Lage sei, das Gehörte zu reproduzieren, ohne der Artikulationsorgane verlustig zu gehen : ) ; nä, ich krieg die chinesischen Laute weder erhört noch reproduziert. Da tast ich mich lieber ums Eck ran, so ne nur stumme Lesenkönnigkeit is ja auch doof. Und der Lateiner hat ja auch vom Griechen profitiert, selbst wenn die echte Philosophie (also Cicero raus, Kirchenväter raus; Lucretius aber hat einen besonderen Platz in meinem Herzen : ) ) ebent im weitaus Wesentlichen auf Griechisch geschrieben ist. Also ich hoff einfach mal auf: "Etwas wird auch in der japanischen Literatur hängengeblieben sein."