Ein wunderbarer Film, der ganz von Stimmungen, grossartigen Bildern, Humor und der schauspielerischen Leistung der beiden Protagonisten getragen wird. Handlung: na ja…
Was das Japan bzw. Tokio-Bild angeht, dass hier aufgefaltet wird, so ist das mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen. Sofia Coppola praesentiert ein so facettenreiches Kaleidoskop von Tokios Tag- und Nachtleben, dass der Zuschauer, der noch nie dort war (das Kino war uebrigens voll!) leicht Gedanken wie "So also ist Tokio" oder "Diese Japaner sind wirklich unglaublich!" erliegen kann. Aber obwohl das Bild, das hier von der Stadt und seinen Bewohnern gezeichnet wird, auf den ersten Blick ziemlich vielgestaltig daherkommt, so ist es doch aus einer einseitigen Perspektive entstanden. Und zwar bewusst, wie ich glaube. S.Coppola benutzt Tokio nur als Hintergrund, als Unterlage fuer die melancholischen Stimmungen einerseits und die skurrilen Begebenheiten andererseits, die sie davor bzw. darueber ausbreitet. Sie wollte nicht einen Film ueber Japan und Japaner machen, sie hat nur das "Ambiente Tokyo" genutzt, weil der bizarre Kontrast zum Innenleben der beiden Helden sowohl den Witz als auch die Melancholie intensiver hervortreten laesst. Und das ist ja auch ganz legitim. Nur habe ich mich wie gesagt oft gefragt bei dem Film, was die Leute, die keine Ahnung von Japan haben, jetzt wieder fuer ein Bild von dem Land, von der Stadt, und von den Menschen in den Kopf kriegen.
Ich war begeistert von den Kamerafahrten die da ueber das Haeusermeer und durch das Nachtleben geflogen wurden. Ich habe selten so schoene und aufregende Bilder dieser Stadt gesehen. Und doch, es ist irgendwie immer ein Japan von oben. Auch wenn es scheinbar in die Unterwelt geht. Die Perspektive bleibt auch da immer die eines westlichen (immerhin finde ich den Film gar nicht mal soo amerikanisch) Betrachters aus den oberen Stockwerken eines ziemlich hohen Luxushotels in Shinjuku. Diese Perspektive fuer sich genommen allerdings ist ziemlich authentisch eingefangen, ich selbst war mal drei Wochen in einem vergleichbaren Hotel in Tokio-Shinagawa und ich weiss, wie einsam man sich da fuehlen kann. Aber ich kenne Tokio auch ganz anders und mich stoert es immer, wenn Klischeevorstellungen verbreitet werden. Der Film spielt zwar geschickt mit einigen Klischees, indem es sie ironisch hinterfragt, er produziert aber auch elegant neue.
Und die Japaner kommen mal wieder nicht besonders gut weg. Ich habe selten so viel gelacht in einem Film, es sind umwerfend komische Szenen dabei. Aber nicht selten gehen die Witze auf Kosten der Bevoelkerung dieser Stadt, dieses Landes. Meine Frau neben mir hat sich uebrigens mindestens genauso amuesiert wie ich, d.h. die Darstellung der Charaktere ist also durchaus treffend. Es gibt sie alle, diese Typen, das hat S.Coppola sehr gut beobachtet. Und doch ist das nur ein kleiner Ausschnitt japanischer Menschen. Dessen ist sich S.Coppola sicherlich bewusst, nicht aber jeder Kinobesucher.
Jetzt habe ich viel gemeckert...
Der Film ist gut.
P.S.: Ach ja, wer sein Tokio- und Japan-Bild nach diesem Film etwas abrunden moechte, und dabei auf westliche (hier sogar ausgesprochen deutsche) Perspektive angewiesen ist, weil er wegen irgendwelcher faulen Ausreden
selbst nicht nach Tokio gehen kann, dem empfehle ich als Ausgleich, zur Videothek zu gehen und sich den Film "Erleuchtung garantiert" von Doris Doerrie aus dem Jahre 1999 auszuleihen. Ein richtiges Road-Movie mit Uwe Ochsenknecht, G.-P. Woehler und Heiner Lauterbach. Japan von unten. (Nur auch hier wieder, nicht denken: Das ist also Japan) Spass garantiert!